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4) Der Briefträger "Bayerische Berufungen und Instanzen"

"Zu Lasten der Briefträger" heißt ein Roman, den der Österreicher Alois Brandstetter geschrieben hat und der in Niederbayern spielt. Ein Kunde beschwert sich darin über drei Postboten - Symbolfiguren einer witzigen und bärbeißigen Gesellschafts-Satire. In Wirklichkeit machen die meisten Briefträger einen guten Job, der in Zeiten zunehmender Konkurrenz immer härter wird. Ulrich Zwack hat sich den Dienstleistern an die Fersen geheftet.

Von: Ulrich Zwack

Stand: 20.08.2016 | Archiv

Bayern zeigte sich postalisch stets auf der Höhe der Zeit. 1849 gab es als erster Staat in Deutschland Briefmarken heraus. Bayerische Briefträger existieren sogar noch länger: Am 1. März 1808 kaufte das Königreich Bayern den Fürsten von Thurn und Taxis für stolze 100.000 Gulden die Postzuständigkeit ab. Seitdem laufen Bayerns Briefträger bei jedem Wetter straßauf, straßab, Treppe hoch, Treppe runter, liefern Privat- und Geschäftsbriefe aus, Päckchen und Rechnungen, Mahnbescheide und Steuerbescheide. Sie kassieren Nachporti und Nachnahmen.

Thurn und Taxis in Regensburg

Fürstin Gloria von Thurn und Taxis präsentiert (2006) in Regensburg das nach der Fürstenfamilie benannte Post-Brettspiel

Bayerns Postwesen lag ab 1706 wieder zur Gänze in den Händen der Reichspost derer von Thurn und Taxis. Die verlegten 1748 ihren Hauptsitz nach Regensburg, hatten mit Bayern selbst aber trotzdem nicht viel am Hut. Postalisch galt das Kurfürstentum als so uninteressant, dass es die Reichspost als reines Transitland betrachtete. Lange Zeit befand sich lediglich in der Haupt- und Residenzstadt München überhaupt ein Reichspostamt. Es bestand aus einem einzigen Raum, den sich ein vorgesetzter Administrator, zwei Gehilfen und zwei Briefzusteller teilen mussten.

Zustellung bei Wind und Wetter - an jeden Ort

1920 musste Bayern die eigene Post in die deutsche überführen, aber typisch bayerische Briefträgertätigkeiten gibt es auch heute noch. So schiebt ein Briefträger auf der Zugspitze Dienst, ein anderer liefert im Winter auf Skiern die Post an die bewirtschafteten Almen und Hütten in der Sudelfeldregion aus. Die Briefträger von heute sind nicht mehr verbeamtet, heißen offiziell "Fachmann/Fachfrau für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen". Sie tragen keine schmucke Amtsuniform mehr, kurven zeitgemäß per E-Bike von Haustür zu Haustür. In anderen Bereichen hat sich jedoch so gut wie nichts geändert: Briefträger werden auch heute noch überproportional häufig von Hunden gebissen.

Briefträger auf der Zugspitze

Zugspitz-Postbote Andreas Oberauer

Eine Besonderheit unter allen Briefträgern sind die Zusteller in der bayerischen Alpenregion, an der Spitze Andreas Oberauer. Er fährt täglich mit der Seilbahn vom Eibsee auf die Zugspitze. Dort bringt er der Forschungsstation und den Tourismusbetrieben die Tageskorrespondenz, leert den Briefkasten am Münchner Haus, öffnet für eine bis eineinhalb Stunden täglich auf dem Zugspitzblatt Deutschlands höchstgelegene Poststation. Deren Sonderstempel ist bei Skifahrern, Wanderern und sonstigen Gästen so begehrt, dass Oberauer an manchen Tagen fast 3000 Ansichtskarten abstempeln muss.

Der Postbote in Kunst und Literatur

Briefträger haben immer auch Kulturschaffende inspiriert. Für Carl Spitzweg waren Postboten offenbar ein besonders lohnendes Motiv. Auch wenn der Postmann in Bayern schon lange nicht mehr zweimal täglich klingelt - selbstverständlich haben Merkurs weiß-blaue Geschwister auch in die Literatur Eingang gefunden, zum Beispiel in der satirischen Gesellschaftskritik "Zu Lasten der Briefträger", einem Roman von Alois Brandstetter.

Buchtipp:

Zu Lasten der Briefträger

  • Autor: Alois Brandstetter
  • Taschenbuch: 176 Seiten
  • Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (1. Januar 1987)
  • ISBN-10: 3423106948
  • ISBN-13: 978-3423106948


"Auf höchst amüsante Weise werden in diesem Roman nicht nur die Zustände auf dem örtlichen Postamt angeprangert, sondern Zeiterscheinungen der modernen Gesellschaft schlechthin."


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