Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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26. März 1916 Eröffnung des Deutschen Stadions im Krieg

Hurra! 1916 sollte die Olympiade endlich an Berlin gehen, doch stattdessen kam der Erste Weltkrieg. Das eigens erbaute Deutsche Stadion erlebte dafür am 26. März 1916 die Eröffnung "patriotischer Kampfspiele".

Stand: 26.03.2013 | Archiv

26 März

Dienstag, 26. März 2013

Autor(in): Birgit Magiera

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Grafik: Angela Smets

Redaktion: Thomas Morawetz

Schon die alten Griechen wussten: Entweder Krieg oder Olympia, beides gleichzeitig geht nicht. Weshalb während der Dauer von olympischen Spielen eine heilige Waffenruhe galt, die allen Athleten eine sichere An- und Abreise und einen gefahrlosen Aufenthalt garantieren sollte. Tote während der Spiele gab´s trotzdem, was aber vor allem an der Disziplin "Pankration" lag, dem antiken Allkampf: Die Gegner schlugen, traten und würgten sich, bis einer ohnmächtig oder tot war. - Das nur nebenbei ... Schon damals  galt der Gedanke der Völkerverständigung, der Wettbewerb sollte Eintracht schaffen zwischen den permanent zerstrittenen Griechen.

Tschingderassabum

Als dann Ende des 19. Jahrhunderts die olympische Idee neu aufgelegt wurde, traf sich die Jugend der Welt zum fairen sportlichen Wettstreit zunächst in Athen; vier Jahre später in Paris, den USA, dann London, Stockholm und schließlich - endlich! - jubelten die deutschen Sportfunktionäre: Olympia 1916 in Berlin! Nach der Zusage wuchs in nur 200 Tagen Bauzeit im nördlichen Grunewald das deutsche Stadion aus dem Boden: 33.000 Zuschauer fanden Platz. In der Mitte ein Fußballfeld, umgeben von einer Laufbahn, ihrerseits umrahmt von einer Radrennbahn, das Ganze komplettiert durch eine lange Schwimmbahn an der Nordseite des Stadions. - Die Eröffnung geriet pompös, in Anwesenheit des Kaisers, mit Fahnenmeer und Tschingderassabum, mit zehntausend Turnern und ebenso vielen Brieftauben. Ein Spektakel der Extra-Klasse, das Datum abgestimmt auf das 25jährige Thronjubiläum seiner Majestät, Wilhelms II.

Als wichtigste Bewährungsprobe für ein glanzvolles Olympia galten die sogenannten olympischen Vorspiele im Sommer 1914. Am zweiten Tag der Wettkämpfe erschießt in Sarajewo ein serbischer Student den österreichischen Thronfolger. Der erste Weltkrieg bricht aus.

Zunächst ist man zuversichtlich: In wenigen Wochen sei alles vorbei, die deutschen Soldaten bald siegreich wieder zuhause ... Es kommt bekanntlich anders. Als der Krieg  ins dritte Jahr geht, ist das deutsche Stadion im Grunewald schon längst in ein Lazarett umfunktioniert. Anders als im antiken Griechenland wurde der Krieg nicht für die Dauer der Olympischen Spiele unterbrochen. - Die übrigens nie offiziell abgesagt wurden.

Handgranaten-Weitwurf

Stattdessen veranstaltet man als Ersatz am 26. März 1916 sogenannte "patriotische Kampfspiele" im Deutschen Stadion. Die deutsche Jugend soll sich ertüchtigen für ihren Einsatz an der Front. Schließlich verbrauchte der Stellungskrieg bei Verdun Unmengen an Menschen-Material. Die Schützengräben in Frankreich und Russland forderten unerbittlich Nachschub. Und so beweisen Athleten in Uniform ihre Kampftauglichkeit unter anderem beim Hindernislauf mit Sturmgepäck, Schießen, Military-Reiten und beim Handgranaten-Weitwurf. Die Besten werden nicht mit Gold, Silber und Bronze geehrt, sondern mit Medaillen aus Eisen auf der Brust.

Diese patriotischen Kampfspiele mitten im ersten Weltkrieg kamen der antiken olympischen Idee verblüffend nahe. Waren doch die altgriechischen Disziplinen wie Speerwerfen, Faustkampf, Wettreiten, Ringen und Waffenlauf nichts anderes als gezähmtes Kriegshandwerk.

Das Deutsche Stadion selbst erlebte in den 20er-Jahren noch einige sportliche Großveranstaltungen, aber kein Olympia. Abgerissen wurde es 1934. An seiner Stelle entstand auf Geheiß des Führers das Reichssportfeld mit einem neuen Stadion für die Olympischen Spiele 1936. Die fanden auch tatsächlich statt, -  diesmal rechtzeitig vor dem Ausbruch des nächsten Krieges.


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