Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Synagoge Bayreuth bald saniert In der Pogromnacht der völligen Zerstörung entgangen

Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938: Sie ist als Reichskristallnacht oder Pogromnacht bekannt. In dieser Nacht erreichte der Antisemitismus der Nationalsozialisten einen ersten traurigen Höhepunkt. In ganz Deutschland wurden etwa 1.400 Synagogen zerstört oder verwüstet. Rückschau: Warum die Synagoge in Bayreuth der totalen Zerstörung entging.

Von: Anja Bischof

Stand: 05.02.2017 | Archiv

Etwa 200 Menschen hatten sich am späten Abend auf Befehl unweit der Bayreuther Synagoge in der Münzgasse versammelt. Es handelte sich hauptsächlich um Mitglieder der SS, der SA und anderer Parteiorganisationen. Die Polizei hatte den Auftrag, bei dem, was dann kommen sollte, nicht einzugreifen. Der Historiker Norbert Aas hat die Geschehnisse im Buch Jüdisches Bayreuth niedergeschrieben.

"Es gab einen wichtigen Befehl, den Himmler um 23.45 Uhr an alle Polizeidienststellen gegeben hat. Zunächst hat er festgelegt, dass kein arisches Eigentum durch die Aktion zu Schaden kommen darf."

Norbert Aas

Das Opernhaus schütze die Synagoge

Dieser Befehl beinhaltete auch die Rücksichtnahme auf für die Nazis wichtige Nachbargebäude. Die Bayreuther Synagoge ist direkter Nachbar des markgräflichen Opernhauses, das Wilhelmine im 18. Jahrhundert bauen ließ. Heute ist es Unesco-Weltkulturerbe. Dieses zu schützen war den Nazis ein Anliegen. So entging die Synagoge in der Münzgasse wegen ihres Nachbars den Flammen, aber nicht der perfiden Zerstörungswut.

"Man hat die Synagoge innen verwüstet, das war gegen Mitternacht. Man hat sie geschändet. Man hat das Mobiliar auf die Straße geworfen. Gebetbücher wurden auf die Straße geworfen. Ein SA-Mann trug eine jüdische Kopfbedeckung."

Norber Aas

Alle Kultusgegenstände der jüdischen Gemeinde wurden in dieser Nacht zerstört oder geklaut. Doch etwas haben die Nazis übersehen oder ausgelassen. Der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Bayreuth, Felix Gothart, hat erst vor wenigen Jahren einen einmaligen Fund gemacht.

Sanierung kurz vor dem Ende

"Es gibt Bilder aus der Nazizeit, da ist das Dach aufgedeckt, es wurden Dinge vom Dach auf die Straße geworfen, die Ziegel, die Steine.  Man muss sich vorstellen, dass die Nazis auf dem Dach herumgekrochen sind und was sie nicht gefunden haben, ist eine Genisa, die zwischen 1760 und 1780 niedergelegt wurde."

Felix Gothart

Eine Genisa ist ein versteckter Hohlraum, in dem Schriftstücke gelagert wurden. Gothart fand unter einem Dachbalken mehrere 1.000 Dokumente. Ein Teil von ihnen soll im derzeit entstehenden jüdischen Museum ausgestellt werden. Auch die Bayreuther Synagoge wird noch ein paar Monate brauchen, bis ihre Sanierung beendet ist. Erste Einblicke haben die etwa einhundert Teilnehmer einer Veranstaltung des Ev. Bildungswerks bekommen. Felix Gothart sprach in diesem Rahmen auch von dem Wiederaufleben der jüdischen Gemeinde nach Kriegsende.

Die Synagoge schützte das Opernhaus

Die Amerikaner waren ja hier stationiert, und sie haben Menschen aus Konzentrationslagern nach Bayreuth gebracht. Hier entstanden auch einige Kibbuzim. In Bayreuth war eine Gemeinde mit 350 Mitgliedern 1946. Und die Synagoge wurde gleich wieder notdürftig hergerichtet.

Heute ist die Bayreuther Synagoge die älteste in Deutschland, die als Synagoge genutzt wird.

Auch, weil sie 1945 wieder mal ausgelassen wurde – vor der Zerstörung durch amerikanische Bomben. Manche Forscher gehen davon aus, dass dies Absicht war. Belegt ist es nicht. Aber wenn es so war, hat dieses Mal die Synagoge ihren Nachbarn, das Markgräfliche Opernhaus, gerettet.


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