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Apostolin der Apostel? Glossar

Stand: 30.03.2011 | Archiv

BegriffErklärung
Apokryphen, apokryphAls Apokryphen oder apokryphe (verborgene, geheime) Schriften werden alle Texte der christlichen Überlieferung bezeichnet, die nicht zum offiziellen Kanon (griechisch: Stab, Maßstab, Richtschnur) der Bibel zählen. Der Prozess dieser Kanonbildung dauerte mehrere Jahrhunderte. Die Bücher des Alten Testaments wurden gegen das Ende des 1. Jahrhunderts festgelegt. Der noch heute gültige Korpus des Neuen Testaments wurde auf dem Konzil von Karthago (357) als verbindliche Grundlage des Glaubens und der Verkündigung fixiert.

Ein wesentlicher Bestandteil der Neutestamentlichen Apokryphen sind frühchristliche Evangelien, die vom 1. bis zum vierten Jahrhundert meist unter dem Namen eines Apostels geschrieben wurden. Zu den bekanntesten Apokryphen gehören das Petrusevangelium, das Thomasevangelium, das Philippusevangelium, das Nikodemusevangelium oder die Kindheitsevangelien, in denen die Kindheit und Jugend Jesu erzählt wird. Zu den Apokryphen zählen ferner etliche Briefe und zehn Apostelakten, die von Missionsreisen berichten, sowie sieben Apokalypsen.

Das Korpus der Altestamentlichen Apokryphen ist konfessionell unterschiedlich festgelegt. Zu den Apokryphen nach dem evangelischen Kanon zählen: Das Buch Judith, das Buch der Weisheit, Jesus Sirach, das Buch Baruch, das 1. und 2. Buch der Makkabäer, der Brief des Jeremia, das Gebet des Manasse sowie die Zusätze zum Buch Daniel und zum Buch Esther. Zu den Apokryphen nach dem katholischen Kanon gehören: Das 3. und 4. Buch Ezra, das 3. und 4. Buch der Makkabäer, die Psalmen Salomos, das Gebet des Manasse, Psalm 151, das Buch der Jubiläen und das Buch des Benoni.
AttributAttribute (von lat. attribuere = zuschreiben, zuteilen) sind Kennzeichen einer Person in Form eines Gegenstandes oder Wesens. Allgemeine Attribute weisen dargestellte Personen einem bestimmten Kreis zu: Palme = Märtyrer; Buch = Apostel, Bischof; Krone = König etc.

Individuelle Attribute sind spezifische Kennzeichen einer bestimmten Person. Sie machen dargestellte Personen identifizierbar, sind aber nur dann verständlich, wenn man die dadurch einzitierte Geschichte kennt (z.B. Maria Magdalena im Haarkleid und/oder mit Salbgefäß bzw. von Engeln getragen). Oft wurden als Attribute jene Marterinstrumente gewählt, mit denen der Heilige geschunden wurde (z.B. bei Vinzenz der Rost oder der Mühlstein).
Gnosis / gnostischUnter den Begriffen Gnosis (griech. "Erkenntnis") oder Gnostizismus werden zahlreiche spätantike religiöse Bewegungen und Sekten sowie frühchristliche Strömungen und Glaubensrichtungen zusammengefasst, die ihren Höhepunkt im 2. Jahrhundert erreichen. Gemeinsame Kennzeichen sind ein mystisch geprägtes Welt- und Gottesbild sowie die dualistische Aufspaltung der Schöpfung in einen guten und bösen Aspekt. Grundgedanke ist dabei der Fall der Seele in die niedere, materielle Welt, die von einem bösen demiurgischen Gott geschaffen wurde. Um das Heil zu erlangen, muss der Mensch alles Materielle überwinden. Im Gnostizismus der ersten nachchristlichen Jahrhunderte verschmelzen Elemente der griechischen Philosophie und orientalischer Mystik mit einer überzogen allegorischen Auslegung des Christentums. Aus diesem Surrogat entstand der Manichäismus. Die aus zoroastrischen und frühchristlich-gnostischen Elementen vom persischen Prediger Mani (Manichäus, 216-274/277) begründete Strömung lehrte einen radikalen Dualismus zwischen Geist-Materie, Gut-Böse, Teufel-Gott. Dabei steht dem Herrscher des Lichtreichs der Herr der Finsternis unversöhnlich gegenüber, der Mensch kann nur durch die ungeteilte Verneinung der Welt das Heil erlangen. Obschon durch Diokletian verboten, breitet sich der Manichäismus in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts über ganz Nordafrika, Syrien, Südgallien, Kleinasien, Griechenland und Italien aus. Sein zentrales Anliegen ist die ungeteilte Verneinung der Welt. Im 6. Jahrhundert ist der Manichäismus in Europa zur Bedeutungslosigkeit abgesunken. Gnostische Elemente jedoch bestehen als Unterströmungen häretischer Ansätze fort und prägen auch die Lehren der Katharer im 12. Jahrhundert.
LegendeDer Begriff "Legende" leitet sich vom lateinischen Gerundiv legenda (das, was gelesen werden soll) ab. Gefördert wurde die Legende durch die kirchliche Vorschrift, die Heiligen an ihrem Festtag zu verehren. Für diesen Zweck wurden ihre Lebens- und Leidensgeschichten niedergeschrieben und gesammelt, oder, wenn entsprechende Berichte nicht greifbar waren, teils auch frei erfunden. Die so entstandenen Legenden wurden am Festtag des Heiligen beim Gottesdienst oder während der Klostermahlzeiten vorgelesen. Zunächst wurde nur das Buch, in dem die betreffenden Leidensgeschichten enthalten waren, als Legenda bezeichnet. Später wurde es üblich, mit diesem Wort auch die einzelnen Texte im Sinne einer Gattung zu benennen.

