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Thema Die Entstehung von Gebirgen

Die Vorstellung der Wissenschaftler von der Erde hat sich in den letzten Jahrzehnten gewaltig geändert. Früher interessierten sie sich für den Aufbau des Erdinneren und die Strukturen der Oberfläche. Inzwischen ist ihnen bewusst geworden, wie dynamisch sich die Erdkruste verändert.

Stand: 17.12.2014 | Archiv

Der Similaun-Gletscher in den Alpen | Bild: picture-alliance/dpa

Die Haut der Erde besteht aus Platten, die auf einem zähflüssigen Untergrund von bis zu 500 Grad Celsius heißem, knetmasseweichem Gestein aufliegen und träge gegeneinander reiben, angetrieben von einem beständigen Kreislauf im Erdinneren. Das ist ein unablässiges Geschiebe und Gedränge: Eine Platte knautscht die andere oder schiebt sich unter sie. Wenn zum Beispiel eine ozeanische Platte unter eine kontinentale rutscht, faltet sie deren Ränder auf. So sind die amerikanischen Rocky Mountains und die südamerikanischen Anden entstanden. Treffen zwei kontinentale Platten aufeinander, verwerfen sich die Grenzlinien. So taucht der Himalaya dort auf, wo der Indische Subkontinent gegen die asiatische Platte drückt. Ebenso steigen die Alpen nach oben, wo Afrika gegen den eurasiatischen Kontinent drängt. Mit der kinetischen Energie der afrikanischen Platte könnte eine Glühbirne nicht einmal eine Stunde brennen. Und doch haben sich in Dutzenden von Millionen Jahren Massive von weit über 4.000 Metern Höhe aufgefaltet. Viel tiefer, nämlich Dutzende von Kilometern reichen sie hingegen mit ihren Wurzeln in den Erdmantel hinein.

Bewegung und Erosion der Gebirge

Der Mount Everest im Himalaya-Gebirge

Sobald ein Brocken wagt, über den Durchschnitt der Ebene hinauszuragen, wird er von Wind und Wetter, Eis und Schnee abgeschliffen, zersetzt, erodiert. Auffaltung und die Erosion veranstalten einen Wettlauf ohne Sieger und Ende. Kaum rasselt Gestein ins Tal, wird der Berg leichter, und augenblicklich schiebt sich von unten Gebirge nach. Je höher das Gebirge steigen will, desto schneller arbeitet die Erosion. Und je schneller die Erosion frisst, desto schneller hebt sich das Gebirge. Gleichwohl steigen Himalaya und Alpen im Jahr um wenige Zentimeter. In den Himmel wächst der tibetische Sitz der Götter dennoch nicht. Wenn die Erosion die Krustendicke nicht mehr effizient abbaut, kollabiert das Gebirge unter seinem wachsenden Gewicht und zerbricht in die Breite. So weichen die Alpen dem südlichen Druck der afrikanischen Platte in die pannonische Ebene Ungarns und der Himalaya der indischen Platte ins östliche Tibet aus.

Uralte Gesteinsmassive

Eines der ältesten Gesteinsmassive ist das Kaledonische Gebirge. Es faltete sich vor 400 Millionen Jahren, als Europa und Nordamerika noch ein Kontinent waren. Das Massiv zog sich von Skandinavien über die Britischen Inseln und Grönland bis zu den heutigen Appalachen Nordamerikas. Die Erosion hat diese Faltungen komplett glatt geschliffen. Vom so genannten variskischen Gebirge ist dagegen noch allerhand übrig. Es entstand im Karbon vor 300 bis 33 Millionen Jahren und reichte von Spanien über Frankreich, Zentralfrankreich bis nach Südengland, Polen und Südosteuropa. Reste davon sind zum Beispiel die deutschen Mittelgebirge Schwarzwald, Rhön, Fichtelgebirge und Thüringer Wald.

Noch ein Gebirge ist so alt wie das variskische, besitzt aber heute noch stolze Berge mit bis zu 7.500 Meter hohen Gipfeln: der Tienshan zwischen Kasachstan, Kirgistan und dem östlichen China.


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