Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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25. Januar 1774 Erstes Hotel der Welt eröffnet

Schluss mit Bettwanzen und stinkenden Abtritten unter Treppenstiegen! Das war das Programm des ersten gepflegten Hotels in Europa, des "Grand Hotel", das am 25. Januar 1774 in London eröffnete. Bald verkehrte dort sogar der Hochadel lieber als in seinen zugigen Schlössern.

Stand: 25.01.2011 | Archiv

25 Januar

Dienstag, 25. Januar 2011

Autor: Susanne Tölke

Sprecherin: Ilse Neubauer

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

"Ein Gast und ein Fisch / bleiben nur drei Tage frisch." Das Sprichwort ist sehr alt, stimmt aber immer noch.

Wer früher auf Reisen ging, kam bei seinesgleichen unter. Der Adel nächtigte auf den Burgen der Standesgenossen, der Mönch im Kloster, der Kaufmann in der Handelsniederlassung und der Handwerker bei Kollegen seiner Zunft. Der Maler Albrecht Dürer etwa beschreibt, wie er in Brügge von der Gilde der Maler und Goldschmiede aufgenommen wird. "Ich ging in die Gildestube, da hatten sich schon mehrere ehrenwerte Leute zusammengefunden. Ich musste mit ihnen zu Nacht essen, sie suchten meine Bekanntschaft zu machen und taten mir große Ehre an. Hernach geleitete mich die ganze Gesellschaft mit Windlichtern heim zu Meister Heinrich, dem Maler."

Die Zunftstube war der Vorläufer der Gaststube, nur dass man eben nicht nach reichlichem Alkoholgenuss in den ersten Stock gehen und sich ins Bett legen konnte, sondern im Hause eines Zunftgenossen schlief. In den Herbergen, die an Reiserouten lagen, nächtigten meist nur Personen niederen Standes. Es gab einen großen Schlafraum, der mit Stroh ausgeschüttet war. Vornehme Reisende kehrten hier nur ein, wenn es nicht zu vermeiden war, und sie hatten für solche Anlässe ein Kalbfell dabei, das mit der Fellseite aufs Stroh gelegt wurde - des Ungeziefers wegen. Wenn der Wirt tatsächlich über zwei oder drei Gastzimmer verfügte, hieß das noch lange nicht, dass hier keine Wanzen zu finden waren. Der Abort befand sich entweder unter dem Treppenaufgang oder - als Bretterhäuschen - im Hof. Umso wichtiger war das Nachtgeschirr, das der Gast unter seinem Bett zu finden hoffte.

Man kann sich lebhaft vorstellen, welchen Zuspruch das erste gepflegte Hotel Europas fand, das sich denn auch gleich stolz "Grand Hotel" nannte und am 25. Januar 1774 in London eröffnet wurde. Jedes Zimmer hatte ein Wärmeöfchen, dessen glühende Kohlen mit aromatischen Essenzen versetzt wurden.

Auf den Betten lagen Daunendecken und in der kalten Jahreszeit wurde das Bettzeug mit einem heißen Ziegelstein vorgewärmt. Baden konnte man auch: In jedem Zimmer stand ein hölzerner Zuber, der mit warmem Wasser und duftenden Kräuterzusätzen gefüllt wurde. Die Reisenden fanden Gefallen an diesem Komfort, das Hotel war immer ausgebucht. Selbst adlige Herrschaften gingen lieber ins Grand Hotel in Covent Garden als auf dem zugigen Schloss irgendeines Verwandten zu schlottern. Das Hotel als standesgemäße Unterkunft trat seinen Siegeszug an.

Noch fast zweihundert Jahre später musste Kaiser Wilhelm II anerkennen, dass ein gepflegtes Hotel einem ungemütlichen Schloss allemal vorzuziehen ist. Wenn er in den Wintermonaten den Besuch eines ausländischen Souveräns erwartete, pflegte er zu sagen: "Bei mir ist es kalt. Es zieht und es ist feucht und die Kamine heizen nicht genug. Also wenn Sie heiß baden wollen, gibt´s nur eins: Gehen Sie ins Adlon!" Er zahlte dem Hotel jährlich 150 000 Mark. Dafür hatte das Adlon jederzeit Zimmer für hohe Gäste bereitzustellen, die im kaiserlichen Schloss nicht untergebracht werden konnten - oder wollten.


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