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The Plastic People of the Universe Eine tschechische Rockband und die Charta 77

Rockmusiker, die nur ihr Ding machen wollen und in den Fokus der Politik geraten: Die Geschichte der tschechischen Band The Plastic People of the Universe, deren Fall die Charta 77 mit initiierte, ist ein wichtiges Kapitel der Gegenkultur in Osteuropa.

Stand: 23.11.2016

The Plastic People of the Universe | Bild: picture-alliance/dpa

Rockmusik ist, wenn sie gut ist, subversiv. Manche aber ist noch subversiver. Etwa die der tschechischen Band The Plastic People of the Universe, die im September 1968 vom Prager Bassisten Milan Hlavsa gegründet wurde, ein paar Wochen nach der Niederschlagung des "Prager Frühlings" durch die Armeen der Warschauer Pakt-Staaten.

Inspiriert durch Zappa und The Velvet Underground

Ivan Martin Jirous (hier 2009), Lyriker und Kunsthistoriker, war Ideengeber der Band.

Die Plastic People of the Universe waren inspiriert von der Musik von Frank Zappa, den Fugs und The Velvet Underground. Sie coverten zunächst die Songs ihrer Vorbilder, dann sangen sie auf Tschechisch und vertonten etwa Gedichte des verbotenen Lyrikers Egon Bondy. Sie weigerten sich, die Vorgaben der kommunistischen Funktionäre anzuerkennen und spielten laut an gegen die neue Schockstarre in der Diktatur. Schließlich wurden sie von der Staatsmacht dorthin verbannt, wo sie, aus Sicht des Husak-Regimes, hingehörten: in den Untergrund. Dort freilich konnten die Musiker die Musik machen, die sie wollten, wenn auch unter zunehmend schwereren Bedingungen.

"Wir hatten absolut kein Interesse, uns politisch zu engagieren. Die Behörden haben aus uns ein Politikum gemacht. Uns ging es allein um die Musik. Wir wollten so spielen, wie es uns gefällt. Wir wollten die Aufnahmen machen, die uns wichtig waren. Es stimmt, in einigen Texten gibt es ein paar kleine Stellungnahmen. Aber wir wollten nicht in die Politik eingreifen. Wir wollten einfach spielen."

Band-Mitglied Josef Janíček im radioThema

"Langhaarige Vandalen und Unruhestifter"

1976 griff die kommunistische Führung hart gegen The Plastic People of the Universe und auch andere alternative Rockbands in der Tschechoslowakei durch. Etliche Musiker wurden unter dem Vorwand, sie seien langhaarige Vandalen und Unruhestifter, ins Gefängnis geworfen. Im Spätsommer schließlich mussten sich einige der Inhaftierten vor Gericht verantworten.

Sind sich treu geblieben: Jiri Kabes und Vratislav Brabenec 2010 bei der Vorstellung ihrer Platte "Maska za maskou"

Der Dichter und Dramatiker Václav Havel protestierte daraufhin gegen das Regime, das jungen Menschen die Freiheit nahm, die Musik zu spielen, die sie spielen wollten. Die Prozesse wurden Katalysator für die Sammlung der Oppositionsbewegung im Land und schließlich für die Niederschrift der Charta 77, die Aufforderung an die Staatsmacht, die Menschenrechte zu respektieren. 40 Jahre nach diesen Ereignissen erzählen Zuzana Jürgens und Niels Beintker die Geschichte der Plastic People of the Universe - die Geschichte einer Gruppe von Musikern, die eigentlich nur Musik machen wollten und die doch - wider Willen - zum Spielball der Politik wurden. Historisch betrachtet sind die Plastic People und ihre Geschichte ein wichtiges Kapitel in der Geschichte des friedlichen Widerstandes und der Gegenkultur in den kommunistischen Diktaturen von Ost- und Mitteleuropa. Die Biografie dieser Band verdient es, nicht vergessen zu werden.

radioThema

"Rockin' in a free world"
Die Geschichte der Plastic People of the Universe

Von Zuzana Jürgens und Niels Beintker

Donnerstag, 24. November 2016, 20:03 Uhr


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