Bayern 2 - radioWissen


11

Download-Service Einsatz im Unterricht

Stand: 18.01.2016 | Archiv

Vorarbeit

Lernziele: An den Ufern des Nil entsteht im dritten Jahrtausend vor Christus mit dem Alten Ägypten eine der ersten und dauerhaftesten Hochkulturen der Menschheitsgeschichte. Die hier entwickelten politischen, religiösen, kultischen, wissenschaftlichen und künstlerische Ideen strahlen in den gesamten vorderorientalischen, griechischen und römischen Raum aus; deutliche Niederschläge der ägyptischen Vorstellungswelt finden sich beispielsweise in den Mythologien und Kulten der Antike, aber auch im Alten Testament. Sowohl die jüdische Religion wie auch die christliche Religion haben zahlreiche Berührungspunkte mit der Religion des Pharaonenreichs. Das lange Nachleben altägyptischen Gedankenguts inspiriert darüber hinaus das magisch-esoterische Denken der Renaissance bis hin zum Freimaurertum der Aufklärung.
Zu den großen Errungenschaften des Alten Ägypten zählt nicht zuletzt die Hieroglyphenschrift, ein seit dem dritten Jahrtausend vor Christus belegtes, komplexes Zeichensystem, das bis in die ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung gebräuchlich ist. Durch die Verbreitung des Christentums geraten jedoch schließlich nicht nur die kultischen und religiösen Traditionen des Alten Ägypten, sondern auch die "heidnischen Hieroglyphen" zunehmend in Vergessenheit. Bereits im sechsten Jahrhundert ist das Wissen um ihre Bedeutung und Lesbarkeit völlig verschüttet. Trotz zahlreicher ernsthafter und bisweilen esoterisch verstiegener Spekulationen ist nahezu anderthalb Jahrtausende lang niemand in der Lage, diese Schrift zu lesen. Ein Haupthindernis ist die gelehrte Überzeugung, dass die Hieroglyphen eine reine Symbol- und Bilderschrift darstellen, die nicht im Sinne einer Lautschrift gelesen, sondern nur gedeutet werden kann.
Dieser hartnäckig verteidigte Trugschluss kommt erst mit der Entdeckung des Steins von Rosette ins Wanken. Das einzigartige Dokument enthält ein Priesterdekret in drei inhaltlich gleichlautenden Ausfertigungen. Eine Version ist in griechischer Sprache und Schrift, die beiden anderen Fassungen in altägyptischer Sprache sind in Demotisch, einer ägyptischen Schrift, und zugleich in Hieroglyphenschrift festgehalten. Dem englischen Universalgelehrten Thomas Young und dem französischen Orientalisten Jean-François Champollion gelingt es aufgrund dieser unmittelbaren Vergleichbarkeit, das Rätsel der bislang hermetischen Hieroglyphenschrift zu lösen. Den endgültigen Durchbruch schafft schließlich der Franzose Jean-François Champollion. Er begreift, dass einzelne Hieroglyphen für Lautwerte, also für Buchstaben in unserem Sinne stehen und wie eine Lautschrift zu lesen sind. Mit seinen 1822 publizierten Forschungsergebnissen legt er ein erstes rudimentäres Hieroglyphenalphabet vor und schafft damit das Fundament für die vollständige Entzifferung der Hieroglyphen.
Die Radiosendung zeichnet das Leben dieses Pioniers der Ägyptologie, seine Vorgehensweise und die wesentlichen Stationen der Hieroglyphenentzifferung nach. Die Schülerinnen und Schüler

  • werden mit wesentlichen Stationen der Biografie Jean-François Champollions vertraut;
  • erfahren, woran die Entzifferung bis 1822 scheitert;
  • verstehen, wie Young und Champollion das Rätsel lösen;
  • begreifen die Bedeutung des Steins von Rosette und können die herausragende Leistung Champollions würdigen;
  • erhalten Einblick in grundlegende Strukturen der Hieroglyphenschrift;
  • lernen die Hieroglyphen als kombinierte Laut-, Bild- und Begriffsschrift kennen;
  • erahnen die Komplexität und Vielgestalt der hieroglyphischen Schriftfunktionen;
  • erkennen, dass trotzt der bahnbrechenden Pioniertaten Youngs und Champollions weitere langwierige und mühsame Detailarbeiten nötig waren, um Irrtümer zu tilgen und das Verständnis zu vertiefen;
  • werden angeregt, sich mit der Kultur des Alten Ägypten und ihrer Einflüsse auf das Abendland und die Gegenwart zu beschäftigen.

