BR Heimat

Bayerisches Feuilleton Annette Kolb und Bayern

Annette Kolb | Bild: Süddeutsche Zeitung Photo

Samstag, 02.12.2017
08:05 bis 09:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BR Heimat

Annette Kolb und Bayern - eine schwierige Liebe
Von Armin Strohmeyr
Wiederholung am Sonntag, 20.05 Uhr, Bayern 2
Bis 8. Dezember in der Bayern 2 App verfügbar

Für die Schriftstellerin Annette Kolb (1870-1967) war die Bindung an München und Bayern mehr als nur eine Frage der Geburt. Sowohl die Wittelsbacher Monarchie als auch die Republik Kurt Eisners oder auch der 1946 diskutierte Alleingang Bayerns außerhalb eines föderalen deutschen Staates waren für sie beinahe erreichte Utopien einer Gesellschaftsform, in der Friedensliebe, Toleranz, Kunstsinnigkeit und Freiheit gleichermaßen verwirklichbar schienen. Dabei betrachtete sie Bayern nicht nur von innen heraus, sondern auch aus ihrer Sicht der Halbfranzösin (der Vater war Bayer, die Mutter Französin), der weitgereisten Kosmopolitin und der Exilantin.

In ihrer Ansicht von der bayerischen Liberalitas wurde sie bitter enttäuscht, als sie im Ersten Weltkrieg vom bayerischen Geheimdienst überwacht wurde und bereits ein Prozess wegen Landesverrats gegen sie vorbereitet wurde. Nach dem Krieg hegte sie eine große Sympathie für die bayerische Republik unter Kurt Eisner. In den 1920er Jahren lebte sie außerhalb Bayerns in Badenweiler und verachtete die Kleinheit und Kleinlichkeit der Vaterstadt München. 1933 zog sie nach Paris, 1941 ging sie ins Exil nach New York. Als 1946 ein souveräner Alleingang Bayerns außerhalb eines föderalen Deutschland diskutiert wurde, befürwortete sie dies und sah darin eine Möglichkeit für den Aufbau eines friedlichen Staatenbundes zwischen den Machtblöcken von Ost und West.

1961 endlich nach München zurückgekehrt, wurde sie in Bayern nie mehr so recht heimisch, reiste häufig in ihre Wahlheimat Paris und ließ sich doch voller Stolz von der bayerischen Staatsregierung hofieren, wobei man nicht müde wurde, sie nicht nur als Dichterin und Pazifistin zu loben, sondern auch als patriotische Bayerin - was letztlich eine etwas einseitige und verkürzte Vereinnahmung war.

Aus Anlass von Annette Kolbs 50. Todestag am 3. Dezember 2017 erzählt Armin Strohmeyr die Geschichte dieser schwierigen Liebe und lässt die Dichterin auch im Originalton zu Wort kommen.

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