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Zametzers Zweitstimme Die 28-Stunden-Woche: Montag bis Sonntag gehört Vati halbtags mir!

She’s back - and she’s angry: Die IG Metall ist wieder zurück! Und sie macht das, was sie am besten kann: Utopische Forderungen stellen - zumindest aus der Sicht der Arbeitgeber. Denen treibt der Ruf nach einer flexiblen 28-Stundenwoche die Zornesröte ins vom Fachkräftemangel gezeichnete Unternehmerantlitz. Außerdem muss man sich eine flexible Arbeitszeit erst einmal leisten können - und welche Frau braucht schon eine Rente, wenn die work-life-Balance stimmt?

Stand: 14.10.2017

Michael Zametzer  | Bild: BR

Sie ist wieder da, und sie ist sehr, sehr wütend:

„Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir, in der einen Ecke mit einem Lebendgewicht von 2,2 Millionen Mitgliedern: Die IG METALL!!“

"Es gibt wirklich keinen Grund für Zurückhaltung…"

Jörg Hofmann, IG Metall

Ja, da hat er schon recht, der Jörg Hofmann von der IG Metall. Seit der 35-Stunden-woche vor über dreißig Jahren ist es verdächtig ruhig geworden um die mächtige Speerspitze der Metallbauer, Drahtzieher und Zerspanungsmechaniker. Aber jetzt heißt es schon mal - Trillerpfeifen raus!

"Die 3,9 Millionen Beschäftigten, der Metall und Elektroindustrie, allen voran unsere Mitglieder, erwarten, dass sie angemessen beteiligt werden an diesem Erfolg."

Jörg Hofmann, IG Metall

Genau! Immerhin bauen die Metaller ja so exportfähige Sachen wie Flugzeugturbinen und Autos, haben also schon einen Anteil an der Konjunktur. Und weil sich’s mit voller Hose leicht stinken lässt, legen die Gewerkschafter zu ihrem sechsprozentigen Schluck aus der Pulle gleich noch eins drauf:

"Unter anderem sollen die Beschäftigten ihre regelmäßige Arbeitszeit in einem begrenzten Zeitraum auf 28 Stunden in der Woche reduzieren können."

ARD-Tagesschau

Und damit kommen wir zum Herausforderer in der anderen Ecke:

„Die Arbeitgebervertreter!“

"Unverträglich, zu teuer. Wir haben jetzt andere Aufgaben."

Arndt Kirchhoff, Metall- und Elektroindustrie

Ach komm, irgendwo werden sich schon noch ein paar Fachkräfte finden, die dann einspringen für die 28-Stündler. Vielleicht im Ausland - mit einem funktionierenden Einwanderungsgesetz könnte man ja…haben wir aber nicht. Also sind es wieder die Kleinen, die alles unter einen Hut kriegen müssen: Pflege, Erziehung, Karriere…

"Ich kann nur für die CSU sagen, wir haben uns immer auch für die Kleinen - in Anführungsstrichen - Menschen eingesetzt…"

Ilse Aigner, CSU

Äh, Moment, Aigner, das müssen wir jetzt schon konkretisieren: Stehen jetzt die kleinen Menschen, also so ab 1,65 abwärts, in Anführungsstrichen? Oder sind die Menschen in Gänsefüßchen gestellt? Naja, ist vielleicht jetzt auch ein bisschen kleinlich. Als - in Anführungsstrichen - CSU-Hoffnungsträgerin kann man da schon durcheinander kommen mit den Größenverhältnissen.

Am Samstag gehört der Vati mir - das ist ein längst überholter Schlachtruf.

Stimmt, der stammt aus den 50er Jahren, als die Gewerkschaften dafür gekämpft haben, dass wir heute am Samstag genug Zeit für die Familie haben, für die Kinder, oder für den Nebenjob, weil einer nicht reicht. Aber der 28-Stunden-Vorschlag soll ja nur für zwei Jahre gelten - und - ganz wichtig - ein Rückkehrrecht in den Betrieb beinhalten. Das ist doch modern, und flexibel, wegen der Balance von work und life. Dass eine Arbeitnehmerin in Teilzeit praktisch keine Rente bekommt, ist ja nicht mehr so schlimm, Hauptsache, die work-life-balance stimmt! Aber immerhin gibt’s ganze 200 Euro im Monat für die Halbdaheimgebliebenen! Wow! Also da kann ich mich ja gleich von der CSU für 150 Euro im Monat an den Herd fesseln lassen.

"Es muss aber so sein, dass am Ende nicht bestimmte Gruppen Bezahlung bekommen für Arbeit, die sie nicht geleistet haben."

Arndt Kirchhoff, Metall- und Elektroindustrie

Aber wirklich - dann wären sie ja VW-Manager. Man sollte schon wissen, wo man  hingehört.

Zametzers Zweitstimme

Die Zweitstimme will nicht die erste sein, aber wohl überlegt. Denn beim Wählen kommt es genau auf diese Zweitstimme an. In orange erhebt Michael Zametzer jeden Samstag seine Zweitstimme und liefert einen satirischen Seitenblick auf politische Geschehnisse der Woche. Zametzers Zweitstimme wundert sich über seltsame Sätze und hinterfragt rätselhafte Erklärungen. Sie entlarvt eindeutige Andeutungen, mehrdeutige Ansichten oder undeutliche Absichten.


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