Einsatz im Unterricht

Hinführung zum Thema: Als Einstieg in die Stunde kann die Lehrkraft ein Bild mit Hieroglyphen zeigen und fragen, was die Schülerinnen und Schüler hier sehen. Dabei dürfte sehr rasch der Begriff "Hieroglyphen" fallen. Nun kann die Lehrkraft fragen, was Hieroglyphen sind und wie sie gelesen werden. Da nicht zu erwarten ist, dass die Schüler eine Antwort wissen, kann die Lehrkraft darauf hinweisen, dass diese Frage bis vor knapp 200 Jahren niemand beantworten konnte.
Motivierungsvorschlag für das gemeinsame Hören der Radiosendung: "Niemand wusste, wie man diese Zeichen lesen konnte und in welcher Sprache sie geschrieben waren. Es gab weder Wörterbücher, noch eine Grammatik oder sonst ein Hilfsmittel für die Entzifferung. Was die Hieroglyphen bedeuten, war 2000 Jahre lang ein echtes Rätsel. Zu seiner Lösung mussten zwei Dinge zusammenkommen: Ein kluger Kopf mit großem Ehrgeiz und detektivischem Scharfsinn und ein einzigartiger, außergewöhnlich glücklicher Zufall. Wie das geschehen ist, erzählt uns eine Radiosendung."
Nachdem die Neugier erweckt ist, hören die Schülerinnen und Schüler die Sendung ganz oder abschnittsweise. Alternativ können auch nur die Audio-Ausschnitte zugespielt werden.

Nacharbeit

Nachbearbeitung: Die Arbeitsblätter und Arbeitsaufträge dienen der Festigung des im Radiobeitrag vermittelten Wissens. Sie können entweder in Einzelarbeit, von Arbeitsgruppen oder im Klassenverband beantwortet oder als Hausaufgabe aufgetragen werden. Als Hilfsmittel stehen ein Glossar und das Sendemanuskript zur Verfügung. Die Ergebnisse werden im Plenum ergänzt und korrigiert. Die Sendungsausschnitte können zur Motivation und thematischen Strukturierung des Unterrichtsgesprächs oder als Unterstützung für das Ausfüllen der Arbeitsblätter eingesetzt werden.
Arbeitsblatt 1: "Der Stein von Rosette - Eine 2000 Jahre lang verstumme Welt lernt wieder sprechen". Das Arbeitsblatt fixiert die Bedeutung des Steins von Rosette für die Entzifferung der Hieroglyphen. Hilfestellungen bei der Bearbeitung und ergänzende Informationen bietet Audio-Ausschnitt 2: "Zwei Sprachen, drei Schriften - eine Steintafel als Denkanstoß".
Arbeitsblatt 2: "Bilder, die für Begriffe und Laute stehen: Young und Champollion entziffern die Hieroglyphen". Die Schülerinnen und Schüler halten fest, dass die Hieroglyphen bis zur Entdeckung des Steins von Rosette als reine Symbolschrift missverstanden wurden. Erst als Young und Champollion an diesem Dogma rütteln und den Lautwert der Hieroglyphen erkennen, gelingt die Entzifferung. Hilfestellungen bei der Bearbeitung und ergänzende Informationen bietet Audio-Ausschnitt 3:"Bildhaft, symbolisch, phonetisch - ein komplexes Schriftsystem".
Arbeitsblatt 3: "Die Hieroglyphen: Ein kombiniertes Laut-, Bild- und Begriffssystem zur Verschriftung der Welt." Die Schülerinnen und Schüler rekapitulieren wesentliche Aussagen zur Bedeutung und Funktion der Hieroglyphenschrift. Sie lernen, dass trotz der entscheidenden Pionierarbeit Champollions noch mühevolle Detailarbeit geleistet werden musste, bis die Entzifferung abgeschlossen war. Hilfestellungen bei der Bearbeitung und ergänzende Informationen bietet Audio-Ausschnitt 3:"Bildhaft, symbolisch, phonetisch - ein komplexes Schriftsystem".
Arbeitsblatt 4: "Jean-François Champollion: Wunderkind, Workaholic und Nerd im Bann der Hieroglyphen". Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich mit der Biografie, dem Charakter und der Lebensleistung Jean-François Champollions. Hilfestellungen bei der Bearbeitung und ergänzende Informationen bietet Audio-Ausschnitt 1: "Ehrgeizig, scharfsinnig, konsequent - Jean-François Champollion".

