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Bayerische Sportarten Rauf auf den Maibaum

Beim Maibaumkraxeln avanciert das Stangerl zum gefragten Sportgerät. Dazu werden an seiner Spitze ein paar Würste befestigt. Dann ist die Dorfjugend am Zug: Wer sich traut, erklimmt den Baum und bringt Ruhm und Würschtl herunter.

Stand: 10.04.2015 | Archiv

Barfuß und angeseilt erklimmt eine junge Frau den soeben aufgestellten Maibaum.  | Bild: picture-alliance/dpa

Aus der Tradition des Maibaumkraxelns hat sich die Sportvariante entwickelt. Das Ziel: auf der glatten Holzstange eine Wettkampfhöhe von zwölf oder fünfzehn Metern zu erklimmen, und zwar möglichst schnell. Wer oben angekommen ist, läutet zum Beweis die an der Spitze angebrachte Kuhglocke. Diese Kletter-Disziplin ist natürlich nur dort daheim, wo es viele Bäume gibt, etwa im Bayerischen Wald und in Oberösterreich. Bekannt für ihren jährlichen Kraxel-Wettbewerb ist zum Beispiel das österreichische Freinberg kurz hinter Passau.

Ohne Klettertechnik geht es nicht ...

Hoch hinauf geht es beim Maibaumkraxeln.

Erlaubt ist, was gefällt: Man kann mit dem Kopf nach oben oder nach unten hochklettern. Auch die Technik ist Geschmackssache: Man sieht Kraxler, die schimpansenartig klettern, den Stamm hinauf hoppeln wie ein Hase oder es mit der Känguru-Methode versuchen. Der erfahrene Maibaumkraxler Helmut Wohlfahrt schwört auf einen guten Bizeps: "Man muss mit den Armen anziehen, damit einem nicht die Beine wegrutschen". Wegrutschen ist an der senkrechten Holzstange naturgemäß ein Grundproblem. Aber es gibt spezielle Hilfsmittel.

Weltrekord am Maibaum

Wie viele Kraxler passen gleichzeitig auf das Traditionsstangerl? Das haben sich die Aktiven beim Kirchhamer Kraxler-Wettkampf 2004 gefragt. Und es einfach ausprobiert. Oans, zwoa ... oana geht oiwei no ... erst bei 34 Kraxlern war Ende der Fahnenstange. Das ist Weltrekord! Schon deshalb, weil vorher noch keiner auf die Idee gekommen war, ein Massen-Maibaumkraxeln fürs Guinness-Buch der Rekorde anzumelden.

... ohne "gutes Pech" aber auch nicht

Vor dem Loskraxeln braucht jeder Athlet eine gute Portion Pech. So heißt die zähe, klebrige Harzmasse, die sich die Sportler an Hände und Füße schmieren, um überhaupt den Maibaum hinauf zu kommen. Jeder Kraxler hat da sein Spezialrezept – die genaue Zutatenliste ist ein Betriebsgeheimnis. Bei Helmut Wohlfahrt kommen unter anderem Treibriemenöl und Schweinepech in den Topf. Bei allen Rezepturen gilt: Runter bekommt man das Zeug nur mit einer speziellen Waschpaste. Aber da muss der ehrgeizige Maibaumkraxler durch!


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