Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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10. Februar 1763 Der Frieden von Paris und die Indianer

Das Ende der nordamerikanischen Indianer beginnt schon mit dem Ruf „Land in Sicht!“, als 1607 die ersten Siedler an der Küste von Virginia anlegen. Doch endgültig läuft die Lebensversicherung der Stämme im Osten ab, als Briten und Franzosen am 10. Februar 1763 den Frieden von Paris schließen.

Stand: 10.02.2010 | Archiv

10 Februar

Mittwoch, 10. Februar 2010

Autor(in): Thomas Morawetz

Redaktion: Nicole Ruchlak

„Land in Sicht!“ – der Auftakt zu einem großen Abgesang! Der Anfang vom Ende der nordamerikanischen Indianer beginnt schon mit der Landung der ersten Siedler, die 1607 an der Küste von Virginia anlegen. Jamestown ist das erste Kolonisten-Dorf, das in der rauen Neuen Welt einen Winter übersteht. Die Indianer zeigen den Fremdlingen, wie man hier, zwischen Ozean und Urwald, dem Hungertod entgeht. Aber trotzdem beginnt schon bald ein harter Nervenkrieg um Land und rechte Lebensart, wie überall, wo nun Weiße entlang der Küste eine Zukunft suchen. Die Indianer versuchen, sich gegen den Druck der Neuankömmlinge zu wehren – und der Rückschlag ist brutal. Wenn die Siedler Krieg führen, bleibt vom Gegner möglichst nichts mehr übrig. Nur 40 Jahre nach dem ersten Winter von Jamestown sind die Indianer in Virginia fast ausgerottet, anderen Stämmen an der Ostküste geht es genauso.

Dabei braucht im blutigen Nervenkrieg keine Seite Nachhilfe in Sachen haarsträubender Grausamkeit. Und apropos Haare – bis heute ist unklar, wer eigentlich das Skalpieren in dieser Zeit zum Massensport gemacht hat. Hatten die Indianer die Haare schon immer als Trophäe genommen? Oder haben die Weißen das Skalpieren eingeführt, um die Kopfprämien für getötete Feinde leichter abrechnen zu können?

Jedenfalls bezahlen vor allem Weiße die Indianer für Skalps von anderen Weißen. Denn längst stehen sich die Europäer gegenseitig auf den Füßen in den jungen Kolonien. Die Skalps gehören somit zur perversen Lebensversicherung, die den Indianer-Völkern in den östlichen Wäldern noch einige Jahrzehnte Schonfrist lässt: Denn Briten und Franzosen brauchen die Urwald-Kenner als Verbündete in ihrem erbitterten gegenseitigen Streit um Nordamerika. Wenn Indianer wieder einmal auf Kriegspfad um die Blockhütten ziehen, hat meist ein weißer Häuptling in Europa das Kriegsbeil ausgegraben. Alle europäischen Kriege landen so im Handumdrehen im nordamerikanischen Urwald. Sogar wenn Preußens Alter Fritz mit Österreich um Schlesien kämpft, schlägt bald auch der Tomahawk an die Tür einer Blockhütte. Vor allem der Siebenjährige Krieg hat verheerende Folgen für die Indianer. Wenn der nämlich zu Ende ist, haben die Indianer als nützliche Schachfiguren auf dem europäischen Spielbrett ausgedient.

Im Siebenjährigen Krieg muss der Alte Fritz wegen Österreich auch mit den Franzosen kämpfen, und das freut vor allem die Briten; denn nun sind die Franzosen, ihre Rivalen, geschwächt. Und endlich! Endlich unterliegen sie in Amerika im großen Showdown um das Ohio-Tal. Spät erst hat der Alte Fritz begriffen, dass er seinen Schlesischen Krieg eigentlich für die Briten geführt hat – und auf Kosten der Indianer.

Jetzt sind die Verhältnisse in Übersee klar. Am 10. Februar 1763 unterzeichnen Briten und Franzosen den Pariser Frieden, und die Franzosen müssen abziehen aus dem umkämpften Nordamerika. Die ersten Total-Verlierer unter den Indianern sind die Huronen. Ohne die Franzosen sind sie den Siegern hilflos ausgeliefert. Dann gleich die nächsten großen Verlierer: die Irokesen, die alten Verbündeten der Briten. Denn nur wenige Jahre später geht es den Briten selbst an den Kragen. Die Kolonisten haben ihren europäischen König satt und machen endlich ihr eigenes Ding – die Vereinigten Staaten von Amerika. Jetzt haben auch die Irokesen keinen Schutz mehr vor dem Landhunger der Siedler, der nun endlich zur Staatsdoktrin wird.

Das war`s. Die Lebensversicherung der Stämme ist abgelaufen. Wer überlebt, flüchtet sich in Reservate, oder versucht sein Glück in den Weiten des Westens – immer nur wenige Jahrzehnte den weißen Siedlern voraus. Denn „Land in Sicht!“ bleibt der Schreckensruf für die Indianer. Dieses Mal von Hügel zu Hügel, von Ebene zu Ebene, von Berg zu Berg, bis wieder ein Ozean vor den Weißen liegt. Dann geht der Nervenkrieg zu Ende.


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