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Der Auwald Die Tierwelt

Stand: 16.01.2018 | Archiv

Pirol beim Nestbau | Bild: picture alliance / blickwinkel

Je intakter das Ökosystem, je natürlicher ein Auwald, desto artenreicher ist er. In oder am Gewässer finden zahlreiche Tiere einen Lebensraum. Allein die Böden sind vielfältig besiedelt:

Die Tierwelt der Auen

In lehmigen Flussböden entwickeln sich Fliegenlarven, Sandböden werden von Muscheln bewohnt, im Schlamm tummeln sich Mollusken (Weichtiere). Kleinkrebse, Rotatoria (Rädertiere) und Einzeller schätzen die Stillgewässer. In ruhigen Flussarmen finden wir Insekten wie Wasserkäfer und Wasserwanzen; mehr als 60 Prozent aller Libellenarten bevölkern die Auen. Wassergefüllte Mulden sind ideale Laichplätze für Amphibien. Zahlreiche Säugetiere, Vögel, Reptilien und Fische bleiben dauerhaft in den Auen, andere überwintern hier, brüten oder kommen zur Nahrungssuche.

Nicht nur Gewässer, auch die Wälder und Wiesen bieten attraktive Lebensräume. Morsche Bäume werden beispielsweise von Totholzkäfern, Spechten oder Fledermäusen aufgesucht. Der Mix aus offener Fläche und Wald lockt Schmetterlinge an. Über manche Uferwiesen schreitet der selten gewordene Große Brachvogel, in Tümpeln und überfluteten Mulden findet er ausreichend Nahrung. Uferschnepfen und Wachtelkönige kommen zum Brüten in die Auen. In den Steilhängen der Gewässer nisten Eisvögel, Kiesinseln werden von Flussseeschwalben angeflogen. Das Mündungsgebiet der Isar und die Donauschleifen sind bekannt für ihre beachtliche Blaukehlchenpopulation. Eine Besonderheit ist die Vogelkonzentration auf engstem Raum in Bayerns verbliebener Auenlandschaft: In der "Arche Noah" leben auf 0,5 Prozent der Fläche des Freistaats zwei Drittel der heimischen Brutvogelarten!

Der Biber - Botschafter der Weichholzaue

Der wohl eindrucksvollste Bewohner der Weichholzaue ist der Biber. Ausgewachsen wiegt er bis zu 30 Kilogramm - und ist damit schwerer als ein Reh. Das Nagetier wird, misst man vom Kopf bis zum Schwanzansatz, etwa einen Meter lang. Der platte, unbehaarte Schwanz, die Kelle, erreicht eine Länge von etwa 35 Zentimetern und wird im Wasser als Höhensteuer, an Land als Stützhilfe eingesetzt. An den Zehen der Hinterbeine des Bibers befinden sich Schwimmhäute. Die wuchtigen Nager mit dem dichten Fell und den markanten Grannenhaaren sind hervorragende Schwimmer und Taucher, an Land wirken sie eher plump.

Biber leben im Familienverband bzw. in Kolonien und beanspruchen Reviere, die sich mehr als zwei Kilometer entlang eines Ufers hinziehen können. Seinen Wohnkessel, die Burg, gräbt der Biber ins Ufer. In besonders flachen Auen errichtet er die Burg deutlich sichtbar in einem aufgestauten See. Der Eingang zur Behausung liegt für Feinde kaum zugänglich unter Wasser - was auch der Grund für die umfangreichen Staumaßnahmen ist.

Als Pflanzenfresser ernährt sich der Biber während der Vegetationsperiode überwiegend von Ufer-/Wasserpflanzen bzw. Trieben. Da er auf den Winterschlaf verzichtet, betätigt er sich in der kalten Jahreszeit als Holzfäller und ernährt sich von der Rinde einiger Pappel- und Weidenarten. Da sich die saftigste und wohlschmeckende Rinde in der Baumkrone befindet und Biber nicht klettern können wird - zum Ärger mancher Waldbesitzer - mit den kräftigen Schneidezähnen der Stamm gefällt.

Biber paaren sich im späten Winter, nach etwa 100 Tagen kommen die Jungen zur Welt. Nach drei Jahren sind die Jungbiber weitgehend ausgewachsen und entfernen sich aus dem Revier der Eltern. Mit dem Erreichen der Geschlechtsreife im Jahr darauf streben sie nach einem eigenen Revier.

Als Baumeister gestaltet der Biber "seine" Aue, indem er Wasserläufe anstaut, Dämme errichtet und kleine Seen anlegt. Damit schafft er Lebensräume für Amphibien, Fische und Insekten, die Vögel als Beutetiere schätzen.

Der Pirol - Botschafter der Hartholzaue

Die auffallend schwarz-gelben Pirole, amselgroße Singvögel, kommen aus dem Regenwald Zentralafrikas zum Brüten in unsere Auwälder. Im April erscheinen zunächst die Männchen, besetzen Reviere in der Hartholzaue und empfangen die Weibchen mit ihrem Balzgesang, der an Flötentöne erinnert. In Bäumen bauen sie gemeinsam das Nest. Gräser, Bast und Schlingpflanzenteile werden eingespeichelt und in einer Astgabel zu einem Hängekorb verwoben. Das Weibchen übernimmt das Brüten, das Männchen versorgt die Partnerin mit Futter (Brutzeit Mai/Juni, drei bis fünf Eier, Brutdauer zwei Wochen).

Die Jungen schlüpfen blind, die Eltern füttern sie mit Insekten und Beeren, ihr Jugendgefieder ist gelb-grau. Wenngleich die Jungen ab Juli zunehmend selbständiger werden, löst sich der Familienverband erst im August, kurz vor dem Abflug in die Winterquartiere auf. Während ihrer Zeit im Auwald leben die Pirole im dichten Gehölz. Sie meiden den Waldboden und erbeuten Insekten, darunter große, haarige Raupen, die in den Bäumen leben. Pirole trinken Tautropfen, sie können Wasser auch während des Fluges aufnehmen.


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