Bayern 2 - radioWissen


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Überall vorhanden und doch knapp

Von: Hellmuth Nordwig / Sendung: Hellmuth Nordwig

Stand: 17.05.2018 | Archiv

Mensch, Natur und UmweltMS, RS, Gy

Sand: Den gibt es doch wie Sand am Meer! Das war einmal. Denn der Vorrat geht zur Neige. Die Bauindustrie braucht viel mehr Sand, als die Natur liefert. Die gravierenden Folgen: Strände verschwinden, eine Sandmafia ist entstanden.

Sand bildet sich, wenn Gestein verwittert oder Korallenriffe dem steten Wellenschlag ausgesetzt sind. Bis die Einflüsse der Natur diese Mineralien zu Körnchen gemahlen haben, die nicht einmal zwei Millimeter groß sind, vergehen Tausende, manchmal Millionen von Jahren. Sand ist also geradezu ein Symbol für Entschleunigung in der Natur, für die stete Kraft, die alles schafft - die aber ihre Zeit dafür braucht.

30 Milliarden Tonnen pro Jahr

Dieses äußerst langsam nachwachsende Gut verbraucht die Menschheit in immer schnellerem Tempo. Pro Jahr werden zurzeit 30 Milliarden Tonnen benötigt. Diese unfassbare Menge entspricht einer Mauer um den Äquator, 20 Meter dick und 20 Meter hoch, jedes Jahr. Vor allem die Bauindustrie hat einen enormen Bedarf an Sand. Ihr wichtigstes Material ist Beton, und der besteht zu zwei Dritteln aus den winzigen Gesteinskörnchen.

Dort kann man ihn bisher auch nicht ersetzen, denn zusammen mit Zement und Kies bildet nur Sand dieses ideale Baumaterial. Es ist fest genug, um dem Druck seines eigenen Gewichts standzuhalten. Nur aus Beton lassen sich deshalb große Brücken und Hochhäuser bauen. Dafür kann die Bauindustrie aber keinen Wüstensand verwenden. Seine Körnchen sind vom Wind zu klein und zu rund geschliffen worden, um ausreichend Druck tragen zu können. Bauen kann man nur mit Sand aus Flüssen und Meeren.

Wo die Sandmafia regiert

Weil dieser begehrte Baustoff mancherorts knapp wird, geht es beim Abbau nicht immer mit rechten Dingen zu. In Marokko verschwinden Strände über Nacht und werden buchstäblich auf Eselsrücken abtransportiert - um letztlich in Hotelanlagen verbaut zu werden, denen dann die Hauptattraktion fehlt: der Strand. In Indien sind bereits Umweltschützer und Beamte umgebracht worden, weil sie den illegalen Sandabbau in den Flüssen publik gemacht hatten. Und Indonesien beklagt den Verlust einiger Inseln. Sie sollen ins Meer gerutscht sein, weil Singapur ihnen sozusagen den Sandboden unter den Füßen abgegraben hat.

All das wird wohl vorerst so weitergehen, denn erst vor einigen Jahren sind Experten auf das Problem aufmerksam geworden. Seitdem suchen Fachleute nach Lösungen. Doch weder alternative Baustoffe noch das Recycling von Sand sind derzeit spruchreif. Kurzfristig bleibt daher nur eine Möglichkeit: nur das zu bauen, was wirklich gebraucht wird. Doch auch davon ist die Menschheit zurzeit weit entfernt.


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