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Nutztier und Kultfigur Rinder-Massenhaltung und ihre Folgen

Stand: 04.10.2012 | Archiv

Gefällte Bäume am Rande eines Urwaldes im brasilianischen Amazonasgebiet | Bild: picture-alliance/dpa

Seit einigen Jahren gelten Kühe als "Klimakiller ersten Ranges". Kühe würden ganz massiv zur Umweltverschmutzung und-zerstörung und zum Klimawandel beitragen. Vertreter dieser Theorie von der Kuh als "Klimakiller" führen folgende Argumente an:

Vernichtung der Regenwälder

Um Platz für Weiden und neue Felder für Mastfutter zu schaffen werden große Flächen an Regenwald in Mittel- und Südamerika gerodet. Schätzungen zufolge müssen für jeden Hamburger ungefähr sechs Quadratmeter Urwald weichen.

Desertifikation

Frei weidende Rinder fressen monatlich 400 Kilogramm Grünzeug, zertrampeln Pflanzen und Erdreich und tragen so zu Erosion und Abtragung von fruchtbarem Mutterboden bei und damit zur weltweiten Ausbreitung von Wüsten ("Desertifikation" oder "Sahel-Syndrom"). Betroffen sind vor allem Afrika, Nordamerika und Australien.

Wasserverbrauch

Kühe verbrauchen große Mengen des wertvollen Rohstoffs Wasser. In den USA beispielsweise dient beinahe die Hälfte des gesamten Wasserverbrauchs dem Anbau von Futtergetreide.

Grundwasserverschmutzung

Kühe verschmutzen mit ihren Fäkalien das Grundwasser – weltweit belaufen sich die organischen Abfälle auf eine Milliarde Tonne pro Jahr. Damit ist der Beitrag der Kühe zur Grundwasserverschmutzung schätzungsweise doppelt so hoch wie derjenige der gesamten nordamerikanischen Industrie.

Treibhausgase

Kühe schädigen vor allem durch das Methangas, das beim Wiederkäuen in ihren Vormägen entsteht, das globale Klima. Methan ist eines der wirkungsvollsten Treibhausgase. Kühe stoßen bis zu 250 Liter Methangas pro Tag aus. Damit beträgt die Treibhauswirkung der Kuhrülpser jährlich rund zwei Milliarden Tonnen und damit sind die Kühe ganz massiv am Aufheizen der Atmosphäre beteiligt.
Natürlich ist nicht die Kuh daran schuld, dass zu ihrer Haltung und Fütterung Wälder gerodet und Unmengen an Wasser und Energie aufgewendet werden. Die Verantwortung dieser ökologischen Fehlentwicklung liegt ganz bei den Menschen und ihrem modernen Konsumverhalten. Ein weltweites und schwer zu entwirrendes Geflecht an Viehaltern, Futtermittelproduzenten, Schlachtbetrieben, Lederverarbeitern, Rindfleischessern, Milchtrinkern und anderen Beteiligten trifft hier die Verantwortung. Die meisten Bewohner der westlichen Hemisphäre müssen sich bei dieser Entwicklung angesprochen fühlen.

Mittlerweile formieren sich Gegner der Sichtweise, dass Kühe "Klimakiller" wären. So arbeitet die deutsche Tierärztin Anita Idel folgende Punkte heraus:

Landwirtschaftstypen

Die bisherige Argumentation werfe nur einen sehr oberflächlichen Blick auf die Landwirtschaft. Es müsse unterschieden werden zwischen den verschiedenen Landwirtschaften - von nachhaltig und ressourcenschonend bis energieaufwändig industrialisiert.

Lachgas

Die Fixierung auf das Methangas greife zu kurz - viel größer sei die Schädigung durch das sogenannte Lachgas, das 296-mal schädlicher sei als CO2 (im Vergleich dazu: Methangas ist 25-mal schädlicher). 75 Prozent des gesamten Lachgasausstoßes in Europa werde durch das Ausbringen von Kunstdünger für das Turbowachstum der Monokulturen verursacht.

Nachhaltige Beweidung

Kühe in nachhaltiger Landwirtschaft würden die Landschaft pflegen, Grün-, Weide- und Steppenland intakt halten und damit Kohlenstoff im Boden speichern. Nachhaltige Beweidung fördere die Humusbildung und jede Tonne Humusbildung entlaste die Atmosphäre um 1,8 Tonnen CO2. Humusbildung sei der Garant für die Bodenfruchtbarkeit, die die zukünftige Versorgung der Menschheit mit Lebensmitteln sichere.


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