Bayern 2 - radioWissen


21

Schönheit des Mysteriums

Stand: 05.04.2017 | Archiv

Mitra des Patriarchen Nikon (17. Jahrhundert) | Bild: picture-alliance/dpa

Sie sind unsere älteren Brüder und Schwestern, unsere fremd gewordenen Verwandten ersten Grades: Die Begegnung mit dem orthodoxen Christentum ist ein spannendes Familienfest mit überraschenden Gemeinsamkeiten und Entdeckungen.

Mose ist neugierig. Er möchte Gott von Angesicht zu Angesicht sehen. Das bringt den Herrn in Verlegenheit. Er will seinem Knecht die Bitte nicht rundweg abschlagen. Schließlich hat er Mose dazu auserwählt, das Volk Israel aus ägyptischer Gefangenschaft ins Gelobte Land zu führen. Doch die Sache hat einen Haken. Gott ist zu groß für die sterblichen Augen eines Menschen. Also schlägt er die Bitte aus. Nicht um Mose zu strafen, sondern um ihn zu schützen. "Kein Mensch wird leben, der mich sieht", begründet Gott den Rückzieher. Aber er geht einen Kompromiss ein: "Siehe", sagt er zu Mose, "es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen. Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. Dann will ich meine Hand von dir tun, und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen."

Der ferne Gott so nah

Nähe und Distanz, Erbarmen und Unnahbarkeit, Glanz und Dunkelheit, Gnade und Geheimnis sind in dieser Gottesbegegnung paarweise verwoben. So, wie sie auch im orthodoxen Glauben unauflöslich miteinander verwoben sind. Für die orthodoxe Kirche ist Gott nicht der gutmütige, in die Jahre gekommene, freundliche ältere Herr, als den ihn der Westen oft sieht. Und auch Jesus ist trotz aller Menschenliebe nicht der hemdsärmlige Kumpel, mit dem man bei einem Bierchen entspannt mal eben über Gott und die Welt plaudern kann.

Für die orthodoxe Kirche ist die Natur Gottes ein tiefes Geheimnis. Worte können es nicht erschöpfen, der Verstand kann es nicht in Begriffe und Kategorien zwängen, die Logik stückelt es nicht für menschliche Belange zurecht. Die Wirklichkeit Gottes ist in Dunkelheit und entzieht sich jedem rationalen Zugriff. Sie ist die Wirklichkeit, die schon Mose erfahren hat: Nähe und Distanz, Erbarmen und Unnahbarkeit, Glanz und Dunkelheit, Gnade und Geheimnis, Gegenwart und Vorübergehen zugleich.

Das Leuchten der Dunkelheit

Die Unfassbarkeit des Mensch gewordenen Gottes und seines Erbarmens ist ein heiliges Mysterium, ein unergründliches Geheimnis und eine geistige Schönheit, die das orthodoxe Christentum in seiner reichen Liturgie, in seiner Symbolik, in der Pracht seiner Gottesdienste seit fast 2.000 Jahren in ungebrochener Tradition feiert.

Massentaufe

Hochzeit des Großfürsten Wladimir I. Swjatoslawitsch mit Anna, der Schwester des byzantinischen Kaisers Basileios II. (Gemälde um 1920/30 von Michail N. Jakowlew) | Bild: picture-alliance/dpa zur Übersicht Die Russisch-Orthodoxe Kirche Von Konstantinopel über Kiew nach Moskau

988 nimmt ein Heidenfürst die Schwester des byzantinischen Kaisers zur Frau. Dafür schuldet er dem Bruder die Christianisierung seiner Untertanen. Mit einer Massentaufe im Dnjeper beginnt die Geschichte der russischen Orthodoxie. [mehr]

Tausendjährige Geschichte

Christi-Himmelfahrts-Kirche am Nikita-Tor in  Moskau | Bild: picture-alliance/dpa zur Übersicht Die Russisch-Orthodoxe Kirche Spaltung, Höllenfahrt und Wiederauferstehung

Die tausendjährige Geschichte der russischen Kirche kennt Glanz, Gepränge und Blüte. Aber auch Grausamkeit, Gewalt, Zerwürfnisse, staatliche Übergriffe und Terror. Zuletzt droht gar der Versuch ihrer vollständigen Vernichtung. [mehr]

Moskauer Patriarchat

Tichon (Tychon), Patriarch von Moskau (ab 1917) | Bild: picture-alliance/dpa zur Übersicht Die Russisch-Orthodoxe Kirche Die Russisch-Orthodoxe Kirche im Ausland

Seit dem 19. Jahrhundert gründen freiwillig ausgewanderte oder ins Exil gezwungene Russen orthodoxe Gemeinden im Ausland. Das Verhältnis zwischen der Diaspora und dem Moskauer Patriarchat ist nicht immer frei von Spannungen. [mehr]

Mystik

Russisch-Orthodoxe Priester mit Weihrauch während einer Messe | Bild: picture-alliance/dpa zur Übersicht Die Russisch-Orthodoxe Kirche Die Kirche als mystischer Leib Christi

Weihrauchschwaden, schimmerndes Gold, hypnotische Hymnen - das klingt mächtig mystisch und darum orthodox. Stimmt alles, kratzt aber nur an der Oberfläche. Die Mystik der Ostkirche ist kein Showeffekt, sondern eine Glaubenshaltung. [mehr]

Heilige Zeichen

Russisch-Orthodoxe Taufe | Bild: picture-alliance/dpa zur Übersicht Die Russisch-Orthodoxe Kirche Sakramente und Mysterien

Sakramente sind sichtbare Zeichen der verborgenen Wirklichkeit Gottes. Als zentrale Elemente des Glaubensverständnisses geben sie Auskunft über die Nähe oder den Abstand der christlichen Kirchen zu- und voneinander. [mehr]

Ikonen

Orthodoxes Weihnachtsfest im Kloster Lazarica in Kroatien_ | Bild: picture-alliance/dpa zur Übersicht Die Russisch-Orthodoxe Kirche Bildzeugen der Menschwerdung Gottes

Ikonen sind ein wesentliches Merkmal orthodoxer Frömmigkeit. Sie feiern die Menschwerdung Gottes und genießen höchste kultische Verehrung. Das war nicht immer so. Im 9. Jahrhundert lösten sie einen erbitterten Bilderstreit aus. [mehr]

Hätten Sie's gewusst?

Quiz - Fragezeichen | Bild: colourbox.com zur Übersicht Die Russisch-Orthodoxe Kirche Testen Sie Ihr Wissen !

Was heißt nun gleich wieder "orthodox"? Sind orthodoxe Christen eigentlich mehr evangelisch, eher katholisch oder ganz was anderes? Wie sieht's aus, kennen Sie die Antwort? Unser Quiz stellt Ihr Wissen auf die Probe! [mehr]

Audio

Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau | Bild: picture-alliance/dpa zum Audio Die Russisch-Orthodoxe Kirche Schönheit des Mysteriums

Die russisch-orthodoxe Kirche hat Russlands Kultur entscheidend geprägt. Doch seit das Zarenreich im Jahre 988 das Christentum annahm, war die Kirche vielen Wechselfällen ausgesetzt. Autorin: Julia Devlin [mehr]


21