Telekolleg - Deutsch


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Medienwirkungen Übung

Stand: 13.11.2011 | Archiv

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Frage

Ein großer deutschsprachiger Dichter bekannte sich einst zu einer Art Mediensucht. "Ich werde versuchen, allmählich alles Zweifellose an mir zusammenzustellen, später das Glaubwürdige, dann das Mögliche usw. Zweifellos ist in mir die Gier nach Büchern. Nicht eigentlich, sie zu besitzen oder zu lesen, als vielmehr sie zu sehn, mich in der Auslage eines Buchhändlers von ihrem Bestand zu überzeugen. Sind irgendwo mehrere Exemplare des gleichen Buches, freut mich jedes einzelne. Es ist, als ob diese Gier vom Magen ausginge, als wäre sie ein irregeleiteter Appetit. Bücher, die ich besitze, freuen mich weniger, dagegen Bücher meiner Schwester freuen mich schon." Von wem stammt dieses Bekenntnis?

Ein Tipp: Derselbe Schriftsteller erfuhr auch schon die "maßlose Unterhaltung", die zuweilen Kinofilmen eignet: "Im Kino gewesen. Geweint. 'Lotte'. Der gute Pfarrer. Das kleine Fahrrad. Die Versöhnung der Eltern. Maßlose Unterhaltung. Vorher trauriger Film. 'Das Unglück im Dock', nachher lustiger 'Endlich allein'. Bin ganz leer und sinnlos, die vorüberfahrende Elektrische hat mehr lebendigen Sinn."

Antwort

Die Worte stammen von Franz Kafka (geboren am 3.7.1883 in Prag, gestorben am 3.6.1924 in Kierling bei Wien) und sind seinen Tagebüchern entnommen. Die Aufzeichnung über seine Gier, sein Verlangen nach Büchern befindet sich in seinen von Max Brod herausgegebenen Tagebüchern und stammt vom 11. November 1911.

Von seinem aufreibenden, ihn ganz "leer" zurücklassenden Kinobesuch berichtet er am 20. November 1913. Wenn dieser große Dichter aber im Ernst nach etwas "süchtig" war, dann danach zu schreiben. Am 12.6.1923 notierte er in seinem Tagebuch:

"Immer ängstlicher im Niederschreiben. Es ist begreiflich. Jedes Wort, gewendet in der Hand der Geister – dieser Schwung der Hand ist ihre charakteristische Bewegung – wird zum Spieß, gekehrt gegen den Sprecher. Eine Bemerkung wie diese ganz besonders. Und so ins Unendliche. Der Trost wäre nur: Es geschieht, ob du willst oder nicht. Und was Du willst, hilft nur unmerklich wenig. Mehr als Trost ist: Auch du hast Waffen."

Nach dem Schreiben richtete er sein gesamtes zerrissenes Leben aus. Nicht ihm wurde das ein Glück, aber wenigstens der Nachwelt. Kurt Tucholsky sagte über den Dichter: "Hätte sich der Schöpfer anders besonnen, und wäre Kafka in Asien geboren: Millionen klammerten sich an seine Worte und grübelten über sie, ihr Leben lang."


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