Bayern 2 - radioWissen


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Ein Gastmahl der Liebe

Von: Michael Reitz / Unterrichtsmodell: Britta Mentzel

Stand: 01.06.2011 | Archiv

Ethik und PhilosophieRS, Gy

Ein literarisches Gelage, das sich nicht am Wein, sondern an der Philosophie berauscht: Platons "Symposion" hat seit seiner Entstehung vor 2.400 Jahren nichts von seiner Anziehungskraft verloren.

Vordergründig ein Trinkgelage zur Feier eines Dichterpreises, im Kern ein Klärungsversuch des Phänomens "Eros": in seinem Dialog "Symposion" gelingt dem griechischen Philosophen Platon eine dialektische Annäherung an das große Menschheitsthema Liebe.

Die Teilnehmer des Gastmahls, so die deutsche Übersetzung für "Symposion", einigen sich auf (den) Eros als Gesprächsgegenstand und versuchen in ihren Lobreden das Wesen der körperlichen und geistigen Liebe zu ergründen. Die Höhepunkte des Abends sind die Argumente des Gastgebers Agathon und mehr noch die Rede von Sokrates, der die vorangegangenen Beiträge aufgreift und zu philosophischen Grundsätzen vertieft.

Im fiktiven Dialog mit der Priesterin Diotima abstrahiert Sokrates den – vor allem der Homoerotik vorbehaltenen – Ausdruck der körperlichen Liebe hin zum Streben nach dem Guten, Schönen und der Unsterblichkeit. Die später oft puritanisch fehlgedeutete "platonische" Liebe wird im "Symposion" als eine von der körperlichen Anziehung ausgehende Freundschaft im Geiste definiert. Ihr Ziel: die Idee des Guten und die Veredelung der Liebenden zu verwirklichen.

Mit dem scheinbaren Widerspruch von körperlicher und geistiger Liebe kämpfen Beziehungen bis heute – Platons Dialog aus dem Jahr 380 v. Chr. hat nichts von seiner Strahlkraft verloren.


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