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Aschaffenburger Brauer Gourmet Bier aus Bayerisch Nizza macht Furore

Von dem Amerikanischen Bewertungsportal „Ratebeer“ hatte der Aschaffenburger Brauer Christian Hans Müller noch nie etwas gehört – doch es ist eines der größten Bewertungsportale für Bier weltweit und hatte den 40-Jährigen vor zwei Jahren zum „besten neuen Brauer in Bayern“ gekürt. Mit seiner „Sommelierbier GmbH“ setzt er neue Maßstäbe beim Brauen und seine Kreativität kennt fast keine Grenzen. Untermain-Korrespondentin Katrin Küx hat ihn bei seiner letzten Schöpfung besucht

Von: Kathrin Küx

Stand: 03.05.2015 | Archiv

Mit leuchtenden Augen steht Christian Hans Müller in der kleinen Brauerei in Wiesen im Hochspessart, einer 1.000-Seelen Gemeinde im Kreis Aschaffenburg nahe der hessischen Grenze. Gerade werden 30.000 Flaschen seiner neuesten Kreation abgefüllt: Das „Backbone-Splitter“, ein kalifornisch inspiriertes India Pale Ale, das seine Wurzeln im alten England der Kolonialzeiten hat. Da das Bier damals über den Seeweg bis nach Indien geschippert wurde, kamen mehr Hopfen und Alkohol ins Bier, um es auf natürliche Weise zu konservieren. „Sehr viel Hopfen, sehr bitter, aber auch sehr fruchtig – für uns Craft-Brauer ein beliebter Bier-Stil, bei dem man eben auch zeigen kann, was man kann“, lacht er.

Brauereien in Franken : Neugründungen in den letzten 10 Jahren

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Brauereien in Franken : Neugründungen in den letzten 10 Jahren

Der 39-Jährige Aschaffenburger kennt sich gut aus in der Geschichte des Biers, ehrt die bayerische Braukunst, will aber frischen Wind in die Braustuben bringen. 2012 gründete er die Hans Müller Sommelierbier GmbH und führte somit eine 100 Jahre alte Familientradition fort, die im Spirituosengewerbe begann. Seine Urgroßeltern stellten Weinbrand her und der Urenkel greift jetzt auf alte 225-Liter-Barriquefässer zurück, um Gourmet-Bier herzustellen. Gezielt für die gehobene Gastronomie und den Feinkost-Handel – genussmäßig eine Alternative und Parallele zum Wein. Seine erste Kreation nennt er nach dem Premium-Weinbrand seines Urgroßvaters: „Müller Dreistern“.

Büttner prosten sich vor aufgestellten Prunkfässern am Rathaus in Kulmbach (Oberfranken) zu. | Bild: picture-alliance/dpa zum Artikel Bierland Franken - Land der Brauereien

Für Bierliebhaber ist Oberfranken ein Paradies. Hier gibt es die höchste Brauereidichte der Welt, die sogar vom Guiness-Buch der Rekorde bestätigt wurde. Rein rechnerisch versorgt hier eine Brauerei nur 5.511 Einwohner. [mehr]

Zurück in den Geschäftsräumen in der Würzburger Straße in Aschaffenburg geht es zur Bierprobe. Da er seine Kreationen nicht im Maßkrug kredenzen möchte, stellt Müller Gläser auf den Tisch, die auf den ersten Blick an Cognac-Schwenker erinnern – bauchig, oben enger, mit einer kleinen Kante am Glasrand. „Die Kante sorgt dafür, dass das Bier direkt auf der Zungenmitte auftrifft und die Fließgeschwindigkeit gebremst wird. Während Wein am besten mit der Zungenspitze wahrgenommen wird, lässt sich Bier am besten in der Mitte wahrnehmen.“ Aha!