Im 15 Jahrhundert zeichnet sich ein Bedeutungswandel ab: Neben der Heiligen-Vita nimmt der Begriff die Färbung eines nicht beglaubigten, unbewiesenen Berichtes an, um im 16. Jh. schließlich für unglaubwürdige, unwahrscheinliche Erzählungen zu stehen. Diesen Zug belegt Luthers Verballhornung des Wortes zur "Lügende".

Heute ist die ursprüngliche Bedeutung vielfach verdrängt; unter einer Legende verstehen wir einerseits nicht auf Tatsachen basierende, pure Erfindungen schlechthin, andererseits werden damit in ihrem Umfeld bedeutsame, unerreichte Leistungen etwa als Rock- oder Sportlegende personifiziert.
Noli me tangereNoli me tangere (berühre mich nicht) lauten in der lateinischen Vulgata die Worte Jesu (Jo. 20,17) bei der österlichen Begegnung mit Maria Magdalena. Aus dem Wortlaut des Berührungsverbots entwickelte die bildende Kunst, besonders die Malerei des 14. - 17. Jahrhunderts, den eigenständigen Bildtyp des Nolimetangere. Dargestellt wird die Erscheinung des Auferstandenen mit Maria Magdalena vor dem leeren Grab. Beliebt war vor allem in der Renaissance und im Barock auch die Darstellung Christi als Gärtner (nach Jo. 20,14-18).

NameWerdegang
Gregor der Große
(um 540-604)
Gregor I., genannt der Große, wurde um 540 in Rom geboren. Er entstammte einem senatorischen Adelsgeschlecht und schlug nach einer rhetorisch-juristischen Ausbildung zunächst die klassische Ämterkarriere der Spätantike ein. 572/73 war er römischer Stadtpräfekt. Mit seinem Erbe stiftete er sechs Klöster in Sizilien und gründete in Rom das Benediktinerkloster St. Andreas, wo er um 75 als Mönch eintrat. 577 wurde er zum Regionardiakon geweiht, anschließend ging er Gesandter (Apokrisiar) des Papstes nach Konstantinopel. 585 kehrte er in sein römisches Kloster zurück. 590 wählten ihn Senat, Klerus und Volk einstimmig zum Papst. Gregor verweigerte die Annahme des Amtes und floh aus der Stadt. Drei Tage später wurde er aufgefunden, im Triumphzug nach Rom geleitet und am 3. November 590 zum Papst geweiht. Als erster Mönchspapst der Geschichte machte er die Regel des Hl. Benedikt von Nursia für die gesamte römisch-katholische Kirche verbindlich. Zudem ordnete er die Verwaltung des päpstlichen Grundbesitzes (patrimonium Petri) und legte so den Grundstein für das Entstehen des späteren Kirchenstaats.

