Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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20. Januar 1953 Strass wird salonfähig

20. Januar 1953 - großer Ball im Weißen Haus, die Amtseinführung von "Ike" Eisenhower. Doch aufsehenerregend war an diesem Abend vor allem der Schmuck, den die neue First Lady, trug: Modeschmuck! Strass! Autor: Rainer Nothaft

Stand: 20.01.2017 | Archiv

20 Januar

Freitag, 20. Januar 2017

Autor(in): Rainer Nothaft

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

"Diamonds Are A Girl`s Best Friend”, gesungen von Marilyn Monroe, – „…but I prefer a gentleman who lives and gives expensive jewels - a kiss on the hand may be quite continental but diamonds are a girl´s best friend"

Schön, super schön sogar, aber trotzdem, liebe Marilyn, das kann doch nicht dein Ernst sein: dass Mädchen keinen besseren Freund haben, als echte Diamanten. Und es war auch nicht dein Ernst. Denn was zum Beispiel blitzte an deinen Ohren, was in deinem Haar, als du dieses Lied gesungen hast in dem Film Blondinen bevorzugt nach dem wunderbaren Roman von Anita Loos? Nein, es waren keine 69 karätigen Diamanten, nicht mal 25 karätige, alles war komplett nullkarätiger Strass, funkelndes Geflunker, bijoux de couture, wie die Franzosen sagen, Modeschmuck.

Dumme Eleganz

Und das war auch okay so, doppelt okay sogar.

Denn hat nicht Coco Chanel, deren Nr. 5 du dir doch so gern hinter die Ohren tupfst – hat nicht schon Coco Chanel gesagt, echter Schmuck sei "dumme Eleganz" und mache junge Frauen alt, oder so ähnlich?

Und dann eure First Lady, Mamie Eisenhower – als sie am 20. Januar 1953 zum großen Ball im Weißen Haus erschien, zur Amtseinführung ihres Mannes, wo hatte sie ihren echten Schmuck? Schön brav daheim hatte sie ihn. Trug stattdessen ein dreireihiges Collier aus Perlimitation mit Strass und dazu passend Ohrclips und Armband.

Kannst du, willst du dir vorstellen, liebe Marilyn, wie das anwesende Neu-England reagiert hat, die uralte, steinreiche, piekfeine Elite der Ostküste, wo die Cabots nur mit den Lodges sprechen, und die Lodges nur mit Gott?

Du willst? Nun, gerade noch an ihren Drinks festhalten konnten sie sich beim Anblick von Mamies falschen Perlen! Aber machen, machen konnten sie natürlich gar nichts. War schließlich die First Lady und war schließlich die Frau von Ike, dem General und Helden Dwight D. Eisenhower, der den Krieg gewonnen hatte.

An diesem eiskalten zwanzigsten Januar wurde der Schmuck demokratisch und der Strass salonfähig, oder umgekehrt. Jedenfalls dank eurer Mamie, ob sie es nun wollte oder nicht.

Sing it again

Wie bitte, du meinst, liebe Marilyn, dass sie es wollte, ganz bestimmt sogar wollte, weil echte Perlen und Diamanten sich nur ein paar leisten können, im Zweiten Weltkrieg aber alle den Kopf hingehalten haben, die GIs an den Fronten und die Mädchen in den Lazaretts und den Fabriken daheim? 

Stimmt, Marilyn, so war´s gemeint von eurer First Lady, und so haben es ja alle verstanden, auch das berühmte Smithonian Institute, das alles sammelt, was glorreich demokratisch ist in eurer Geschichte, alte Jazzaufnahmen, Comics, deine Filme - und so auch Mamie Eisenhowers falschen Schmuck.

Deshalb dein altes Lied, in dem du von den echten, harten und ewigen Diamanten singst, die nur ganz wenigen gehören, aber dabei an die flüchtige, zarte und zerbrechliche Liebe denkst, die alle einmal erwischt - sing it again, Marilyn.


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