Bayern 2 - radioWissen


3

"Unschuldig muss ich sterben" Glossar

Stand: 08.12.2015 | Archiv

BegriffeErklärung
HalsgerichtSeit dem späten Mittelalter ist der Begriff Halsgericht in Städten und Territorien für das Gericht an Leib und Leben geläufig; gemeint sind schwere Verbrechen, die zumeist mit der Todesstrafe geahndet werden. Zur Aufklärung von Vorwürfen wie Hexerei wird das Inquisitionsverfahren angewandt, für dessen Ingangsetzung Verdacht oder Denunziation ausreichen. Ab dem 13. Jahrhundert kommt mehr und die Folter als legales Mittel zur Geständnisgewinnung zum Einsatz ("hochnotpeinliches Halsgericht"). Halsgerichtsordnungen werden beispielsweise für Nürnberg (1485) und Tirol (1499) erlassen. Auf der Bamberger Halsgerichtsordnung (1507) basiert die Constitutio Criminalis Carolina ("Peinliche Gerichtsordnung"; 1532), das Strafgesetzbuch Kaiser Karls V.
HexenhammerDer "Hexenhammer" (1487), ein Leitfaden für Hexenjäger, spielt dank des Buchdrucks bei der Popularisierung des Hexenwahns in der frühen Neuzeit eine wichtige Rolle. Verfasser des Bestsellers ist der Dominikaner Heinrich Kramer (genannt Henricus Institoris, 1430-1505), Prior des Klosters Schlettstadt im Elsass. Kramer beschreibt die Hexerei als Kapitalverbrechen und erklärt das unheilvolle Zusammenwirken von Teufel und Hexen. Er gibt Tipps zur Beweis- und Prozessführung und empfiehlt Methoden der Vernichtung. Der "Hexenhammer" ist geprägt von tiefem Frauenhass. Nach Ansicht Kramers sind Frauen von Natur aus glaubensschwach, wollüstig, leicht verführbar und geraten daher schnell in die Fänge des Satans.
"Kleine Eiszeit"Nach Erkenntnissen von Klimahistorikern wird ab etwa 500 vor Christus - übrigens zeitgleich mit dem Aufstieg Roms - die Wärmephase des Subatlantikums in Europa wirksam. Mit einer mittelalterlichen Warmzeit, die von 950 bis 1550 andauert, und von einem wohligen, bis zwei Grad Celsius wärmeren Klima als heute geprägt ist, erreicht das biotisch ergiebige Subatlantikum einen Höhepunkt. Dann kommt es zu einer deutlichen Abkühlung, das Kältemaximum der "Kleinen Eiszeit" wird um 1850 erreicht. Erste Vorboten der Klimaänderung sind im Alpenraum bereits im 15. Jahrhundert spürbar. Die "Kleine Eiszeit" macht sich vor allem durch feuchte Sommer und lange, kalte Winter bemerkbar.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wandern die Alpengletscher talwärts. Erdrutsche und Murenabgänge sorgen für Angst und Schrecken, Siedlungen müssen geräumt werden. Der Bodensee friert zu und auf dem Rhein treiben Eisschollen. Die Bauern beklagen Missernten, die Getreidepreise explodieren, Hunger und Krankheiten nehmen zu.
Die Menschen haben keine Erklärung für die Wetterkapriolen. Sündenböcke werden gesucht, Hexen, Zauberer und "Unholde" als Übeltäter ausgemacht. So kommt es, dass Hexenverfolgungswellen stets mit Kälteschüben einhergehen. Um 1600 ebbt die Hexenjagd in West- und Südeuropa, wo sich allmählich mediterranes Klima durchsetzt, deutlich ab, während sie in Mitteleuropa weiteren Höhepunkten zustrebt.
In der Kunst findet die "Kleine Eiszeit" ihren Niederschlag in der Landschaftsmalerei - beispielsweise beim "Wintermaler" Pieter Bruegel dem Älteren ("Jäger im Schnee", 1565).
Malefizhaus 1626/27 lässt Fürstbischof Johann Georg II. Fuchs von Dornheim an der alten Stadtmauer in Bamberg ein Sondergefängnis für Hexenprozesse errichten. Mit dem von Mauern umgebenen, als prachtvoll beschriebenen Gebäudekomplex demonstriert er den besonderen Stellenwert der Hexenjagd in seinem Machtbereich. Das Malefizhaus bietet Platz für 30 bis 40 Gefangene, verfügt über Folterkammer, Vernehmungs- und Gerichtsräume, Kirche und Richtstätte. Nach dem Ende der Hexenverfolgungen wird das Malefizhaus 1635 abgerissen, die Steine werden zum Bau eines Kapuzinerklosters verwendet.
ZeilEin Folterzentrum und die Richtstätte des Hochstifts Bamberg befinden sich jahrelang in der Exklave Zeil, einem Hotspot der fränkischen Hexenhysterie. In Zeil werden zwischen 1616 und 1631 mehr als 400 Menschen gefoltert und verbrannt. Im Dokumentations- und Informationszentrum "Zeiler Hexenturm" können sich Besucher heute über die Verirrungen jener Zeit informieren.

3