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Drama – Tragödie Bürgerliches Trauerspiel

Das Wichtigste zum bürgerlichen Trauerspiel in Kürze.

Stand: 31.03.2015 | Archiv

Grundformen des Drama | Bild: BR/Henrik Ullmann

Erklärung

Während in der antiken Tragödie (z.B. Sophokles 442 v. Chr.: "Antigone") die sogenannte Ständeklausel galt, nach der nur Könige und höhere Adlige auftreten durften, traten in dem in der Epoche der Aufklärung entstandenen bürgerlichen Trauerspiel erstmals auch Repräsentanten des niederen Adels und des Bürgertums (z.B. Gotthold Ephraim Lessing 1756: "Emilia Galotti") ins Zentrum des Geschehens.

Damit waren spezifische politische und moralische Absichten verbunden. Das bürgerliche Trauerspiel sollte dem Adel im Publikum verdeutlichen, dass auch Repräsentanten des Bürgertums edle Charaktere sein konnten und zu moralisch anspruchsvollem Handeln fähig sind.

In diesem Sinne trug das bürgerliche Trauerspiel in erheblichem Maße zur politischen Emanzipation des Bürgertums bei und hatte damit Anteil an der Überwindung der Ständegesellschaft. Darüber hinaus entsprach das bürgerliche Trauerspiel ganz der Zielsetzung der Aufklärung, möglichst alle Menschen moralisch zu bessern. Dies gelang um so mehr, wenn im Zentrum des Geschehens vorbildlich handelnde Menschen aus einfacher bürgerlicher Herkunft standen, d.h. einem Umfeld, das dem der meisten Zuschauer glich. 

Das Mitleid mit ihrem Schicksal sollte die moralische Entwicklung des Einzelnen befördern und damit die sittlichen Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft befördern.

"Den 16. Junius 1767

Die Namen von Fürsten und Königen können einem Stück Pomp und Majestät geben; aber zur Rührung tragen sie nichts bei. Das Unglück derjenigen, deren Umstände den unsrigen am nächsten kommen, muss natürlicherweise am tiefsten in unsere Seele dringen; und wenn wir mit Königen Mitleid haben, so haben wir es mit ihnen als mit Menschen, und nicht als mit Königen. Macht ihr Stand schon öfters ihre Unfälle wichtiger, so macht er sie darum nicht interessanter. Immerhin mögen ganze Völker darein verwickelt werden; unsere Sympathie erfordert einen einzeln Gegenstand, und ein Staat ist ein viel zu abstrakter Begriff für unsere Empfindungen."

Gotthold Ephraim Lessing, Hamburgische Dramaturgie, 14. Stück

Beispiele

Ephraim Lessing "Emilia Galotti" (1772), Friedrich Schiller "Kabale und Liebe"  (1783)


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