Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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25. Juli 1786 Englische Ausgabe von Münchhausen

Baron Münchhausen erzählte seine Lügengeschichten am Kamin in seinem Gutshaus, ganz privat. Das Lachen allerdings verging ihm, als einer seiner Besucher auf eigene Faust eine pompöse englische Ausgabe seiner Geschichten herausbrachte. Autorin: Susanne Tölke

Stand: 25.07.2016 | Archiv

25 Juli

Montag, 25. Juli 2016

Autor(in): Susanne Tölke

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Bernhard Kastner

Stellen Sie sich vor, meine Herrschaften, in welch schrecklicher Lage ich mich befinde! Zu meiner Linken ein reißender Strom, zu meiner Rechten ein tiefer Abgrund, hinter mir ein wütender Löwe und vor mir ein lauerndes Krokodil! Eine schreckliche Lage! Ich stürze wie betäubt zu Boden und erwarte mein Ende. Da höre ich ein lautes knirschendes Geräusch. Ich wage es, hochzuschauen, und was glauben Sie, ist passiert? Der Löwe, der über mich hinweggesprungen war, ist in den offenen Rachen des Krokodils gestürzt.

Ja, so stellen wir ihn uns vor, den Baron Münchhausen! Er erzählte seine Geschichten des Abends am Kamin, in seinem Gutshaus Bodenwerder im Weserbergland. Allen war klar, dass es sich hier um famose Lügengeschichten handelte, aber das minderte nicht den Spaß. Münchhausen war weit herumgekommen, hatte als Hauptmann in der russischen Armee gedient und an zwei Türkenkriegen teilgenommen. Er hat sich immer heftig dagegen gewehrt, seine Geschichten als Buch zu veröffentlichen. Wenn jemand ihn ermuntern wollte, die Münchhausiaden niederzuschreiben, lehnte er kategorisch ab. Es sollte ein Privatvergnügen für seine Freunde sein - mehr nicht. Schließlich waren die Münchhausens Reichsfreiherren seit 1149, da galt es eine gewisse Würde zu wahren.

Plötzlich sind die Lügen englisch!

Man kann sich vorstellen, wie der Baron sich ärgerte, als einer seiner Besucher, der deutsche Privatgelehrte Rudolf Erich Raspe, am 25. Juli 1786 in London eine pompöse englische Ausgabe seiner Geschichten herausbrachte.

"Baron Münchhausens Narrative of His Marvellous Travels" enthielt das, was Raspe in Bodenwerder gehört hatte. Münchhausen selbst konnte nichts dagegen tun, den Schutz des Copyrights gab es noch nicht.

Raspe hingegen verdiente gut daran. Und legte den Baron noch mal aufs Kreuz: Münchhausen hatte während seines Dienstes in Russland Goldmünzen mit der Prägung Iwans des Dritten geschenkt bekommen.

Als die Zarin Elisabeth an die Macht kam, ließ sie alle greifbaren Stücke einschmelzen. Münchhausen besaß also eine wertvolle Rarität.

Plötzlich sind die Lügen privat!

Als er im Alter von 73 Jahren die Torheit beging, sich mit der 20jährigen Bernhardine von Brunn zu verloben, schenkte er ihr die Münzen. Lange waren sie nicht in ihrer Hand, denn der geschickte Raspe tauchte plötzlich auf und schwatzte sie ihr ab - im Tausch gegen wertlose Wechsel. Danach besuchte er sie in Bad Pyrmont, wo sie - ganz allein - zur Kur weilte. Er scheint ihr durchaus nähergekommen zu sein, denn als sie 9 Monate später eine Tochter zur Welt brachte, schwor der Baron Stein und Bein, dass er nicht der Vater sei.

Münchhausen strengte einen Scheidungsprozess an, der ihm zum Schmerz auch noch den Spott der Zeitgenossen einbrachte. Er zog sich immer mehr zurück und verlor die Lust am Fabulieren. Nur den Büchern galt noch sein Interesse - allerdings soll er jedes Mal im Zorn die Buchhandlung verlassen haben, wenn ihm eins in die Hände fiel, das inzwischen auch ins Deutsche übersetzt worden war und sich sehr gut verkaufte: "Wunderbare Reise zu Wasser und zu Lande, Feldzüge und Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen, wie er dieselben bei einer Flasche im Zirkel seiner Freunde zu erzählen pflegt".


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