Bayern 2 - radioWissen


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Das blaue Duftwunder

Von: Kathrin Hasselbeck / Sendung: Elisabeth Duplantier

Stand: 16.07.2015 | Archiv

Mensch, Natur und UmweltMS, RS

Wahrzeichen der Provence: Mit süßlichem Duft und dunkelviolett symbolisiert der Lavendel Süd-Frankreich. Auf jedem Markt gibt es Wäschesäckchen, Seifen, Duftöle aus dieser Pflanze - damit ist sie auch von wirtschaftlicher Bedeutung.

Schon seit Jahrtausenden ist Lavendel bekannt. Früher noch wild wachsend, wird er seit Beginn des 20. Jahrhunderts aufgrund der großen Nachfrage systematisch angebaut. Als Erntezeit eignet sich am besten der August, weil es trocken und heiß ist. Dadurch steigen die ätherischen Öle des Lavendels in die Blüte. Und dieses Öl ist begehrt.

Die Gewinnung des blauen Goldes

Um das Lavendelöl zu gewinnen, muss es destilliert werden. Das geschieht meistens mit Wasserdampf: Wasser wird erhitzt, und der dabei entstehende Dampf weitergeleitet in einen Behälter mit Lavendelblüten. Der Wasserdampf vermischt sich mit den freiwerdenden ätherischen Ölen. Anschließend wird er zum Kondensieren in ein Gefäß mit kaltem Wasser überführt. Auf der dabei entstehenden Flüssigkeit schwimmt das ätherische Öl oben. Auch das restliche, leicht nach Lavendel duftende Wasser, das sogenannte Hydrolat, wird noch verwendet, zum Beispiel zum Parfümieren der Wäsche beim Bügeln.

Echter Lavendel und 'Lavandin'

Weltweit gibt es rund zweihundert Lavendelarten, die sich jeweils durch ihre Blätter, ihre Blüten, aber auch durch ihren Duft voneinander unterscheiden. Besonders wichtig ist die Trennung zwischen zwei Hauptgruppen: dem sogenannten 'echten' Lavendel und dem 'Lavandin', einer Kreuzung des echten Lavendels mit Speiklavendel.

Mittlerweile macht Lavandin drei Viertel des Lavendelanbaus in Frankreich aus. Das liegt unter anderem daran, dass der echte Lavendel nur auf Flächen über 800m wächst. Außerdem ist Lavandin ertragsreicher: Weil er mehr Blüten pro Stängel hat, ergibt er bei der Destillation etwa drei Mal so viel ätherisches Öl.

Lavendel aus der Apotheke

Als Heilpflanze wirkt Lavendel vor allem beruhigend und entkrampfend - zum Beispiel als Tee. Lavendelöl hilft bei Insektenstichen, Verbrennungen ersten Grades und dient als wundheilendes Desinfektionsmittel. Allerdings sollte man es besser verdünnt anwenden. Wenn auf Entbindungsstationen Lavendelöl versprüht wird, hat man festgestellt, dass die Babys weniger weinen.

Beliebt auch bei Schädlingen

Zwischen 2005 und 2009 ist in Frankreich die Hälfte der Lavendelfelder eingegangen. Schuld daran sind Schädlinge und  Krankheiten. Zum Beispiel ist Lavendel sehr begehrt bei kleinsten Insekten aus der Familie der Zikaden. Sie fressen die Pflanzen, übertragen dabei aber auch noch ein Bakterium, mit dem sie infiziert sind - mit Phytoplasma. Die zunehmenden Dürreperioden begünstigen diese Entwicklung noch.

Als Gegenmaßnahmen versuchen Forscher, neue Lavendelarten zu züchten, die resistent gegen die Krankheit sind. Außerdem können Lavendelbauern ihre Pflanzen mit Kaolinite bestreuen, das ist weißer Lehm, der eine Schutzschicht gegen die Insekten bildet. Das Interesse daran, die Lavendelfelder zu erhalten, ist groß - denn die Provence ohne ihre violette Markenpflanze ist nicht vorstellbar.


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