Aufgrund seiner allegorischen und moralischen Bibelkommentare, seiner Evangelienauslegungen (Homilien) und Lehrbriefe wurde er neben Ambrosius, Augustinus und Hieronymus zum vierten Kirchenlehrer erhoben. Gregor der Große starb am 12. März 604 in Rom, 1295 wurde er heiliggesprochen.
Hippolyt von Rom
(um 170-236 n.Chr.)
Hippolytos (Hippolit von Rom) wurde um 170 nach Christus vermutlich in Alexandria geboren. Kurz vor der Wende zum 3. Jahrhundert erlangte er großen Einfluss im römischen Klerus. Er widmete sich als Prediger dem Kampf gegen häretische Strömungen, vor allem gegen die Gnosis. Als Callixtus zum Bischof von Rom gewählt wurde, ließ sich Hippolyt zum Gegenbischof wählen. Schließlich wurde er selbst der Häresie beschuldigt und nach Sardinien verbannt, wo er wahrscheinlich 236 verstarb. Nach seinem Tod wurde er rehabilitiert. Seine Gebeine wurden nach Rom überführt und er selbst zum Märtyrer erklärt. Seitdem wird Hippolyt als Heiliger verehrt (13. August).
Maria Aegyptica (Maria von Ägypten)
(um 340-420)
Maria Aegyptica (Maria von Ägypten) ist eine nur legendenhaft fassbare Sünderheilige und Eremitin. Laut Legenda Aurea wurde sie um 340 in Alexandria geboren und starb um 420 bei Jericho.

Die Legende berichtet, sie habe als Prostituierte in Alexandria gelebt, bevor sie sich zu einer Wallfahrt nach Jerusalem aufmachte. Als sie dort die Grabeskirche besuchen wollte, habe ihr eine unsichtbare Hand dreimal den Eintritt verwehrt. Schließlich bittet sie die Gottesmutter um Beistand und kann nach einem Gebet die Kirche betreten. Dieses Erlebnis wendet ihr Leben. Maria bereut ihre Sünden und zieht sich in die Wüste zurück, wo sie 46 Jahre als Einsiedlerin lebt. Nach dieser Zeit sucht ein Mönch die Eremitin am Ostertag auf. Er findet sie vollständig von Haaren bedeckt, unter dem Fellkleid ist sie nackt. Maria bittet den Mönch, sie nach einem Jahr wieder am Ostertag zu besuchen und ihr die Kommunion zu bringen. Als er sein Versprechen einlösen will, versperrt ihm ein Jordanhochwasser den Weg. Maria kommt ihm entgegen, segnet die Fluten, schreitet über das Wasser und empfängt die Eucharistie. Im folgenden Jahr findet der Mönch nur ihren unverwesten Leichnam vor und die in den Sand geschriebene Bitte, dass er sie begraben möge. Ein Löwe hilft ihm, das Grab auszuheben. Im 6. Jahrhundert hat sich um das Grab eine Wallfahrt entwickelt, die durch zahlreiche Legenden gestützt wird. Aufgrund der Nähe zu den Legenden um Maria Magdalena und der ähnlichen Attribute (Haarkleid, Büßerin, Einsiedlerin, Sünderin) werden beide häufig verwechselt und vermischt.
Voragine, Jacobus de
(um 1230-1298)
Jacobus de (auch da od. a) Voragine wurde um 1230 in Virragio (heute Varraze) bei Genua geboren und starb am 14. Juli 1298 in Genua. Er trat dem Dominikanerorden bei, war Prediger, Professor der Theologie und Erzbischof von Genua.

Sein wichtigstes Werk ist die Legenda Aurea, die bedeutendste und traditionsmächtigste Sammlung von Heiligenlegenden des gesamten Mittelalters. Neben ausholenden, teils kritisch kommentierten Viten kommt der heilsgeschichtlichen Ausdeutung des Heiligenlebens eine zentrale Rolle zu. So stellen die Legenda Aurea ihrem Wesen nach weit mehr dar, als eine bloße hagiographische Anekdotenhäufung: Die Abfolge der Legenden orientiert sich am Kirchenjahr, insgesamt bilden sie die göttliche Ordnung, das Offenbarungs- und Verheißungsgeschehen ab, wie es im und durch den Heiligen "allen Augen sichtbar wird".

Das Werk wurde schon früh in die meisten europäischen Volkssprachen übertragen. Eine deutsche Ausgabe des bis dahin nur lateinisch verbreiteten Werks erschien 1470. Die von Jacobus ausformulierten Erzählungen prägten die Bildsprache sowohl des Mittelalters bis hinauf zum Barock.

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