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2016 Glocken läuten die Weihnacht ein

Die ganz eigene, ja heilige Signatur des Weihnachtsfestes, wenn mitten im "Schnee und Eise der Dezembernacht" das Licht wieder zu wachsen beginnt, geht ja auf den Weltenlauf selbst zurück. So lassen sich auch seine Wurzeln bis auf die Sonnenkulte der Ägypter und Römer zurückverfolgen.

Von: Georg Impler

Stand: 24.12.2016 | Archiv

Über Jahrtausende – von den Mithraitischen Riten Persiens über die Saturnalien im alten Rom bis zur Krippe in Bethlehem und die Einrichtung des Weichnachtstages im vierten Jahrhundert, erwuchs das Fest der Feste, wurde aus der Wiedergeburt der Sonne das Geburtsfest des Gottessohnes.

Und mindestens seit dem vierten Jahrhundert dürften auch Glocken zur Christnacht gerufen haben - kleine geschmiedete oder genietete Glöckchen ägyptischer Wüstenväter oder irischer Wandermönche.

Großartige Glockenstimmen

Die Stiftsruine der ehemaligen Abtei Hersfeld

Die älteste gegossene große Glocke - jedenfalls Deutschlands - die Lullusglocke, läutet seit fast 1.000 Jahren aus dem Katharinenturm des ehemaligen Benediktinerklosters im hessischen Bad Hersfeld – heute die größte romanische Kirchenruine Europas. Auch die Mönche von Fulda, St. Gallen oder der Reichenau  gehörten zu den Pionieren der Glockengießerkunst. Und in Helmarshausen, der einst für seine Schreib – und Goldschmiedemeister berühmten Reichsabtei an der Weser, verfasste der Benediktinermönch Rogerus um 1110 die erste Anweisung zum Glockenguss.

Es hat also seine Berechtigung, Benedikts Söhne als Väter der Glocken zu rühmen. Und so ist es kein Wunder, dass aus den Türmen vieler Benediktinerstifte und Abteien großartige Glockenstimmen kommen. Sieben der schönsten Geläute werden heuer im Bayerischen Rundfunk die Weihnacht einläuten:
So das des ehemaligen Benediktinerklosters auf der Insel Reichenau im Bodensee, die Glocken von Melk an der Donau, von Salem, Ottobeuren, St. Gallen, aus dem Dom zu Fulda und aus dem "Österreichischen Montecassino", dem Benediktinerstift Göttweig.

Weihnachtsläuten 2016

Bad Hersfeld

Im Katharinenturm der Stiftsruine Bad Hersfeld läutet die älteste datierte Glocke Deutschlands, vielleicht sogar Europas, die Lullusglocke. Abt Meghiner ließ sie einer Inschrift nach von einem gewissen Gwenon gießen, wahrscheinlich um 1040. Die 1.060 Kilogramm schwere Bronzeglocke erhielt ihren Namen von dem Mainzer Erzbischof Lullus, der 769 ein Benediktinerkloster in Hersfeld gründete und eine Stiftskirche erbaute, die heute noch als Ruine erhalten ist. Für die Glocke wurde eigens ein separater Glockenturm gebaut. Heutzutage läutet die Lullusglocke an hohen kirchlichen Feiertagen und am 16. Oktober, dem Todestag des Bad Hersfelder Stadtgründers.

Reichenau

Der Ursprung des Münsters St. Maria und Markus liegt in der Klostergründung im Jahr 724 durch den Wanderbischof Pirmin. Bereits im 8. Jahrhundert ersetzte eine steinerne Basilika den einfachen Holzbau. In den folgenden Jahrhunderten folgten zahlreiche Um- und Anbauten und der Konvent wuchs zu einem bedeutenden Kloster. Besondere Berühmtheit erlangte das Benediktinerkloster Reichenau im Mittelalter durch seine berühmten Chroniken, die dort entstanden, die Bibliothek und die Schreib- und Malschule. Kloster Reichenau zählte neben St. Gallen und Fulda zu den bedeutendsten Klöstern der karolingischen Zeit und gehörte zu den Urzellen der Glockengießkunst in Mitteleuropa. Das Kloster wurde im Jahr 2000 zum UNESCO Welterbe gewählt.

