Bayern 2 - Zeit für Bayern


8

Elixiere des Teufels In Bamberg punschen wie E.T.A. Hoffmann

Als ETA Hoffmann sich in Bamberg als Kapellmeister bewirbt und er die Stelle bekommt, schreibt er in sein Tagebuch: "Antwort erhalten wodurch das Engagement in Bamberg seine Gewissheit erhielt; sogleich geantwortet." - "Gepunscht des Abends."

Von: Peter Braun

Stand: 03.05.2015 | Archiv

"Punsch ist ja zunächst mal ein alkoholisches Getränk. Das Wort Punsch haben eigentlich die Engländer nach Europa gebracht, um genau zu sein, die englischen Matrosen und das Wort ist eigentlich aus dem Sanskrit und bedeutet Fünf oder Fünferlei. Und das deutet natürlich darauf hin, dass es immer fünf grundlegende Zutaten sind beim Punsch: Das ist zum einen Arrak, also weißer Rum, dann sind es die Gewürze, es ist die Zitrone, es ist Tee und es ist der Teezucker. Also das sind so die fünf traditionellen Bestandteile vom Punsch."

Otto Ratka, Apotheker und Diplombiologe

"Also vornehmlich nimmt man als Gewürz keine fertigen Gewürzmischungen. Das wichtigste ist eigentlich Nelke, dann der Zimt und Kardamon, das sind so die wesentlichen Gewürze Aber heutzutage werden auch wesentlich mehr verwendet. Also man verwendet Pfeffer, man verwendet Kakaoschalen, man verwendet Vanille mit dazu, dann aber auch Orangenschalen oder Zitronenschalen; und insofern sind die Gewürzmischungen sehr unterschiedlich genau so unterschiedlich wie viele Punschsorten es im Endeffekt gibt."

Andrea Ratka

Das Gemälde zeigt E.T.A. Hoffmann (r) und seinen Zechkumpanen, den Schauspieler Ludwig Devrient, im Weinkeller von Lutter und Wegner in Berlin.

Am Anfang war der Grog. Heißes Wasser mit Rum, dann kam Tee mit Rum, später wurde Rotwein statt Wasser und Tee benutzt, Cognac, Arrak oder brauner Rum verwendet, Zucker mit Rum beträufelt und entzündet. Punsch hat viele Gesichter, doch Punsch hat auch einen Namen: Ernst Theodor Amadeus Hoffmann. 1776 bis 1822. Dichter, Zeichner, Musiker, Richter, denn Punsch war Hoffmanns Leib- und Magengetränk. In schwächerer Form nannte er ihn „Bischof“. Stärker aufgebraut: „Kardinal“. Der Punsch half, seine bitterste Lebenszeit zu überstehen: Sein „Lehr- und Marterjahre“ im fränkischen Bamberg, 1808 bis 1813.

Es ist das Zeitalter der napoleonischen Kriege. Frankreich hatte Preußen besiegt, der preußische Richter Hoffmann war entlassen worden. Das Gericht war sein Brotberuf, seine Begabung aber war die Kunst. Er zeichnete geschickt, eine Erzählung war herausgekommen, doch vor allem war seine Sinfonie Es-Dur gegeben worden, und so versuchte er von der Musik zu leben. Er bewarb sich als Kapellmeister am Theater – und aus Bamberg war ihm geantwortet worden, doch kaum angekommen, wurde er wieder entlassen. 5 Jahre musste er danach in den Kriegszeiten in Franken ausharren.

Napoleons Spuren in Bayern - Galeriebild | Bild: Annette Kugler / BR zur Bildergalerie mit Informationen Die Bayern und Napoleon "Ewiger Friede wird uns belohnen"

Bayern und Napoleon – das ist ein zwiespältiges Verhältnis. Einerseits hat Bayern dem Kaiser der Franzosen viel zu verdanken. Andererseits litt gerade Bayern schwer unter den napoleonischen Kriegen. [mehr]

Er hungerte sich durch, und doch: Seine Hungerjahre machen aus ihm den weltberühmten Schriftsteller E.T.A. Hoffmann, durch Feder und Tinte – und dem Punsch. Der Mönch Medardus aus „Die Elixiere des Teufels“, der Student Anselmus aus „Der goldene Topf“, Schreckgestalten, Doppelgänger - nach den Punschabenden schrieb er seine Geschichten, die ihm den Namen „Gespenster-Hoffmann“ einbrachten.

 „Sich ganz erschrecklich besoffen und die infamsten Streiche gemacht!“ - „Sich toll und voll gesoffen. Gepunscht des Abends.“ - „Mich mit Mühe heraufgeschraubt durch Wein und Punsch.“ - „Man spricht so viel von der Begeisterung, die die Künstler durch den Genuss starker Getränke erzwingen und gewiss ist es, dass das geistige Getränk den Umschwung der Ideen befördert, das durch den Prozess erzeugt wird, wenn man Kognak, Arrak oder Rum anzündet und auf einem Rost darüber gelegten Zucker hineintröpfeln lässt. Die Bereitung und der mäßige Genuss des Punsches hat für mich etwas Wohltätiges und Erfreuliches.“

Glas Punsch | Bild: Mauritius-images/ Alamy zum Artikel Rezept Punsch nach E.T.A. Hoffmann

Seine Hungerjahre machen aus ihm den weltberühmten Schriftsteller E.T.A. Hoffmann, durch Feder und Tinte – und den Punsch. "Die Bereitung und der mäßige Genuss des Punsches hat für mich etwas Wohltätiges und Erfreuliches.“ [mehr]

Hoffmanns Punsch würde heutzutage wohl Feuerzangenbowle heißen. Die aber hat weit weniger Prozente als der Punsch, den E.T.A. Hoffmann immer wieder in seinen Werken beschrieb, denn der war höllisch stark. Ein wahres Elixier des Teufels, das der Bamberger Frank Gundermann nach Hoffmanns Beschreibung in seinen „Fantasiestücken“ nachbraute. Der erste Versuch aber bei einer Lesung zu Hoffmanns Leben ging gründlich schief. Und damit erster Hinweis an den gemeinen Punschtrinker: Vorsicht Absturzgefahr!

