Bayern 2 - radioWissen


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Wie wir Farben sehen

Von: Simon Demmelhuber / Sendung: Florian Hildebrand

Stand: 13.06.2013 | Archiv

Mensch, Natur, UmweltRS, Gy

Zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt: Der Mensch ist ein visuelles Wesen. Rund 70 Prozent aller Sinneseindrücke nehmen wir über die Augen wahr. Aber sichtbar und vor allem bunt wird die Welt erst im Kopf. Ohne uns gibt es "da draußen" weder Licht noch Farbe.

Der Himmel ist nicht blau, Blut nicht rot und Schwarz nicht schwarz. Farbe ist eine reine Erfindung des Gehirns. Das Universum selbst ist farblos und weder hell noch dunkel. Es besteht aus unterschiedlich dichter Materie und Energie.Was wir Licht nennen, ist nichts als die Schwingung elektromagnetischer Wellen. Sehen ist nur eine Deutung der Welt, ein Konstrukt, das wir für Wirklichkeit halten.

Die Welt in Color - Ein doppeltes Schöpfungswunder

Auge: Pupille - Iris - Lederhaut | Bild: SOMSO Modelle GmbH

Modell eines Auges: Pupille - Iris - Lederhaut

Die Wahrheit der Physik klingt finster. Und trotzdem sehen wir. Wir sehen sogar farbig. Dieses Kunststück gelingt uns mithilfe eines äußerst komplexen Zusammenspiels hoch spezialisierter Sinnesorgane, neuronaler Impulse und bislang noch immer weitgehend geheimnisvoller Hirnfunktionen. Wir sehen, weil unser Auge die Energie elektromagnetischer Strahlung aufnimmt, in elektrische Signale umwandelt und weil das Gehirn diese Signale als visuelle Wahrnehmung interpretiert. Sehen und vor allem farbig sehen ist damit ein doppeltes Schöpfungswunder: Einmal, weil die Schöpfung der Evolution diesen erstaunlichen Sehapparat überhaupt entwickelt hat, und einmal, weil dieses einzigartige Sehsystem der alleinige Schöpfer unserer visuellen Weltwahrnehmung ist.

Sehen schützt, sehen nützt - Der visuelle Evolutionsvorteil

Die reflektierte Wellenlänge erweckt den Farbeindruck.

Dabei erschöpft das optisch-neuronale Instrument, das wir in unterschiedlichsten Ausformungen mit den meisten Lebewesen teilen, seinen Zweck natürlich nicht in schierer Augenlust. Er ist lebenswichtig, überlebenswichtig. Denn Sehen, und vor allem das Farbsehen, bescherte unserer Spezies entscheidende Evolutionsvorteile. So hat uns das Farbensehen in unserer Sammler- und Jägerphase dabei geholfen, farbige Früchte vom grünen Blattwerk und reife von unreifen Früchten zu unterscheiden. Außerdem stützt Farbe die Erinnerung. Forscher fanden heraus, dass wir uns bunte Bilder besser einprägen als schwarz-weiße Bilder. Dadurch konnten wir uns rascher und sicherer in unserer Umwelt orientieren. Dass Farbe zudem eine schnellere und präzisere Differenzierung bewegter Objekte ermöglicht, hat uns zu besseren Jägern gemacht und davor bewahrt, allzu leicht selbst zur Beute noch besserer Jäger zu werden.

Das menschliche Auge

Auch heute prägt Farbe unser Leben. Wir nützen sie zur Kennzeichnung, zur Kommunikation, zur Gefahrenabwehr, als Gedächtnisstütze, als Markierung, als Symbol, als Marketinginstrument und als sinnliches Vergnügen. Eine farblose Welt ist nicht nur unverstellbar, sondern öde und leer.
Alles in allem gibt es also Gründe genug, das Buntsehen und die Welt in Color einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.


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