Bayern 2 - Land und Leute


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"Es war eine Insel" Kindheit im Forscherdorf Seewiesen

Wenn man an einem in jeder Hinsicht ungewöhnlichen Ort aufgewachsen ist, zwischen berühmten Wissenschaftlern und Forschern rund um Konrad Lorenz, mitten in der Natur und Aug in Aug mit zahlreichen Tieren ... wenn man also an einem Ort groß geworden ist, der sich als Mischung aus Abenteuerspielplatz, Kinderuni und Inselidylle darstellte, dann, ja dann hat man was zu erzählen.

Von: Carola Zinner

Stand: 21.04.2014 | Archiv

Konrad Lorenz | Bild: picture-alliance/dpa

"Erich, die Gegend ist noch schöner, als ich sie in Erinnerung gehabt habe, und noch besser für Wasservögel geeignet. Dabei ist sie klimatisch einfach herrlich. Ich kann vor Planen nicht schlafen und leide geradezu unter der Tatsache, dass das Ganze viel zu schön ist, um wahr zu sein."

(Konrad Lorenz)

Verhaltensforschung von internationaler Bedeutung

Ende der 50er Jahre gründeten Konrad Lorenz und Erich von Holst bei Andechs auf freiem Feld das Forschungsinstitut Seewiesen. Am Ufer des Eßsees entstand eine kleine Siedlung, die schon bald als Zentrum für Verhaltensforschung internationalen Ruhm erlangte. In Seewiesen wurde aber nicht nur wissenschaftlich gearbeitet, die Mitarbeiter des Institutes wohnten hier auch gemeinsam mit ihren Familien.

Eine Mischung aus Abenteuerspielplatz, Kinderuni und Inselidylle

Ornithologin untersucht Blaumeisen-Kolonie in Seewiesen | Bild: picture-alliance/dpa

Ornithologin untersucht Blaumeisen-Kolonie in Seewiesen

Der  Schauplatz bahnbrechender Untersuchungen in der Verhaltensforschung - hier fanden etwa Lorenz' berühmte Versuche mit Graugänsen statt - war zugleich ein  "Wissenschaftlerdorf", dessen Bewohner aufgrund der Abgeschiedenheit sozial weitgehend aufeinander angewiesen waren. In diesem außergewöhnlichen Umfeld wuchsen rund 25 Kinder auf, deren Eltern für das Institut arbeiteten. Es war eine Kindheit in engem Miteinander, umgeben von zahlreichen Tieren, die den Forschern Daten für ihre Studien lieferten, inmitten einer fast unberührten Natur, in der es sich ungestört spielen ließ. Die Rufe der Gänse, der Nebel über dem See: In den Erinnerungen der Kinder von damals ist Seewiesen eine Mischung aus Abenteuerspielplatz, Kinderuni und Inselidylle.

Lorenz beobachtete in erster Linie in Freiheit lebende Tiere

Konrad Lorenz spricht mit einer seiner Graugänse

Konrad Lorenz besaß ein enormes Wissen über Tiere. Er hat sich schon seit frühester Jugend mit ihrem Verhalten beschäftigt, seine populärwissenschaftlichen Bücher darüber sind Bestseller. Auch in Seewiesen setzt er bei seinen Studien in erster Linie auf Beobachtung der in Freiheit lebenden Tiere, während andere, allen voran Erich von Holst, mit selbst entwickelten Apparaten wissenschaftliche Experimente durchführen. Wie verhalten sich Hähne, wenn ihr Gehirn mit Strom stimuliert wird. Auf welche Art erkennen Jungtiere ihre Eltern, ab wann nehmen sie keine Notiz mehr von ihnen. Was passiert mit einer Gans, die in völliger Isolation aufwächst. Und - als grundsätzliche Frage: Welches Verhalten ist angeboren, was ist erlernt.


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