Hier lagert das Bier in Weinfässern

Der Biersommelier, der sein Diplom bei der World Brewing Academy in Chicago gemacht hat, zaubert eine 66 cl Flasche „Müller Dreistern“ aus dem Schrank: Jahrgang 2012 und tatsächlich aus der ersten Abfüllung. Ein untergäriges, neun Monate im Weinbrandfass gelagertes Bier mit einem Alkohol-Gehalt von 6,1%. Es kommt optisch elegant daher in einer schwarz lackierten Flasche mit silberner Schrift. Licht kann ihm so nichts anhaben, weshalb das Bier mindestens sechs Jahre haltbar ist. „Eigentlich ist es ein stärker eingebrautes Festbier, ein bayerisches Märzen, das einen vollen Körper hat, malzbetont ist, mit honigartigen Noten. So ein Bier biete sich förmlich an, im Holzfass seine finale Reife zu bekommen, lächelt Müller. Man schmeckt Dörrobst vermischt mit Dörrpflaumen, eine leicht holzige Note, weich im Abgang. Die ideale Trinktemperatur liegt zwischen 11° - 14°C. Rund 17 Euro kostet die Flasche „Dreistern“ im Handel und sie ist Online erhältlich, in gehobenen Restaurants oder exquisiten Läden, wie Feinkost-Fischlein in Aschaffenburg.

Feinschmecker-Bier – auch für den kleinen Geldbeutel

„Das hier ist eher was für den kleineren Geldbeutel und kommt vor allem bei den Studenten wirklich sehr gut an – und beim weiblichen Geschlecht!“, meint Müller und stellt eine 33 cl Flasche des „Bayerisch Nizza Clubbiers“ auf den Tisch. Eine Hommage an seine Heimatstadt Aschaffenburg, die wegen ihres milden Klimas auch das bayerische Nizza genannt wird. Der 39-Jährige sorgte damit für ziemlichen Wirbel in der Brauer-Gemeinschaft, der Bayerische Brauerbund störte sich am „Bayerisch“ im Namen. Doch der Streit ist inzwischen beigelegt und das Clubbier ganz offiziell am Markt etabliert. Es war mehr oder weniger ein Mitbringsel von einer Amerika-Reise 2013, wo er sich intensiv mit hopfenbetonten Bieren auseinandergesetzt hat. Erst spät im Lagertank wird der Hopfen dazugegeben, so dass das Bier nicht bitter, sondern fruchtig wird. Die Farbe ist goldgelb mit einem weißlichen, trüben Ton. Die Idee: Ein heimisches Produkt  herzustellen, ein klassisches Weizenbier, das mit einer großen Menge an amerikanischen Aroma-Hopfensorten kalt gehopft wird. Sie schmecken nach Zitrone und Grapefruit, Thymian und Pinie, was den klangvollen Hopfensorten wie Citra, Chinook und Centennial zu verdanken ist. Die Gedanken schweifen gen Süden. 5,3% Alkohol enthält die Flasche und sie ist für rund 3 Euro zu haben.

Der bisherige Gipfel der Experimentierfreude

Abfüllanlage mit Flasche

Müllers Biere werden weder filtriert noch pasteurisiert, sind so naturbelassen wie möglich. Stolz greift der Aschaffenburger zur dritten und letzten Flasche, dem gerade abgefüllten „Backbone-Splitter“. Ein Starkbier mit fruchtigem Aroma-Hopfen, vollmalzigem Körper und stolzen 6,6% Alkoholgehalt. „Auch das hier ist mit einer überwältigenden Menge an Hopfen kalt gehopft. Alles amerikanische Aroma-Hopfen, die fruchtiger und mit mehr Citrus daher kommen“ schwärmt Müller. Die Farbe ist tief orange und obwohl es doppelt so viele Bittereinheiten wie ein Jever hat, schmeckt man eine feine Note Pfirsich, Mango und Litschi heraus. „Craft-Bier ist in Bayern und Franken schon immer da gewesen. Das waren und sind schlicht und einfach qualitativ hochwertige Biere, die in kleinen Brauereien hergestellt wurden. Der Begriff stammt aus einer Bewegung, die in den USA den Anfang nahm, als die Prohibition Ende der 70er Jahre aufgehoben wurde und jeder zweite anfing, zu Hause im Keller oder Garten Bier zu brauen.“ Bei Craft-Bier habe es der Konsument mit einem hohen Maß an Experimentierfreude, mit kreativen Ansätzen und einer qualitativ hochwertigen  Rohstoffauswahl zu tun. „Im Grunde ist Craft-Bier kein Produkt, sondern eine Philosophie!“

