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Wie Leben auf die Erde kam

Von: Simon Demmelhuber / Sendung: Christiane Neukirch

Stand: 28.11.2013 | Archiv

Licht im Universum | Bild: mauritius images
Mensch, Natur und UmweltMS, RS, Gy

Von nichts kommt nichts, sagt der Volksmund. Falsch, sagt die Theologie: Gott schuf das Leben aus dem 'Nichts'. Mit einer creatio ex nihilo gibt sich die Evolutionsforschung jedoch nicht zufrieden. Sie sucht den chemischen Funken, der einst das Leben zündete.

Das Leben hat eine unfassbare Vielfalt unterschiedlichster Arten hervorgebracht. Wie viele es sind, weiß niemand genau. Bis zu 100 Millionen könnten es sein, doch selbst das ist nur eine vorsichtige Schätzung. Denn alleine die Pilze dürften es auf 1,5 Millionen unterschiedliche Spezies bringen, die Insekten gar auf 30 Millionen. Und nahezu täglich werden neue, bislang unbekannte Lebensformen entdeckt.

Organischer Auftakt: Am Anfang war die Chemie

Noch erstaunlicher als das unüberschaubare Schöpfungsgewimmel ist allerdings die Tatsache, dass es dieses Leben überhaupt gibt. Wie konnte ein toter Gesteinshaufen den Lebensfunken zünden? Wie konnten aus unbelebter Materie lebende Organismen hervorgehen, aus denen sich dann im Lauf mehrerer Milliarden Jahre nach und nach Zellen, Pflanzen, Tiere und schließlich auch der Mensch entwickelten? Was stand am Beginn dieser ungeheuren Stufenleiter, die von einfachsten biologisch aktiven Molekülen zu immer größeren, komplexeren Formen und Verzweigungen führte?

Leben: Die Problematik des Selbstverständlichen

Eine gültige Antwort auf diese Fragen gibt es nicht. Aber immerhin einige Ansätze, die das Wunder der Entstehung des Lebens zu erklären versuchen. Doch die Schwierigkeiten beginnen bereits bei der Definition des scheinbar Selbstverständlichen: Was ist eigentlich Leben? Bis wohin reicht die Chemie, ab wann beginnt die Biologie? Hat der gewaltige Baum des Lebens eine einzige gemeinsame oder doch mehrere Wurzeln?

Replikation: Der erste, entscheidende Schritt

Die Suche nach dem Ursprung des Ursprungs tappt nach wie vor weitgehend im Dunkeln. Gewiss ist nur eins: Am Beginn der chemischen Evolution stand vor etwa vier Milliarden Jahren ein Molekül, das erstmals eine identische Kopie seiner selbst herstellen und damit Erbinformationen weitergeben konnte. Damit ist der Forschungskonsens aber auch schon ausgeschöpft. Woraus dieses erste replikationsfähige Urmolekül bestand, wie es aufgebaut war und wo seine Wiege stand, ist alles andere als ausgemacht.

DNA und RNA: Die Kopiermaschinen des Erbmaterials

War es die DNA (Desoxyribonukleinsäure), der dieses epochale Kunststück zuerst gelang? Oder hatte sie einen einfacheren und damit plausibleren Vorläufer in der RNA (Ribonukleinsäure), die zuerst da war und später der DNA das Feld räumen musste? Für diese RNA-Welt-Hypothese gibt es starke Argumente. RNA kann genetische Informationen speichern, sich selbst in identischer Kopie verdoppeln und sie ist an der Proteinsynthese beteiligt. Und Proteine sind die Voraussetzung dafür, dass die Kopiermaschine der DNA funktioniert. Sie müssen also bereits dagewesen sein, damit die DNA aktiv werden konnte.

Tonminerale: Das Biolabor der Basenfänger

Selbst wenn die RNA-Hypothese zutrifft, ist man der Lösung des Rätsels doch nur eine weitere Frage näher gekommen. Denn wie und wo ist dann die RNA entstanden? Die Rolle des Geburtshelfers haben möglicherweise bestimmte Tonminerale gespielt, auf deren elektrisch geladenen Oberflächen sich einzelne Basen anlagerten und allmählich zu RNA-ähnlichen Molekülen gruppierten. Aus diesen Konglomeraten könnten sich schließlich Aminosäuren und damit die unverzichtbaren Grundbausteine des Lebens gebildet haben.

Heiß-kalte Wechselbäder: Das Rührwerk der chemischen Evolution

Einen weiteren Baustein des Puzzles steuert die Konvektionshypothese bei. Sie fußt auf der Annahme, dass sich die ersten Biomoleküle in den schützenden Hohlräumen grobporiger Gesteine gebildet haben. In diesen Brutkammern wurden eingeschlossene Moleküle durch den ständigen Kreislauf aus warmem und kaltem Wasser immer wieder durchgerührt, zerbrochen, angereichert und neu kombiniert, bis endlich ein erstes langkettiges Biomolekül den Haupttreffer landete und das Leben ins Leben rief.


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