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Calvins triumphale Rückkehr nach Genf

Johannes Calvin Calvins triumphale Rückkehr nach Genf

Stand: 09.08.2017

Die Stadt Genf mit einer Brücke | Bild: picture-alliance/dpa

Inzwischen haben sich die Dinge in Genf verändert. Die Gegner Farels und Calvins sind gestürzt, ihre Anhänger gewinnen an Einfluss und dominieren schließlich den Magistrat. Ende Oktober beschließt der Rat, Calvin und Farel zurückzurufen. Calvin sträubt sich zunächst vehement, schließlich aber kann ihn Farel zur Rückkehr bewegen. Am 13. September 1541 wird der Reformator mit allen Ehren in Genf empfangen, wo ihm der Magistrat ein Wohnhaus zur Verfügung stellt und ein Gehalt bewilligt.

Vier Schultern tragen die Kirche

Kaum in Genf angekommen, nimmt der jetzt 32-jährige unverzüglich die Neuordnung der Gemeinde an genau der Stelle auf, wo er sie drei Jahre zuvor unterbrochen hatte. Er arbeitet eine Kirchenordnung (Ordonannces ecclésiastiques) aus, die zunächst am 20. November 1541 vom Rat angenommen und am 2. Januar 1543 von der Bürgerschaft als Staatsgrundgesetz der Republik Genf bestätigt wird. Mit den Ordonannces setzt Calvin eine Ämterordnung nach Straßburger Vorbild durch. Sie verteilt die Leitung der Kirche auf vier Schultern:
•    die Pastoren sind mit der Seelsorge, der Verkündigung und der Verwaltung der Sakramente betraut,
•    die Doktoren kümmern sich um die Entfaltung der rechten Lehre, die theologische Ausbildung und die Schulen,
•    die Ältesten sind mit der Gemeindeaufsicht beauftragt,
•    die Diakone sind für die Armen- und Krankenfürsorge zuständig.

Magistrat oder Geistlichkeit: Wer schafft an?

Trotz aller Erfolge steht die alte Frage nach dem Verhältnis zwischen weltlichem und geistlichem Regiment noch immer im Raum. Der Magistrat fordert nach wie vor ein Mitsprache- und Mitgestaltungsrecht, vor allem in allen Belangen der Kirchenzucht. Nach Vorstellungen des Rates soll die Kirchenzucht einem Konsistorium aus sechs Pfarren und zwölf Ältesten unterstehen. Dieses als Genfer Sittengericht berühmt gewordene Gremium unterwirft die Lebensführung jedes Einzelnen einer strengen, dauernden Aufsicht. Es kann Verstöße aufdecken, anprangern, abmahnen, aber keine weltlichen Strafen aussprechen. Auch für die Exkommunikation ist ausschließlich die weltliche Obrigkeit zuständig. Über die Auswahl der Ältesten und der Pfarrer soll alleine der Rat entscheiden, die Pfarrer haben nur ein Beratungsrecht.

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Johannes Calvin (1509-1564) | Bild: picture-alliance/dpa / Mary Evans Picture Library zum Thema Johannes Calvin Der Genfer Reformator

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