Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Bayern genießen im Oktober "Bunt"

Gelb sind die Stoppelfelder bereits seit Ende August, der Himmel drüber war heuer lang blau, die Wiesen sind noch grün, aber die Wälder werden bunt – Grund genug für uns, einmal das genussreiche Leben in Bayern in den farbigsten Bildern zu schildern.

Von: Gerald Huber

Stand: 06.10.2013 | Archiv

Die Themen von Bayern genießen im Oktober

  • Oberbayern: Barock – der bunteste Bauernhof Oberbayerns (Andreas Estner)
  • Niederbayern/Oberpfalz: Geheim – wie die Farbe ins Glas kommt (Renate Roßberger)
  • Mittel-/Oberfranken: Fein – in Nürnberg kochen Kinder nach Farben (Miriam Scholz)
  • Mainfranken: Lebendig – die bunten Pferde in den Haßbergen (Norbert Steiche)
  • Schwaben: Laut – die bunten Vespas vom Augsburger Königsplatz (Torsten Thierbach)
  • München: Gut – altberühmte Münchner Semmelspezialitäten wiederentdeckt (Hannelore Fisgus)

Redaktion und Regie: Gerald Huber

Oberbayern

Barock – der bunteste Bauernhof Oberbayerns

Die Farbe und das Färben haben eine interessante Verwandtschaft: Den Körper. Beide Wörter – Farbe und Körper – gehen nämlich auf die uralte Wortwurzel qwer zurück, die soviel bedeutet wie Form, Gestalt. Die Bedeutung Farbe kommt dann erst später über Zusammensetzungen: Rosenfarbig, heißt also zunächst rosengestaltig. Die Farbe ist nichts anderes als die optische Oberfläche der Dinge der Welt.

Und weil wir Menschen Teil dieser Welt sind, brauchen wir Farben. Gerade darin aber werden kulturelle Unterschiede deutlich. Je vernunftgesteuerter und inwendiger eine Religion, eine Kultur ist, desto eher lehnt sie die Buntheit als Lautheit der Welt ab. Je traditioneller und vielfältiger sie ist, desto eher neigt sie dazu, das Leben in allen Farben zu feiern. In Bayern ist es der katholische Süden, dem die zur Welt gewandte Oberfläche der Dinge eindeutig mehr Farbe wert ist.

Blick vom Bregenzer Wald über den Bodensee | Bild: BR zum Video mit Informationen traumpfade Der Maximiliansweg I - Bis zum Tegernsee

1858 trat der bayerische König Maximilian II. im Lindauer Hafen seine Reise durch die Bayerischen Alpen an: hoch zu Ross, doch manche Passagen ging selbst der König zu Fuß. 150 Jahre später wandern wir den Weg des Königs nach. [mehr]

In den oberbayerischen Tourismusorten wie Schliersee oder Reit im Winkl finden sich an Häusern bunte Heiligenbilder und Girlanden um Fenster und Türen – meistens billige Schablonenmalerei oder naive Kopien von Kirchenbildern – der oft arg daneben geratene Versuch, Gästehäuser für die Touristen aufzumascherln nach dem Vorbild der originalen barocken Lüftlmalerei. Aber diese Originale immerhin gibt’s auch noch. Zum Beispiel beim Jodlbauer im oberbayerischen Fischbachau, einem der berühmtesten Bauernhöfe Altbayerns. Hier gehört Buntheit zum stilvollen Programm.

Niederbayern/Oberpfalz

Geheim – wie die Farbe ins Glas kommt

Für unsere frühen Vorfahren waren Farben göttliches Geheimnis. Das Rot und das Braun der Erde beispielsweise ermöglichten es, Tiere an Höhlenwände zu malen und sich ihrer so zu bemächtigen. Kein Wunder, wenn man bald die Dinge in möglichst realistischen Farben malen wollte, kein Wunder auch, dass die Buntheit der Welt nicht leicht nachzuahmen war.

