Freundschaft wagen Das Centrum Bavaria Bohemia in Schönsee
Heidi Wolf schildert am Beispiel des Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) in Schönsee, wie langsam wieder Vertrauen zwischen den Menschen in der bayerischen und der tschechischen Grenzregion wächst und welche Widerstände es trotz unübersehbarer Fortschritte noch immer gibt.
Das Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) in der kleinen Oberpfälzer Grenzstadt Schönsee ist seit 2006 eine wichtige Kulturdrehscheibe zwischen Bayern und Tschechien. Im ehemaligen Kommunbräuhaus, das zu einem Begegnungszentrum umgebaut wurde, treffen sich Menschen von beiden Seiten der Grenze zu Veranstaltungen, Konferenzen und Sprachkursen.
Schönsee lag plötzlich mitten in Europa
"Brücken bauen - Freundschaft wagen" ist das gemeinsame Motiv, das sie antreibt. Das Centrum Bavaria Bohemia will Jahrhunderte alte Fäden wieder verknüpfen, die Krieg und Terror im 20. Jahrhundert zerrissen haben. 45 Jahre lang herrschte Eiseskälte zwischen Bayern und Böhmen. Das änderte sich erst, als der deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher und sein tschechischer Kollege Jiří Dienstbier an Weihnachten 1989 den bis dahin undurchdringlichen Grenzzaun durchschnitten - eine symbolträchtige Geste, die Anlass zu vielen Hoffnungen gab: Schönsee lag plötzlich nicht mehr am Ende der Welt, sondern mitten in Europa, hatte Nachbarn, die umgekehrt auch neugierig waren auf das unbekannte "Land hinter der Grenze."
Anne Gierlach, seit 2008 die Vorsitzende des Vereins Bavaria Bohemia, der das grenzüberschreitende Zentrum trägt ...
36 Mitglieder aus Bayern und Böhmen waren bei der Gründung dabei, inzwischen sind es 370. Der Verein sprang in die Bresche, weil niemand sonst die Trägerschaft übernehmen wollte: nicht die Stadt Schönsee, nicht der Landkreis Schwandorf, nicht der Bezirk Oberpfalz. Sie unterstützen die Einrichtung finanziell; mit dem Betrieb selbst aber wollten sie nichts zu tun haben. Geld kommt auch von den Städten Regensburg und Weiden, von den Landkreisen Cham und Neustadt an der Waldnaab, von der Europäischen Union, vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds und neuerdings auch vom Freistaat Bayern. Sponsoring und Mitgliederbeiträge sind inzwischen ebenfalls zu einer festen Säule geworden. Anne Gierlach nimmt die Rolle der Vereinsvorsitzenden und die Arbeit im CeBB sehr ernst. Sie hat nach der 10. Klasse ihr Heimatdorf an der Grenze verlassen, lebte in Vilshofen, Straubing, Regensburg und Würzburg. Der Eiserne Vorhang war weit. Ihn erlebte sie erst wieder, als ihr Mann 1984 eine Stelle als Assistenzarzt am Krankenhaus in Waldmünchen annahm. Grenze hautnah - der Schock traf sie ins Mark:
Normale Beziehungen zu den böhmischen Nachbarn
Engagierte Menschen im Schönseer Land nutzten die Chance, wieder normale Beziehungen zu den böhmischen Nachbarn aufzubauen. Mit dem Centrum Bavaria Bohemia bekam die Zusammenarbeit eine feste Anlaufstelle. Das CeBB arbeitet intensiv mit der tschechischen Stadt Pilsen zusammen, der Kulturhauptstadt Europas 2015, und "Tandem", dem Koordinierungszentrum Deutsch Tschechischer Jugendaustausch in Regensburg. Ein fester Partner ist außerdem "Antikomplex" in Prag, eine Initiative tschechischer Bürgerinnen und Bürger, die sich kritisch mit der Rolle des eigenen Landes vor allem in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg auseinandersetzen.