BR Heimat

Bayern - Land und Leute Die Gebrüder Gandorfer

Sonntag, 18.09.2016
15:05 bis 16:00 Uhr

BR Heimat

Antiklerikal und antimonarchisch
Die Gebrüder Gandorfer aus dem niederbayerischen Pfaffenberg
Von Renate Eichmeier
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</em><em>Als Podcast verfügbar</em>
Wiederholung von 13.05 Uhr, Bayern 2

Niederbayern zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das Leben war landwirtschaftlich geprägt. Kirchliche und königliche Obrigkeiten sorgten für Ruhe und Ordnung. In der kleinen Marktgemeinde Pfaffenberg im heutigen Landkreis Straubing-Bogen waren die Gandorfers eine der einflussreichsten Familien. Ihnen gehörte nicht nur der ansehnliche Zollhof. Sie betrieben auch eine Sägemühle und eine Ziegelei.

Die beiden Söhne Karl und Ludwig, 1875 und 1880 geboren, waren bekannt für ihre Aufmüpfigkeit und gerieten immer wieder in Konflikt mit den königlich-bayerischen Obrigkeiten. Doch der wirtschaftliche Erfolg verschaffte ihnen Rückenwind. Karl war bereits um 1900 ein erfolgreicher Bauunternehmer, der Pfaffenberg u.a. mit einem Elektrizitätswerk versorgte. Und auch politisch zeigten sich die Brüder innovationsfreudig bis revolutionär. Ludwig wurde erst Mitglied der SPD, dann der USPD. Und Karl engagierte sich im antiklerikalen Bauernbund, wurde Bürgermeister von Pfaffenberg und Abgeordneter im Landtag.

Gegen Ende des Ersten Weltkrieges bewegten sich die beiden in revolutionären Kreisen und unterstützten den Sturz der Monarchie. Bekannte Revolutionäre wie Eisner, Schneppenhorst und Mühsam kamen zu Besuch auf den Pfaffenberger Zollhof. Im November 1918 beteiligte sich Ludwig Gandorfer an der Revolution in München. Auf der Heimfahrt nach Pfaffenberg wurde er bei einem Autounfall tödlich verletzt. Sein Bruder Karl blieb ein Leben lang ein leidenschaftlicher Politiker, war in der Weimarer Republik über Jahre hinweg Bürgermeister, Landtags- und Reichstagsabgeordneter. Er erwies sich als begabter Redner mit Hang zur Polemik, griff an und wurde angegriffen, verklagte und wurde verklagt und legte sich auch mit den aufkommenden Nazis an. Einen letzten Beleidigungsprozess führte er erfolgreich gegen den Nazilehrer Graßl, bevor er 1932 an Diabetes starb. Renate Eichmeier mit einem Porträt der Brüder Gandorfer.