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Frauen in den Hindu-Religionen Glossar

Stand: 04.05.2016 | Archiv

BegriffeErklärung
Eve TeasingMit diesem Begriff wird die sexuelle Belästigung von Frauen im öffentlichen Raum - die Spanne reicht von anzüglichen Bemerkungen bis hin zum Begrapschen - beschönigend bezeichnet.
Fehlende FrauenIn Indien fällt es jungen Männern zunehmend schwer, eine Frau zu finden. Der Männerüberschuss wird derzeit auf etwa 35 Millionen geschätzt. Der Frauenmangel steht in engem Zusammenhang mit der patriarchalischen Gesellschaftsordnung in weiten Teilen des Landes. Ein Sohn muss den Fortbestand der Familie sichern und die Eltern im Alter versorgen. Außerdem glauben viele Anhänger der Hindu-Religionen, ihnen stünde nach dem Tod ein endloses Umherirren bevor, wenn nicht ein Sohn das Bestattungsritual vorzieht.
Die Mädchen verlassen mit der Heirat das Elternhaus. Sie werden in die Familie ihres Mannes eingegliedert und haben fortan kaum mehr Bindung an Vater und Mutter. Das Problem der Mitgift verschärft die Lage zusätzlich. Versuche, überhöhte Heiratsgutforderungen auf dem Wege der Gesetzgebung einzudämmen, sind bislang gescheitert. Wird eine Hochzeit arrangiert, muss die Familie der Braut einen beträchtlichen Teil ihres Besitzes an die Sippe des Bräutigams abgeben. Mädchen gelten deshalb als Belastung ("Ein Mädchen großzuziehen ist wie den Garten des Nachbarn zu wässern"). Männliche Nachkommen werden bevorzugt und entsprechende Praktiken (Abtreibung, Mädchenmord, gezielte Vernachlässigung) sorgen dafür, dass das natürliche Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern mehr und mehr verloren geht.
Die Folgen des Frauendefizits für Indiens Gesellschaft sind beträchtlich:
Nimmt die Zahl der Frauen weiter ab, werden weniger Kinder geboren, es gibt noch weniger Mädchen.Das Bevölkerungswachstum verlangsamt sich in den nächsten Generationen.Heiratswillige Männer suchen nach immer jüngeren Frauen. Entführungen, Frauenhandel und Heiratsmigration nehmen zu.Viele Männer bleiben trotzdem unfreiwillig ledig und müssen auf Nachkommen verzichten.Eine wachsende Masse frustrierter Junggesellen birgt ein hohes Gewaltpotential. Am Ende erledigt sich der indische Männlichkeitskult womöglich von selbst.
PuranaPurana (altind. Erzählung) meint eine Sammlung religiöser Texte, die in unterschiedlichen Versionen vorliegen, aber auf einem gemeinsamen Kern basieren. Puranas beschäftigen sich mit den Themen Schöpfung/Wiederschöpfung; Genealogie von Göttern und Weisen; Zeiträume, in denen Manu, der Urvater der Menschheit, wirkt sowie der Geschichte der Königsgeschlechter.
TotenfolgeEine oder mehrere Personen eilen einem Verstorbenen im Zuge einer mit Ritualen verbundenen, oftmals öffentlichen Aktion in den Tod nach. Bei der institutionellen Totenfolge werden Diener, Maitressen und enge Mitarbeiter eines Herrschers zu dessen Ehren getötet. Bei der individuellen Totenfolge stirbt die Ehefrau - dem Anschein nach - freiwillig. Selbstmorde verzweifelter Trauernder oder Menschenopfer werden nicht als Totenfolge gewertet.
Die Totenfolge steht, wie der Historiker Jörg Fisch ("Tödliche Rituale") herausgearbeitet hat, in engem Zusammenhang mit Jenseitsvorstellungen, in denen das jenseitige Leben als Fortsetzung des diesseitigen betrachtet wird.
Wie die Untersuchung von Gräbern quer durch die Kontinente belegt, war die Totenfolge, abgesehen von Teilen West- und Südeuropas, über Jahrhunderte hinweg weltweit verbreitet, wenngleich sie eher in Ausnahmefällen praktiziert wurde.
Totenfolge macht gesellschaftliche Fallhöhen besonders deutlich. Andere Menschen mit dem eigenen Ableben in den Tod zu reißen, gilt als besonderes Vorrecht von Machthabern - oder von dominierenden Männern.
In Indien ist die Totenfolge eng mit der über Jahrhunderte fest zementierten Unterdrückung der Frau verbunden. Um die männliche Dominanz (und die Kontrolle über die Sexualität der Frau) zu sichern, sank das Heiratsalter beständig, selbst Kleinkinder wurden mit älteren Männern verheiratet. Entsprechend viele junge Witwen mussten - überspitzt formuliert - "entsorgt" werden. Mit der Selbstverbrennung erhielt eine Witwe die Gelegenheit zu einem ruhmvollen Abgang, zu ihren Ehren wurde nicht selten ein Tempel errichtet, das Ansehen ihrer Familie stieg. In Indien hielt sich das archaische Ritual der Witwenverbrennung (Sati) trotz Verbots durch die britische Kolonialmacht im Jahr 1829 bis weit ins 20. Jahrhundert. Nach wie vor werden Todesfälle aus entlegenen Gegenden des Subkontinents gemeldet, wobei die Grenze zwischen Selbstmord (etwa um einem Witwenleben in Armut und gesellschaftlicher Isolation zu entgehen) und Mord fließend scheint.
VedaAls Veda oder Veden (altind. Wissen) wird eine anfangs mündlich überlieferte, dann verschriftete Sammlung religiöser Lieder und Sprüche, umfangreicher Prosatexte und theologischer Abhandlungen bezeichnet. Der Veda gilt in orthodoxen hinduistischen Traditionen als Offenbarung.

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