Stift Melk

976 wählte Leopold I. die Burg Melk zu seiner Residenz, 1089 übergab sie Markgraf Leopold II. den Benediktinermönchen. Über die Jahrhunderte hinweg hat sich das Kloster zu einem wichtigen kulturellen und geistigen Zentrum Österreichs entwickelt. Trotz Kriegen, wirtschaftlicher Notzeiten und Drohung der Nationalsozialisten, das Kloster aufzuheben, konnte es all die Jahrhunderte bestehen. Sichtbarer Ausdruck der Bedeutung von Kloster Melk ist die großartige Barockkirche aus dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts von Jakob Prandtauer. Auch das weltweit mächtigste, barocke Glockenensemble stammt aus dieser Zeit.

Salem

Das Münster Salem wurde 1285 errichtet und gilt als bedeutendes hochgotisches Bauwerk der Zisterzienser. Im Kircheninnern vereinen sich die unterschiedlichsten Kunststile: So finden sich einzelne Figuren eines Holzschnitzaltares aus dem 15. Jahrhundert, barocke Altäre, Reste des Chorgestühls aus dem Rokoko sowie eine klassizistische Überarbeitung an den Altären und Denkmälern.
Das Geläut der Münsterglocken galt einst als größtes und eindrucksvollstes seiner Zeit und wurde "Salemer Glockenhimmel" genannt. In der Säkularisation büßte es allerdings etwa die Hälfte seiner Stimmen ein. Doch die verbliebenen sieben Glocken klingen in einer solchen Harmonie über den Bodensee, dass sie beinahe die verlorenen Glocken vergessen machen.

Ottobeuren

Ottobeuren wurde als Familienkloster der Grafen Silach um 764 gegründet und von Mönchen aus dem Bodenseeraum besiedelt. 1802 fiel das Kloster an Bayern. Die Benediktinerabtei im Unterallgäu prägte die Kultur und Wissenschaft durch Jahrhunderte. Die Klosterkirche gilt als eines der Hauptwerke des europäischen Barocks. Ottobeuren wird wegen seiner Pracht auch gerne „Schwäbischer Escorial“ bezeichnet.
Bereits 1439 wurden die ersten Kirchenglocken erwähnt, im 16. und 18. Jahrhundert weitere dazugekauft bzw. verkaufte ersetzt. Waren es ursprünglich drei Glocken, läuten heute sieben und diese zählen zu den tontiefsten Glockenensembles in Bayern.

St. Gallen

Der Beginn des Klosters St. Gallen war eine Zelle, die der irische Wandermönch Gallus um 612 errichtete. Etwa 100 Jahre später ließ sich eine Mönchsgemeinschaft nieder. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich das Benediktinerkloster zu einem bedeutenden Konvent mit berühmter Bibliothek und wichtigen Schriften. Das Kloster erlebte mehrere Blütezeiten, aus einer stammt die prächtige barocke Stiftskirche. Besonders beeindruckend ist das großartige Geläut, das aus den beiden Türmen erschallt. Die neun Glocken stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Allerdings findet sich im berühmten mittelalterlichen Klosterplan kein Hinweis auf eine Glockengießerei in St. Gallen.

Abtei Fulda

Der Dom zu Fulda ist die ehemalige Abteikirche des Benediktinerklosters Fulda. Er wurde in den Jahren 1704 bis 1712 errichtet, ganz im Stile des römischen Barocks. Heute ist der Dom Kathedralkirche des Bistums Fulda. In seiner Krypta befindet sich das Grab des Heiligen Bonifatius, des Apostels der Deutschen.
Von den 65 Meter hohen Türmen des herrlichen Barockdoms schallt in beeindruckender Klangharmonie das Geläut der zehn Glocken. Je nach Festtag, Zeitpunkt des Kirchenjahres und Zelebranten werden die Glocken kombiniert. Alle zehn Glocken läuten nur gemeinsam an den hohen kirchlichen Festen wie beispielsweise an Ostern, Pfingsten, Weihnachten, aber auch zum Bonifatiusfest.

Stift Göttweig

Im Jahr 1083 gründeten Augustiner das Kloster auf dem Berg Göttweig, 1094 wurde es den Benediktinern übergeben. Aus der mittelalterlichen Bauepoche ist nur noch Weniges erhalten. Ein verheerender Brand 1718 machte einen Neubau notwendig, den der kaiserliche Hofarchitekt Johann Lucas von Hildebrandt in kunstvollster barocker Manier schuf. Allerdings wurden von dem prachtvollen Entwurf nur Zweidrittel vollendet.
Unübersehbar thront das „Österreichische Montecassino“ über dem Donautal der Wachau. Es erinnert an das neue Jerusalem der Offenbarung des Johannes, der heiligen Stadt und Wohnung Gottes unter den Menschen. Weit über die Täler hinweg erschallen die zehn prächtigen Glocken des Stiftes.


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