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Zwölfuhrläuten Attenhausen in Schwaben

Die schwäbische Gemeinde Attenhausen im Landkreis Günzburg feiert heute das Patroziniumsfest St. Otmar. So kann es in der Pfarrkirche am Nachmittag Kindergeschrei geben: denn zur traditionellen Segnung mit der Otmarsreliquie dürfen auch die Kleinsten mit.

Von: Marianne Bitsch

Stand: 13.11.2011 | Archiv

Das barocke Gotteshaus erscheint recht stattlich für ein Dorf mit 360 Einwohnern. Beim Kirchenbau vor rund 250 Jahren zog eine Wallfahrt zahlreiche Gläubige an: 30.000 in einem halben Jahr zählte das Kloster Ursberg um 1760.

Wunderheiler Otmar

Seit dem 12. Jahrhundert war Attenhausen Klosterbesitz, um 1620 ließ ein Ursberger Abt die Figur des "wunderthätigen" Hl. Otmar schnitzen und 130 Jahre später sorgte der Konvent auch noch für eine Reliquie des Heiligen, des Gründers und - ab 719 - ersten Abtes von St. Gallen.

Wallfahrtskirche

Der Erfolg der Wallfahrt brachte aber auch Neider: Pfarrer aus der Umgebung beschwerten sich über "Ungehörigkeiten". Ein Untersuchungsbericht hält fest, dass junge Leute den frommen Anlass zur Liederlichkeit nutzen, "der zu frönen die waldreiche Umgebung von Attenhausen viel Gelegenheit biete". In der Kirche aber zeugt ein kleiner Schaukasten mit wächsernen Votivgaben von den Leiden der Hilfesuchenden. Und das kraftvolle Deckenbild des schwäbischen Meisters Franz Martin Kuen zeigt Kranke und verzweifelte Mütter, die auf die Fürbitte des Heiligen vertrauen.

Neu renoviert

Die Otmars-Wallfahrt ist eingeschlafen, aber ältere Dorfbewohner erinnern sich an das jüngste "Wunder von Attenhausen": im April 1944 schlug eine Bombe direkt neben der Kirche ein. Schwere Lehmbrocken und Steine durchlöcherten das Dach, aber niemand wurde ernsthaft verletzt. Die Kirchenrenovierung vor zwei Jahren beseitigte die letzten Spuren: Das Dach ist neu eingedeckt, die Fassade saniert und der Turm mit den drei 1948 geweihten Glocken ragt schmuck über das Haselbachtal.


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