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Magic City Der Münchner Graffiti-Pionier Loomit

München ist die Geburtsstätte der deutschen Graffiti-Szene und "Loomit" der Pionier der Street Art. Ursel Böhm hat den Künstler in seinem Atelier im Werksviertel hinter dem Ostbahnhof besucht und ihn zu Orten begleitet, an denen seine Wandgemälde zu sehen sind.

Von: Ursel Böhm

Stand: 23.04.2017 | Archiv

Loomit in seinem Studio - im Hintergrund jede Menge Farbspraydosen | Bild: Ursel Böhm

München, die Geburtsstadt der deutschen Street-Art-Szene? Kein Märchen, sondern wahr. Angefangen hat es spätestens mit dem legendären "Geltendorfer Zug". 1985 besprühten sieben Jugendliche in einer Nacht- und Nebelaktion die erste S-Bahn, großflächig unterhalb der Fenster, in fast voller Länge. Unter ihnen auch "Loomit", wie sich Mathias Köhler nennt. Er ist noch vor dem Abitur mit seiner Mutter aus dem Allgäu nach München gezogen, wo sich ihm neue Dimensionen eröffnen. Hier trifft er Gleichgesinnte: Leidenschaftliche Zeichner, die ihre ersten Erfahrungen "mit der Dose" gemacht haben. Es geht um Freiheit und Abenteuer. Die Jugendlichen träumen von Amerika, vor allem von New York und davon, dort U-Bahnen zu bemalen. Das war vor 35 Jahren. Inzwischen ist Loomit längst international anerkannt. Er gilt als "Graffiti-Außenminister", reist um die Welt, um über Street Art Menschen kennenzulernen. Der künstlerische Dialog mit seinen Sprüher-Kollegen ist ihm wichtig.

Mit dem "Geltendorfer Zug" fing alles an

(v.l.) Loomit, Roscoe, Roy, Zip, Blash und Don M. Zaza am Morgen nach dem Besprühen des Geltendorfer Zuges am S-Bahnhof Türkenfeld, im März 1985.

"Da sind wir alle angerückt in tiefster Winterkleidung, weil es war wirklich sehr kalt damals im März - und jeder von uns mit seinen Dosen und dem festen Willen: Jetzt ist es soweit!

Es war schon früh dunkel, wir haben uns so um 19, 20 Uhr getroffen. Ich nehme an, dass wir geplant hatten, wer wo was macht. So um 23 Uhr haben wir dann den letzten oder vorvorletzten Zug nach Geltendorf bestiegen. Weit außerhalb des Dorfes da ist ein kleines Wäldchen. Wir standen dort so eine Stunde und haben den Zugputzern zugeguckt, wie sie ihre Arbeit machten. Ich bin im Schnee gewandert - und hab so dünne Turnschuhe angehabt - also was für ein Vollidiot ich damals war!

Wir waren wirklich sehr aufgeregt, und haben dann sozusagen im Schein der Lichtanlagen von Geltendorf den ersten Zug gemacht. Und das war natürlich eine ganz große Mission, aber wir hatten sehr viel Spaß dabei. Also ich kann mich erinnern, dass es nicht in erster Linie mit Angst getränkt war, sondern eher mit sehr viel Humor!" (Mathias Köhler alias 'Loomit')

Christian Ude ließ von Loomit sein Badezimmer gestalten

Der Münchner Ex-OB Christian Ude

Dass München in der Geschichte der Street-Art eine entscheidende Rolle spielt, liegt daran, dass Graffiti hier schon früh auch legal ermöglicht und unterstützt wurde. 1993 beauftragte der damalige Oberbürgermeister Christian Ude Loomit, sein privates Badezimmer zu gestalten. Ude hat ihm dann 2002 auch den Schwabinger Kunstpreis verliehen. Beeinflusst von bayerischen Barockkirchen und der Sprüher-Szene der Bronx hat Loomit, der Graffiti Pionier, auf den Wänden der Welt seine Spuren hinterlassen.

Die richtige "Arbeitskleidung" trägt entscheidend zum Erfolg der Aktion bei

Loomit in voller Montur beim Sprühen von Sternchen

"Solange ich mit Sprühlacken und mit Lacken allgemein zu tun hab, hab ich natürlich einen Atemschutz an. Und meine Handschuhe, das sind so normale Spülhandschuhe. Außerdem eine ganz klassische Öljacke, wie sie die Seefahrer haben, weil da einfach die Farbe nicht durch geht. Die hält auch den Wind und den Regen ab.

Die Hose ist mit Kevlar-Besatz, d.h. da kann ich jede Menge Schlüssel in der Hosentasche tragen, da geht nichts durch, ein offenes Taschenmesser macht da auch nichts aus.

Normalerweise habe ich auch Sicherheitsschuhe an, sowas mit Stahlkappen und einer Kevlar-Sohle, dass wenn ich auf eine Schraube oder einen Nagel trete, es nicht einfach durchgeht, sondern abbiegt. Da ich ja viel in Abbruchgebäuden unterwegs bin, muss ich immer darauf achten, dass meine Füße sehr gut geschützt sind. Ich klettere auf Gerüsten rum, auf Leitern usw. Da muss das wirklich sehr stimmig sein!" (Mathias Köhler alias 'Loomit')

"Magic City" in der Münchner Olympiahalle

Loomit vor seinem Wandbild mit Elefanten auf der "Magic City"-Ausstellung

Die Welt der gesprühten Wandgemälde und der Street-Art hat sich auch die Ausstellung "Magic City" zum Thema gemacht. Vom 13. April bis 3. September hat die "Magische Stadt" nun auch in München ihre Pforten geöffnet. Über 50 Street-Art-Künstler aus mehr als 20 Ländern haben in der kleinen Olympiahalle gemeinsam eine globale Traumstadt geschaffen. Natürlich darf hier auch Graffiti-Größe Loomit nicht fehlen!

Ausstellung "Magic City. Die Kunst der Straße"

Loomits fliegende Elefanten

Vom 13. April bis 3. September 2017

Ort:
Kleine Münchner Olymiahalle, Spiridon-Louis-Ring 21, 80809 München

Öffnungszeiten:
Dienstag - Freitag & Sonntag: 10 – 18 Uhr
Samstag: 10 – 22 Uhr
Montags geschlossen, außer an Feiertagen und während Ferien in Bayern

Unterwegs mit Loomit

Loomit in seinem Atelier vor einem Regal mit unzähligen Spraydosen

Um einen Einblick in Loomits Schaffen zu bekommen, besuchte ihn Autorin Ursel Böhm in seinem Atelier im Werksviertel hinter dem Münchner Ostbahnhof und ließ sich die Wandgemälde zeigen, die er vor allem an der Isar gesprüht hat, am liebsten in Unterführungen. Letzte Station war dann die Ausstellung Magic City in der kleinen Olympiahalle in München. - Ein Ausstellungserlebnis voller Kreativität und Abenteuer. Ziel der Kuratoren ist es, einen "Spielplatz für die Fantasie" zu schaffen.

Folgen Sie Ursel Böhm in Loomits magische Stadt!


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