"E.T.A. Hoffmann hat ja Punsch getrunken, und sich damit immer montiert, also seine Fantasie angeregt. Und dieser Punsch bestand aus Arrak, Cognac und Rum also alle drei hochprozentige Alkoholgetränke sozusagen und da war die Idee, das Ganze mal nachzuvollziehen um zu schauen, wie schmeckt das überhaupt, wenn man das in dieser Originalmischung zusammenmischt und dann zubereitet. … Also das haut schon ordentlich rein."

Frank Gundermann

"Mein Name ist Peter Braun. Ich arbeite als Schriftsteller, habe sehr viel zu E.T.A. Hoffmann geschrieben, und ja ich erinnere mich noch sehr gut daran, an Frank Gundermanns ersten Hoffmannpunsch-Brauversuch. Das war vor einigen Jahren in Bamberg,  in einem Gewölbekeller. Ich stieg die Treppen hinunter und stand in einer Alkoholdampfwolke. Es war überhaupt nicht nötig, auch nur einen einzigen Schluck zu probieren. Die Dampfwolke selber hat wirklich vollständig gereicht. Hab aber dann in der Pause natürlich doch einen Schluck genommen aus Neugier, und ich dachte mir fallen die Ohren ab. … Das war derart stark, dass man‘ s echt nicht trinken konnte."

Autor Peter Braun

Sich zu montieren, oder wie Hoffmann das nannte, in „exaltierte Stimmung“ zu geraten, dazu diente ihm der Punsch. Der Punsch aber, der zu Hoffmanns Zeiten angerührt wurde, hat mit dem Massengebräu der alljährlich unvermeidlichen Weihnachts-Billig-Glühwein-Pullen rein nichts gemein. Und: Punsch ist nicht nur für den Winter da. Punsch zusammengießen, leicht sieden, dann erkalten lassen, Eiswürfel dazu, fertig ist der Sommerdrink. Und somit zweiter Hinweis für die Punschliebhaber: Niemals billigen Fusel kippen! Gute Zutaten – guter Punsch.

Auf den Weihnachtsmärtkten fließt Fuselglühwein in Strömen

"Also vom Geschmack her, dieser ich sag mal konventionelle Punsch schmeckt relativ süß hatte ich immer den Eindruck, und auch, ich will nicht sagen synthetisch, aber es ist so ein Geschmack, der eigentlich nicht natürlich wirkt, während dieser E.T.A.-Hoffmann-Punsch, also da ist der erste geschmackliche Eindruck wie purer Alkohol, wo man denkt, das zieht einem schon ordentlich alles zusammen, aber es ist natürlich auch, wenn man es dann süßt, vom Geschmack her würde ich sagen, angenehmer als dieser etwas künstlich schmeckende Punsch, den man im Supermarkt bekommt."

Frank  Gundermann

"Wir haben vor einigen Wochen noch mal eine Hoffmann-Lesung in Bamberg gemacht. Frank Gundermannhat noch mal seinen Punsch gebraut. Und was soll ich sagen: Er hat ihn mit wesentlich mehr Wein gemacht, viel weniger Cognac, Arrak, Rum, und ich glaube, die zehn Liter, die er gemacht hat, waren vom Publikum schon in der Pause weggetrunken. Es war sehr angenehm zu trinken und ganz ganz anders als der allererste Versuch."

Peter Braun

Warnung!

Dritter Hinweis: Finger weg von dem besonders zur Weihnachtszeit angebotenen, magenätzenden Tanklastzug-Glühwein-Punsch, der seit dem Hochsommer weltweit die Regale füllt. Erste Wahl sind stattdessen frische Gewürze, guter Rum und noch besserer Rotwein, denn die Haupt-Punschregel lautet: Je besser der Wein desto besser der Punsch.

E.T.A. Hoffmann und der Punsch: Zeichnete Hoffmann ein Glas in sein Tagebuch: er trank. Ein Glas mit Flügeln: er trank zuviel. Viel zu viel meist, und doch regte der Punsch ihn an, um seine Meisterwerke zu schreiben. Und deshalb vierter und letzter Hinweis: Sollten Sie beim Punschen geküsst werden, muss das nicht zwangsläufig Ihre Trinknachbarin sein. Denn falls Sie Glück haben, wurden Sie – von der Muse geküsst, und das bedeutet: Möglichst noch geraden Schritts nach Hause eilen, und die durcheinanderklingenden Kunstgedanken zu Papier bringen – ganz in Hoffmanns Sinn.

Doch Vorsicht: "Punsch lockt die Muse an – zuviel Punsch vertreibt sie."


8