Bayern 2 - Notizbuch


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Weniger Rauchen Genießen ohne Sucht

Die überwiegende Mehrheit der Raucher ist unzufrieden mit dem eigenen Rauchverhalten. Der Wunsch vieler ist jedoch nicht, ganz damit aufzuhören, sondern weniger zu rauchen. Statt zwanzig Zigaretten am Tag nur fünf.

Stand: 01.04.2016 | Archiv

Weil aber auch wenige Zigaretten gesundheitlichen Schaden anrichten, wurde bisher die Rauch-Reduktion nicht als Kurs angeboten.

"Jeder zweite Raucher raucht weniger als zehn Zigaretten oder nicht täglich. Es ist also möglich, das Rauchen einzuschränken."

Diplom-Psychologin Alexa Kiss

Konzepte für einen kontrollierten Suchtmittelkonsum, wie es ihn bei Alkohol, Heroin oder anderen Drogen in der modernen Suchtmedizin schon länger gibt, wurden bisher gar nicht in Erwägung gezogen und damit viel Veränderungspotential bei Rauchern verschenkt.

"Ich möchte gar nicht ganz aufhören, weil ich mir das nach 55-jähriger Raucherei gar nicht vorstellen kann. Ich ohne Zigaretten, nein!"

Teilnehmerin aus dem Rauch-Reduktions-Kurs

Neu: Rauch-Reduktion


An der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität wurde im Rahmen einer Studie das Rauch-Reduktions-Programm „Smoke Less“ entwickelt. Als mit Hilfe von Zeitungsannoncen Probanden für die Studie gesucht wurden, war die Resonanz enorm. Und die Enttäuschung der Teilnehmer, die per Losverfahren in eine der Kontrollgruppen ohne Rauch-Reduktion kamen, dementsprechend groß. Umso überraschender war für die Forscher, dass diese Probanden sich anschließend mit einem Gutschein für einen Rauch-Stopp-Kurs entschieden.

"Genau die, die man mit dem Thema Rauchen aufhören erst einmal nicht erreicht, kann man mit einer Rauch-Reduktion an Bord holen. Man kann sozusagen durch die Hintertür erwirken, dass sie sich damit auseinandersetzen und dann sind sie zu viel Veränderung bereit."

Diplom-Psychologin Alexa Kiss

Wie Rauch-Reduktion funktioniert

Die Rauch-Reduktions-Kurse sind ähnlich aufgebaut, wie die Rauch-Stopp-Kurse, nur dass die Teilnehmer sich individuelle Ziele setzen. In vier Gruppensitzungen à 2,5 Stunden sowie bei zwei individuellen Telefonterminen bekommen sie Einblicke in die Psychologie des Rauchens. Außerdem lernen die Teilnehmer, wie sie mit ihrem Suchtdruck umgehen können. Verhaltenstherapeutische Maßnahmen helfen dann, die Reduktionsziele zu erreichen und zu halten. Manche Teilnehmer denken nach dem Kurs tatsächlich über einen Rauchstopp nach.

Die Rauch-Reduktion setzt bei der Stimulus-Kontrolle an: Die Anzahl der Zigarettenpackungen soll reduziert werden: Wo überall liegen Zigarettenschachteln herum? Kann ich das einschränken? Eine andere Strategie ist das individuelle Rauchmuster zu erkennen: Was sind meine Risikosituationen? Warum rauche ich gerade? Genieße ich die Zigarette eigentlich? Oder nehme ich sie gar nicht wahr? – Dann kann ich ja diese eine weglassen.


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