Wo soll man gutes, haltbares Rot hernehmen, wo beschafft man sich natürliches Blau? Die Farbenherstellung aus Pflanzen, Erden und Steinen war jahrtausendelang Arkanwissen von Schamanen und es dauerte lang, bis sich die Kunst und damit die Farbherstellung endgültig aus der engen Verbindung mit der Religion löste. Doch bis heute sind Farbrezepte gut gehütetes Geheimnis. Vor allem dort, wo mit klassischen Pigmenten wenig auszurichten ist.

Zum Beispiel bei der Herstellung von farbigem Glas. In der Hitze geschmolzenen Glases würde jedes Pigment verbrennen. So haben traditionelle Glashütten dafür ihre streng gehüteten Spezialverfahren. Beispielsweise die Glashütte der Freiherrn von Poschinger in Frauenau im Bayerischen Wald. Seit 1568 wird dort künstlerisches Glas in allen Farben hergestellt.

Mittel-/Oberfranken

Fein – in Nürnberg kochen Kinder nach Farben

Bayerische Spielkarten | Bild: picture-alliance/dpa zum Audio mit Informationen Bayern genießen Lust auf Farben

"Der Herbst ist der Frühling des Winters", hat Henri de Toulouse-Lautrec einmal gesagt. Die goldgetönten Pracht der Fülle des Herbst lässt so leicht keinen kalt. Freuen Sie sich auf eine Stunde Farbenradio aus ganz Bayern! [mehr]

Wahrscheinlich war es schon bei unseren tierischen Vorfahren so: Das Auge isst mit. Farbe ist ein wichtige Informationsträger für Nahrungsmittel. Was schaut giftig gelb aus, was verführerisch rot und reif? Was ist grün und braucht vielleicht noch Zeit? Bloß schade, dass solch uraltes Wissen, das die Menschheit im Lauf von Jahrtausenden angesammelt hat, in modernen urbanen Gesellschaften zusammen mit dem einfachsten Küchenwissen vom Verschwinden bedroht ist. Eine Initiative im Nürnberger Stadtteil St. Leonhard versucht da entgegenzusteuern. Dort lernen Kinder nach Farben zu kochen – unter dem Motto: Leonhard isst bunt.

Mainfranken

Lebendig – die bunten Pferde in den Haßbergen

Wie die Farbe hat auch das Wort bunt eine eigentümliche Geschichte. Noch im hohen Mittelalter kannte man es überhaupt nicht. Wenn man ausdrücken wollte, dass etwas vielfarbig ist, dann sagte man es ist veh. Feh kennen Kürschner noch heute als schwarzweißen Pelz. Im Spätmittelalter dann kam in den Klöstern das neue Wort bunt auf. Es stammt nämlich ab vom lateinischen Wort punctare, das soviel bedeutet wie stechen, sticken. Und Stickereien können sehr bunt sein. Aber ähnlich wie bei veh war mit bunt zunächst nur schwarzweiße Stickerei gemeint. Noch heute gibt es ja auch schwarzbunte Kühe, die eigentlich nur schwarzweiß sind. In Ableitung vom schwarzweißen Schachspiel sagt man zu so einer Zeichnung auch gescheckt. Solche Schecken oder Bunte gibt es auch unter den Pferden – auch wenn man sie in der internationalen Fachsprache heute als magic painted, also magisch bemalt bezeichnet. Manja Mehner und ihr Lebensgefährte Bertram Reußenzehn züchten seit vielen Jahren auf der Sulzenmühle bei Goßmannsdorf im Landkreis Haßberge gescheckte, bunte Araber. Für die Farbmischung aber gibt es kein Rezept.

