Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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19. Mai 1891 William Painter meldet Patent auf Kronkorken an

Ein "Flup", ein "Plop", der Deckel hebt ab und "Zisch" und "Aaaaahhhh". Theoretisch. Denn der Kronkorken ist zwar günstiger in der Herstellung als ein Bügelverschluss, aber er hat genauso seine Tücken! Autor: Thomas Grasberger

Stand: 19.05.2016 | Archiv

19 Mai

Donnerstag, 19. Mai 2016

Autor(in): Thomas Grasberger

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Der technisierte Alltag hält viele kleine Widrigkeiten und Schweinereien parat, um uns zivilisationsverwöhnte Menschen gelegentlich etwas zu triezen und zu piesacken. Er gibt uns beispielsweise Dosenravioli, aber keinen Öffner dazu. Er versorgt uns mit bestem Wein, den Korkenzieher aber hat er hinterfotzigerweise irgendwo versteckt. Die Raucher unter uns quält er beizeiten mit einer vollen Schachtel Zigaretten - ohne die nötigen Zündhölzer oder ein Feuerzeug mitzuliefern. Und den Durstigen drückt er im Hochsommer gelegentlich eine Halbe Bier in die Hand - wobei die Flasche in solch einem Fall selbstverständlich keinen guten alten Bügelverschluss hat, sondern einen Kronkorken. Und der Flaschenöffner? - Herrgottnomoinei! Wo ist jetzt der gleich wieder?

Hast Du, brauchst Du?

Naja, der Alltag ist halt manchmal schon ein rechter Depp!

Leider weiß unsereins als drangsalierter Endverbraucher in solchen Fällen nie recht, auf wen er eigentlich sauer sein soll. Außer auf sich selbst, weil man wieder irgendetwas vergessen oder verlegt hat. Aber so eine permanente Selbstbeschimpfung ist auf Dauer natürlich auch keine Lösung; da käm´ man ja aus dem Selbstgeißeln manchmal gar nicht mehr heraus. Drum ist es besser, einen handfesten Schuldigen zu haben. Wie im Fall des Kronkorkens zum Beispiel einen gewissen William Painter. Herr Painter war gebürtiger Ire und somit an allem interessiert, was mit Getränken zu tun hatte. Mitte des 19. Jahrhunderts wanderte er in die USA aus und meldete dort, in Baltimore, Maryland, am 19. Mai 1891 den Kronkorken zum Patent an.

Es korkt!

Sollten Sie also demnächst wieder vor so einer kronverkork-s-ten Halbe Bier sitzen und keinen Öffner finden, können Sie sich getrost mit folgendem Stoßseufzer ein wenig Luft verschaffen: "Warum? Painter! Warum nur diese verdammten Kronkorken?!"

Wäre William Painter nicht bereits 1906 an einer Lungenentzündung verstorben, würde er vermutlich antworten: "Weil's billiger sind als Bügelverschlüsse." Die Antwort leuchtet ein. Aber Ihre Halbe Bier ist damit immer noch nicht geöffnet. Deshalb, würde Painter wohl noch hinzufügen, habe ich doch auch noch den passenden Flaschenöffner erfunden. Und diverse andere nützliche Dinge, insgesamt mehr als 80 Patente! Ein Münzprüfer war übrigens auch dabei - offenbar liefen die Geschäfte des findigen Iren ganz gut; seine Firma gehört bis heute zu den größten Herstellern für Kronkorken und Getränkeartikel.

Aber leider hat es William Painter versäumt, einen Apparat zu erfinden, der verlegte Korkenzieher oder Flaschenöffner wieder finden kann. Weshalb Sie als gepeinigter Endverbraucher weiterhin überlegen, wie Sie ihre Bierflasche aufkriegen könnten. Hartgesottene Zeitgenossen haken in ihrer Verzweiflung die Halbe gern am Unterkiefer ein! Von dieser Methode raten Dentisten allerdings ab. Kronkorken sind in der Regel stabiler als Zahnkronen! Gewarnt seien auch alle, die die Flasche mit dem Stopsel auf einer Tischkante aufsetzen, um mit der anderen Hand solange draufzuhauen, bis der Deckel endlich runterspringt. Schon mancher ist dabei abgerutscht und musste zusehen, wie die Zacken der Krone eine blutige Spur durchs Fleisch des eigenen Handrückens zogen. Eine schmerzhafte Angelegeneit, die freilich recht anschaulich macht, warum William Painter mit seinem Kronkorken einen gewissen Herrn Gillette zur Erfindung der Rasierklinge inspiriert haben soll.


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