Der beste neue Brauer Bayerns

Dass der Bier-Philosoph vom Untermain mit seinen Kreationen ins Schwarze getroffen hat, wurde 2013 bekannt. Das Bewertungsportal ratebeer.com, eines der größten Bewertungsportale für Bier weltweit, hat den Aschaffenburger als „BEST NEW BREWER IN BAVARIA 2013“ gewählt. Was bei den Traditions-Brauern wohl nicht so gut angekommen sein dürfte. Bei Christian Hans Müller schon. Und auch wenn sein neuestes „Tröpfchen“ gerade erst abgefüllt wurde – an Ideen mangelt es ihm nicht. Mit Scotch-Malt-Whisky Fässern würde er gerne experimentieren.  Oder in Muskateller-Fässern Bockbier ausbauen, der vermutlich ältesten Edel-Rebsorte der Welt. Eines ist ihm schon gelungen: Neue Zielgruppen fürs Bier zu erschließen, obwohl bayernweit die Brauereien über einen Rückgang des Bierkonsums lamentieren. Sein Traum: Die Brauhaus-Gastronomie zeitgemäß interpretieren. Experimentelle Bier-Stile vor Ort brauen und aus dem Fass ausschenken. Weniger rustikal, mehr hip und zeitgemäß. Frischer Wind weht aus dem mediterranen Norden Bayerns hinein in den Freistaat.  

Geheim-Tipp:

Die „Auberge de Temple“ in Johannesberg bei Aschaffenburg – speisen mit Blick auf Spessart und Odenwald
Johannesberg ist eine knapp 4.000 Einwohner zählende Gemeinde 10 Kilometer nördlich von Aschaffenburg. Eine grandiose Aussicht auf Wälder und Täler, bei guter Sicht sogar bis nach Frankfurt, belohnen die Spaziergänger auf den zahlreichen Spazier- und Wanderwegen rund um die Höhengemeinde. In der liebevoll gestalteten „Auberge de Temple“ werden sowohl das edle „Müller-Dreistern“ als auch das „Bayerisch Nizza Clubbier“ ausgeschenkt. Der Genuss-Tempel ist unterteilt in ein Gasthaus im vorderen Bereich und das Sternelokal im hinteren, eingebettet in eine Kunstgalerie. Der als „Jeunes Restaurateurs d’Europe“ ausgezeichnete Koch Ludger Helbig wurde auch 2013 wieder mit einem Michelin Stern prämiert. Öffnungszeiten:
Dienstags bis samstags ab 18.00 Uhr.
Neu ist die „Siemens life Kochschule“ bei Sternekoch Ludger Helbig, der Hobbyköchen kulinarische Rezeptideen und Küchentipps gibt.
Die Kochwerkstatt wirkt als kreativer Treffpunkt, bietet die Möglichkeit, eigenhändig einen Mürbeteig zu kneten, frischen Fisch zu filetieren, ausgefallene Desserts zu kreieren oder Pralinen mit Kuvertüre zu überziehen. Die Kosten für einen Spargel-, Krustentier- oder Saucenkochkurs liegen bei rund 150 Euro.

Zum Übernachten bietet die exquisite Auberge sechs individuell gestaltete, außergewöhnliche und großzügige Zimmer. Die Preise für ein Doppelzimmer liegen zwischen 150 und 190 Euro.

Verzehrempfehlungen:

Das vollmundige Müller Dreistern, das ausschließlich mit deutschem Hopfen gebraut wird, passt prima zu deftigen Gerichten wie Wild und Gebratenem.
Das Bayerisch Nizza Clubbier eignet sich zu Fischgerichten wie die norwegische Fjord-Forelle. Christian Hans Müller nimmt es auch gerne zum Ablöschen eines Risottos und empfiehlt dazu in Dickmilch gebeizte Lammkoteletts mit Koriander und Orangenschalen.
Backbone Splitter – Die „zünftigste“ der drei Biersorten passt gut zu Hamburgern, Sparerips oder scharfen Gerichten wie der Thai-Küche, da die Bitterelemente des Biers die Schärfe neutralisieren und das Fruchtige hervorheben.

Verkauf:

Bei Feinkost-Fischlein in der Aschaffenburger Sandgasse ist sowohl das „Müller Dreistern“ als auch das „Bayerisch Nizza Clubbier“ erhältlich.


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