Bayern 2 - Land und Leute


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Bilder für den Führer Der Augsburger Kunsthändler Karl Haberstock

Der Fall Gurlitt hat die fragwürdigen Grundlagen des Handels mit Kunst während der NS-Zeit einmal mehr deutlich gemacht. Einer der bedeutendsten deutschen Kunsthändler in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war der Augsburger Karl Haberstock. Große Museen und Galerien gehörten zu seinen Kunden, aber auch Adolf Hitler, Hermann Göring und Albert Speer. Ulrich Trebbin porträtiert einen eminent geschäftstüchtigen Kunstliebhaber.

Von: Ulrich Trebbin

Stand: 08.06.2014 | Archiv

Schaezlerpalais, Augsburg | Bild: picture-alliance/dpa

Als Adolf Hitler das Projekt eines großen "Führermuseums" in Linz verwirklichen wollte, war einer seiner Hauptlieferanten der Augsburger Kunsthändler Karl Haberstock. 1933 war Haberstock in die Partei eingetreten. Seit 1936 verkaufte er Bilder an Hitler, begutachtete für ihn Kunstwerke im Münchner Führerbau am Königsplatz und empfing ihn in seiner Galerie. Haberstock hat auch kulturpolitischen Einfluss auf Hitler genommen und sich für jüdische Freunde und andere Verfolgte eingesetzt. Außerdem saß er in der Verwertungskommission für "Entartete Kunst", hat verhindert, dass einige Werke verbrannt wurden, und dazu beigetragen, dass manche Werke gerettet und zurückgegeben werden konnten.

"Also, er war von der Einstellung sicher ein recht konservativer Mensch. Das sieht man auch an der Kunst, die er verkauft, das trifft genau den Geschmack auch dann später der Nazigrößen: Also ziemlich konservativ, einfach, oft auch bäuerliche Darstellungen, was man halt geschätzt hat in den Kreisen. Ich würde ihn eher als Geschäftsmann bezeichnen - ja, er wollte halt Geld verdienen - und weniger als Kunstliebhaber."

(Horst Kessler, Haberstock-Archiv)

Haberstock wurde nach dem Krieg nur als Mitläufer eingestuft

Die Deutsche Barockgalerie im Schaezlepalais

In Frankreich profitierte Haberstock nach dem Einmarsch der Deutschen von der Arisierung jüdischer Kunstwerke. Zahlreiche Werke, die er an Museen verkauft hat, stehen heute in der Datenbank "Lost Art", weil er sie möglicherweise unrechtmäßig erworben hat. Nach dem Krieg gab es zwei Entnazifizierungsverfahren gegen Karl Haberstock: Zuerst wurde er als Mitläufer eingestuft, dann entlastet. Er trat in Augsburg weiterhin als Kunsthändler auf und gewann als Mäzen einiges Ansehen. Seine Sammlung ist heute im Augsburger Schaezlerpalais ausgestellt, darunter sind Werke von Canaletto, Lukas Cranach, Antonis van Dyck oder Tiepolo.

Buchtipp:

"Karl Haberstock - Umstrittener Kunsthändler und Mäzen"

  • Karl Haberstock - Umstrittener Kunsthändler und Mäzen
  • Autor: Horst Keßler
  • Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
  • Verlag: Deutscher Kunstverlag; Auflage: 1 (Dezember 2007)
  • ISBN-10: 3422067795
  • ISBN-13: 978-3422067790

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