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Das Thema Atomkraft macht Angst

Stand: 18.04.2011 | Archiv

Reaktor von Tschernobyl | Bild: picture-alliance/dpa

Eine hundertprozentig sichere Form der Energiegewinnung gibt es nicht. Energie ist die Grundlage der heutigen modernen Gesellschaften, die Grundlage für Arbeit und Arbeit ist mit Risiken verbunden. Denn Menschen machen Fehler. Auch die konventionelle Energiegewinnung mit Kohle oder Öl belastet die Umwelt und fordert Menschenleben. Die Erforschung der Atomkraft erschloss der Menschheit eine gewaltige neue Energiequelle, die weniger klimabelastend ist als ältere Methoden und auf die viele Menschen am Anfang geradezu euphorische Hoffnungen setzten. Ende der 1950er Jahre schwärmte der Philosoph Karl Jaspers:

"Die Chance ist ungeheuer. Während die Atombombe verschwindet, würde die Atomenergie ein neues Zeitalter der Arbeit und Wirtschaft herbeiführen."

Karl Jaspers

Am Anfang stand die Hoffnung

Die Sozialdemokraten sahen das im Godesberger Programm von 1959 ganz genauso. Risiken? Die hielt man für hypothetisch, faktisch nahezu ausgeschlossen. Das sollte sich ändern.

"Das ist der Widerspruch unserer Zeit, dass der Mensch die Urkraft des Atoms entfesselte und sich jetzt vor den Folgen fürchtet; aber das ist auch die Hoffnung unserer Zeit, dass der Mensch im atomaren Zeitalter sein Leben erleichtern, von Sorgen befreien und Wohlstand für alle schaffen kann."

Godesberger Programm, 1959

Störfälle mit schlimmen Folgen

1979 explodierte der Reaktor des Kernkraftwerkes Three Miles Island im amerikanischen Harrisburg, wodurch es zur partiellen Kernschmelze kam. 100 Tonnen der zerstörten Uranbrennstäbe und 8.000 Kubikmeter radioaktiv verseuchtes Wasser mussten nach dem Unfall entsorgt werden.

Geisterstadt Prypjat in der Sperrzone um Tschernobyl

Am 26. April 1986 dann: Tschernobyl. Betriebsunfall. Im Reaktor steigt die Temperatur des Brennstoffs an, Kühlwasser erhitzt sich und verdampft. Der Reaktorkern explodiert. Es kommt zur Kernschmelze. Der radioaktive Niederschlag geht auch in Deutschland nieder. Bis heute kennt niemand die genaue Zahl der Opfer. Atomkraftgegner sprechen von bis zu 100.000 Toten und tausenden verstrahlten Menschen. Beide Male, in Harrisburg und in Tschernobyl, war menschliches Versagen die Hauptursache.

Tschernobyl hat sich ähnlich traumatisch ins Gedächtnis der Menschheit gebrannt wie die Atombombenabwürfe von 1945 über Hiroshima und Nagasaki. Seit Tschernobyl bröckelt die gesellschaftliche Akzeptanz der Atomkraft. Im Jahr 2000 beschließt die rot-grüne Regierung den Ausstieg aus der Atomwirtschaft. Schwarz-Gelb setzt dann, zehn Jahre später, eine Laufzeitverlängerung durch. Doch seit im März 2011 eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes die Welt erschüttert - das Erdbeben, der Tsunami im Norden Japans und das havarierte Kraftwerk Fukushima, vollzieht auch die CDU/FDP-Regierung einen dramatischen Richtungswechsel: Die älteren deutschen Meiler werden vom Netz genommen.


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