Schwaben

Laut – die bunten Vespas vom Augsburger Königsplatz

Die Liebe zur Farbe, wir haben es schon erwähnt, ist grundsätzlich eine Frage der Kultur: Je weltzugewandter die der Kultur zugrundeliegende Religion ist, desto bunter sind in der Regel, Architektur, Mode, das Leben überhaupt. Das gilt für den Gegensatz zwischen Buddhismus und Hinduismus in Indien genauso wie für evangelische und katholische Regionen in Europa. Woher wohl kommt es, dass der eher katholische Süden rund ums Mittelmeer als besonders bunt und lebensfreudig wahrgenommen wird? Diese Länder sind offenbar auch außerhalb der Urlaubszeit so attraktiv, dass sich in Bayern gleich mehrere Städte um das zweifelhaft Etikett "nördlichste Stadt Italiens" streiten.

Kein Wunder, dass es nahezu ausschließlich katholische Städte sind, wie Augsburg sind, in denen die Bürger oft genug wetteifern, wer jetzt die stilgerechteste italianitá zur Schau stellt. Das fängt bei der Kaffeekultur an und hört oft genug beim fahrbaren Untersatz auf. So wird der Augsburger Königsplatz zur piazza del re, wo sich immer wieder freitags die ciclomotoristi treffen.

München

Gut – altberühmte Münchner Semmelspezialitäten wiederentdeckt

Bunte Semmeln | Bild: Hannelore Fisgus zum Download Hannelore Fisgus Slow Food will traditionelle Backwaren retten

Bei über 300 Sorten Brot, Semmeln und Gebäck verliert man leicht den Überblick. Doch viele stammen aus fertigen Backmischungen. Ob dieser Pseudovielfalt geraten aber altbekannte Semmel langsam in Vergessenheit - eine Initiative will sie retten. [mehr]

Eigentlich ist das Wort Roggensemmel ein Widerspruch in sich. Semmel ist ein ursprünglich lateinisches Wort, ein bairisches Erbe aus der Römerzeit: Semola heißt heute noch im Italienischen das Weizenmehl. Nur weißes oder Weizenbrot kann daher eine Semmel sein. Aus diesem Grund, gibt es neben der Semmel in Bayern auch noch zahllose Weckerl, Schuberl oder Laiberl. Vielmehr muss man sagen: Es hat sowas mal gegeben. Über die Ladentische der bayerischen Bäckereien und Backshops gehen heute zwar über 300 Sorten. Aber was da in so großer Vielfalt daherkommt ist oft Etikettenschwindel. Denn viele Brote und Semmeln mit bunten Kernen und Flocken, mit Leinsamen, Mohn und was es sonst noch alles gibt – stammen aus einem Sack – aus fertigen Backmischungen. Ob dieser Pseudovielfalt sind aber zum Beispiel in München altbekannte Brotarten schön langsam in Vergessenheit geraten, wie die Riemischen, die Pfennigmuckerln, die Schuastabuam oder die Maurerlaiberl.

Einige Münchner Bäckereien aber haben die traditionellen Münchner Semmeln wieder im Angebot:

Mehr Bayern genießen im Fernsehen: "Zwischen Spessart und Karwendel", sonntags, um 15 Uhr, auf BR-alpha.

Wissen Sie, wie die Farbenpracht des Herbsts zustande kommt? Wenn das wertvolle Chlorophyll, mit dessen Hilfe der Baum den Sommer über seine Energie gesammelt hat, aus den Blättern weicht und in die Wurzeln wandert, treten die weniger intensiven Farbstoffe in der Blattstruktur zutage, die sonst vom Blattgrün überdeckt wurden: Das gelbe Karotin oder das rote Anthocyan. Letztlich also ist die Buntheit des Herbsts nichts anderes als ein Finale furioso des Lebens. Aber keine Angst – der vermeintliche Tod der Pflanzen ist nur ein Schlaf unter der weiß-grau-braunen Decke des Winters. Auch die bayerischen Gärten schicken sich jetzt an, den Winterschlaf anzutreten. Mein Kollege Paul Enghofer hat Gärten in Ober- und Mittelfranken für seinen Bayern-genießen-Beitrag im Bayerischen Fernsehen besucht. In zwischen Spessart und Karwendel in zwei Stunden auf BR alpha. Bis dahin – einen schönen Sonntag!


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