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Herrscherideal und harte Wirklichkeit

Ludwig II. Herrscherideal und harte Wirklichkeit

Stand: 17.09.2018

Büste von Ludwig II. von Bayern vor der Villa Wahnfried in der Richard-Wagner-Straße in Bayreuth | Bild: picture-alliance/dpa

Ludwig ist ein Bewunderer des französischen "Sonnenkönigs" Ludwig XIV. und seines Nachfolgers Ludwig XV., dem die Aufgabe zufiel, ein komplexes Herrschaftssystem in schwierigen Zeiten zu erhalten. In dem Maße, in dem ihn die Idee des Gottesgnadentums fasziniert, verwirrt ihn die "Verbürgerlichung" im 19. Jahrhundert.

Nach der Reichsgründung spürt der König, der so gern ein spätabsolutistischer Machthaber wäre, einen enormen Druck: Im Politikbetrieb Deutschlands entscheiden Reichskanzler und Kaiser, in Bayern machen sich die Sozialisten zunehmend bemerkbar und die Technokraten im Kabinett bringen ihm nur wenig Verständnis entgegen, wenn er den Komponisten Richard Wagner (1813-83) großzügig fördert, ihm ein Palais an der Brienner Straße verschafft und sogar ein Opernhaus bauen möchte.

Selbst die Presse wittert Geldverschwendung und kritisiert die enge Verbindung des Königs zu dem Musiker ("Wonne meines Lebens"'), dessen Opern "Tristan und Isolde" (1865), "Meistersinger" (1869), "Rheingold" (1869) und - noch kurz vor dem Frankreichkrieg - "Walküre" (1870) in München uraufgeführt werden.

Der König, der seine Person als "heilig" und "unverletzlich" betrachtet, verachtet die Gewaltenteilung ebenso wie die liberalen Reformen seines Vaters. Er fühlt sich unverstanden und lässt sogar nach Orten außerhalb Bayerns suchen, um dort als Alleinherrscher einen Musterstaat zu verwirklichen. Pläne, nach Costa Rica, Venezuela oder Afghanistan auszuwandern, scheitern. Territorien auf den Kanarischen Inseln sind zu teuer - Ludwig muss sich mit Herrenwörth (spätere Bezeichnung Herrenchiemsee) begnügen.

Ludwigs Weltflucht

Spätestens 1871, als Bayern in Deutschland aufgeht, muss König Ludwig II. die bittere Realität akzeptieren: Als Herrscher ist er auf der deutschen wie der internationalen politischen Bühne nur mehr Statist. Er verwirft Rücktrittsgedanken, steigt aber aus dem Politikbetrieb aus und taucht in eine Traumwelt ab, in der seine Ideale noch etwas gelten.

Die Prachtschlösser Linderhof, Neuschwanstein und Herrenchiemsee werden zu Zufluchtsorten. Der Hofrat Lorenz von Düfflipp erhält die Weisung, "nicht mehr von Politik zu sprechen, ohne dass Majestät um etwas fragen". Statt Armeen kommandiert Ludwig nun die Arbeiterscharen auf seinen Baustellen.

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Gemälde von Ludwig II. mit Uniform und Krönungsmantel / Exponat der Ausstellung "Götterdämmerung" | Bild: Haus der Bayerischen Geschichte zum Thema Ludwig II. Der Mondkönig

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