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Eisstockschießen Ein Wintersport mit Tradition

Eisstockschießen ist ein alter Volkssport. - Neumodisches Zeug wie Curling lassen wir hier außer Acht. - Der Eisstockschütze, der auf den Winter ungeduldig wartet, ist heiß auf das Spiel in der Kälte. - Dass das Eisstockschießen vom Aussterben bedroht ist, wird immer wieder befürchtet. Denn die Mehrheit der Schützen ist im Rentenalter. Aber, fragt Joseph Berlinger, wie kann ein Sport der Alten in einer Gesellschaft der Überalterung in Gefahr geraten? Dass in unseren Breiten von Jahr zu Jahr weniger Gewässer zufrieren, ist das große Unglück.

Von: Joseph Berlinger

Stand: 01.01.2018 | Archiv

Eisstockschießen auf zugefrorenem See | Bild: picture-alliance/dpa/Sven Simon

Auch wenn der Eisstockschütze die meiste Zeit nur herumstehen muss: Es wird ihm warm ums Herz. Gelungene Schübe machen ihn glücklich, und die Geselligkeit in der Runde macht ihn froh. Das Spiel funktioniert ähnlich wie Boccia oder Boule: Man muss mit seinem Stock so nah wie möglich an die „Daubn“ ran - und dazu setzt man sich vor den gegnerischen Stock oder man verjagt ihn mit Karacho. Oder man schiebt sich die Daubn dahin, wo man sie braucht.

"Wärmendes Trinken" ist ganz wichtig

Kraft ist ebenso gefragt wie Gefühl. Ein wenig Geometrie schadet auch nichts. Wer kein Zielwasser getrunken hat, dem nützt alles zusammen nichts. Das wärmende Trinken ist überhaupt das Wichtigste an so einem langen Tag auf dem kalten Eis. Der eine hat einen Tee dabei, der andere einen Schnaps. Und wer nichts dabei hat, trinkt bei den anderen mit.

"Winterlandschaft mit Eisläufern und Vogelfalle"

Erstmals erwähnt ist das Eisstockschießen im 13. Jahrhundert in Skandinavien. Das können die Bayern und Österreicher, die sich einbilden, es erfunden zu haben, gerade noch verkraften. Aber dass auch die erste Abbildung aus dem Norden, vielmehr aus dem nördlichen Westen kommt, das setzt ihnen gewaltig zu. Aber vielleicht ist die 1565 von Pieter Bruegel gemalte „Winterlandschaft mit Eisläufern und Vogelfalle“ nur falsch gedeutet worden.

Eisstockschießen als olympische Disziplin

Ulrike Lachenmeier, Deutsche Meisterschaften im Eisstockschießen 2000

Zur olympischen Disziplin hat es für das Eisstockschießen nicht gereicht. Obwohl es seit Anfang des 20. Jahrhunderts nicht mehr nur ein beliebter Zeitvertreib fürs Volk ist. Sondern auch eine ehrgeizige Sportart. Das erste Regelwerk erscheint 1921 und wird gleich bei der ersten Bayerischen Meisterschaft auf dem Riessersee in Garmisch-Partenkirchen angewendet. 1926 gibt es die ersten Deutschen Meisterschaften im Mannschaftsspiel und im Weitschießen. Bei den Olympischen Spielen in Garmisch-Partenkirchen 1936 ist das Eisschießen olympischer Vorführwettbewerb. Auf dem Foto der österreichischen Mannschaft tragen zwei der fünfzehn abgebildeten Herren einen Hindenburg- bzw. Kaiser-Wilhelm-Bart. Und weitere drei ein Hitlerbärtchen.

1950 wird der Internationale Eisschieß-Verband, IEV, von Deutschland, Österreich und Italien ins Leben gerufen. 1951 finden in Garmisch-Partenkirchen die ersten Europameisterschaften statt - und 1983 gibt es in Frankfurt am Main die ersten Weltmeisterschaften.

Ein Sport der Alten in einer Gesellschaft der Überalterung

Dass das Eisstockschießen vom Aussterben bedroht ist, wird immer wieder befürchtet. Denn die Mehrheit der Schützen ist im Rentenalter. Hans Ziegler ist mit 87 Jahren sogar noch Füssener Stadtmeister geworden. Aber, fragt Joseph Berlinger, wie kann ein Sport der Alten in einer Gesellschaft der Überalterung in Gefahr geraten? Dass in unseren Breiten von Jahr zu Jahr weniger Gewässer zufrieren, ist das große Unglück.


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