Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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16. Januar 1707 Schottland stimmt dem Act of Union zu

Der Schottenrock - verboten. Der Dudelsack - verboten. Am schlimmsten traf die armen Schotten vermutlich das Verbot der privaten Whisky-Brennereien durch die Engländer. Warum hatten sie der Vereinigung am 16. Januar 1707 nur zugestimmt?

Stand: 16.01.2015 | Archiv

16 Januar

Freitag, 16. Januar 2015

Autor(in): Herbert Becker

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Julia Zöller

In keinem Land der Welt gibt es so viele Whiskybrennereien wie in Schottland. Über Jahrhunderte hinweg wurde die Kunst, aus Getreide, Hefe und Wasser Alkohol herzustellen, vorwiegend hinter Klostermauern gepflegt. Aber auch der schottische Adel wusste den Whisky zu schätzen. König Jakob IV. schrieb ihm sogar eine beträchtliche Heilwirkung zu und ließ ihn allein von Barbieren verkaufen, die damals die Funktion von Ärzten hatten. Dann allerdings stieg ihm der Alkohol offenbar zu Kopf, und er beschloss, das von Heinrich VIII. regierte England anzugreifen; prompt erlitt er eine vernichtende Niederlage.

Patriotische Schwarzbrenner

Zwei Jahrzehnte später marschierte Heinrich, der sich von der katholischen Kirche losgesagt hatte, in Schottland ein und ließ eine Reihe von Klöstern zerstören.
Das trug dazu bei, dass das Whisky-Know-How der Mönche unters Volk kam, wo es sich rasch ausbreitete; zahlreiche Kleinbauern begannen, ihr Einkommen mit der Schwarzbrennerei aufzubessern. Davon wollte auch die schottische Regierung profitieren; weil sie Geld für einen weiteren Krieg gegen England brauchte, beschloss sie eine Alkoholsteuer. Doch weder die Steuer noch der Krieg lösten Schottlands finanzielle Probleme, der Staat war faktisch bankrott.

Da erklärte sich die englische Krone bereit, die Schulden Schottlands zu übernehmen - freilich unter gewissen Bedingungen. Die wichtigste davon war: die Auflösung des schottischen Parlaments. Das erklärte sich einverstanden -
nicht zuletzt deshalb, weil viele Abgeordnete bestochen waren.
Am 16. Februar 1707 verabschiedete es den so genannten Act of Union, das Vereinigungsgesetz, das die Grundlage für die Schaffung des Königreichs Großbritannien bildete.  Die Mehrzahl der Schotten lehnte die Vereinigung ab. Schon nach wenigen Jahren kam es zu Unruhen.

Einer der Anlässe war die Erhebung einer Malzsteuer durch die Londoner Regierung. Diese Steuer nicht zu zahlen, war Ehrensache, und das Schwarzbrennen von Whisky galt geradezu als patriotische Pflicht.
Allein in Edinburgh existierten mehrere hundert illegale Destillen.

Verbot von Dudelsack und Schottenrock

Wieder und wieder versuchten die Schotten, sich vom englischen Joch zu befreien. Vergeblich. Die bitterste Niederlage erlitt Bonnie Prince Charlie, der mit seinen Highlandern gegen den Herzog von Cumberland zu Feld zog. Unglücklicherweise blieb ausgerechnet vor der entscheidenden Schlacht die Whiskylieferung an die Schotten aus; sie unterlagen - und wurden härter unterdrückt denn je. In den folgenden Jahrzehnten verboten die siegreichen Engländer den Dudelsack, den Schottenrock und das private Destillieren von Whisky. Damit war der Untergang der traditionellen schottischen Kultur mit ihrem Clansystem besiegelt.

Zugegeben: Nicht alles, was sich in der gemeinsamen Geschichte von England und Schottland zutrug, lässt sich mit dem Whisky in Zusammenhang bringen. Die beiden Nationen waren auch nicht immer nur verfeindet. Hie und da wurden sogar Freundschaften zwischen Engländern und Schotten geschlossen -
nicht wenige davon bei einem anständigen Glas Whisky.


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