Lehrplanbezug

Lehrplan für die bayerische Mittelschule
5. Jahrgangsstufe
Geschichte/Sozialkunde/Erdkunde, 5.6 Ägyptische Hochkultur. 5.6.2 Leben unter der Herrschaft der Pharaonen: Der Pharao - König und Göttersohn zugleich; Totenkult und Götterverehrung
Kunst, 5.3 Begegnung mit frühen Kulturen - Entdecker und Ausgräber: Howard Carter findet den Grabschatz des Tutenchamun; Gestalten: Ein altägyptisches Geheimdokument

Lehrplan für die bayerische Realschule
5. Jahrgangsstufe
Kunst, 5.3 Kunst und Kommunikation: Die Schüler erhalten Einblicke in Anfänge, Vielfalt und Funktion der Schrift; Verbindungen und Kombinationen von Schrift und Zeichen: z. B. Piktogramme, Verkehrszeichen; Schriftzeichen interpretieren: z. B. Keilschrift, Hieroglyphen, Blindenschrift; Botschaften selbst gestalten: z. B. Bilderschrift, Geheimschrift
6. Jahrgangsstufe
Geschichte, 6.1 Menschen in der Vor- und Frühzeit: Abenteuer Archäologie: Bodenfunde zum Sprechen bringen; Ägypten, das Beispiel einer altorientalischen Hochkultur: Herrschaft, Gesellschaft, Kultur, Religion; Merkmale einer Hochkultur. 6.2 Die antike griechische Welt - eine Wurzel europäischer Kultur, Hellenismus: Kultur- und Wirtschaftseinheit im östlichen Mittelmeerraum
Kunst, 6.2 Kunstgeschichte - Kunstbetrachtung: ägyptische Hochkultur: z. B. Pyramiden, Plastiken, Tempelreliefs, Grabmalerei

Lehrplan für das bayerische Gymnasium
5. Jahrgangsstufe
Kunst, 5.2 Kommunikation und Medien: Schrift und Präsentieren. Einblick in die Frühformen der Schrift: die ägyptische Schrift als Beispiel einer Bilderschrift, griechische Buchstaben als Beispiel für eine Buchstabenschrift. 5.4 Bildende Kunst: Urzeit und Ägypten / Material in der Kunst: Beschreiben von Bildern und Plastiken aus der Urzeit und der ägyptischen Kunst; Erkennen verschiedener Erzählweisen und Funktionen (z. B. Jagdzauber, Begleiter im Reich der Toten, Verherrlichung), Beschreiben elementarer Architekturformen (Höhle, Hütte, Tempel, Pyramide
6. Jahrgangsstufe
Geschichte, 6.3 Ägypten - eine frühe Hochkultur: Herrschaft und Gesellschaft, Polytheismus und Monotheismus: Glaubensvorstellungen in Ägypten und im Judentum. 6.4 Die griechisch-hellenistische Welt: Alexanderreich und Hellenismus. Exemplarische Vertiefungen zu 6.2 bis 6.4: Schreiben in Bildern und mit Buchstaben. 6.7 Jahrgangsstufenbezogene exemplarische Vertiefungen: Totenkult, z. B. in Ägypten
Kunst, 6.2 Kommunikation und Medien: Schrift und Information: Einblick in die Entwicklung der Schrift


11