Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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5. Oktober 1641 Mme de Montespan geboren, tödliche Geliebte

Ludwig der XIV. war hingerissen von diesem Wesen im durchsichtigen Schleier, das ihm im Karneval begegnete. Am 5. Oktober 1641 wurde die Marquise de Montespan geboren. Sie wurde eine der einflussreichsten Mätressen des Sonnenkönigs und hatte bald etliche dunkle Geheimnisse zu verbergen.

Stand: 05.10.2010 | Archiv

05 Oktober

Dienstag, 05. Oktober 2010

Autor(in): Susanne Tölke

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Zum ersten Mal war sie ihm beim Karneval aufgefallen. Sie trug nichts als einen durchsichtigen blassgrünen Schleier, und auf seine Frage, was für ein Kostüm das denn sei, antwortete sie mit einem tiefen Aufschlag ihrer lavendelblauen Augen: "Eine Seejungfrau".

Das wirkte, und obwohl er zurzeit noch mit einer anderen Mätresse beschäftigt war, verlor er die Dame nicht mehr aus den Augen. Zwei Jahre später war es dann so weit. 1667, einige Tage vor ihrem 26. Geburtstag - am 05. Oktober 1641 war sie im Poitou zur Welt gekommen - 1667 also, während seine Majestät Ludwig XIV. seinen im Flandrischen Krieg kämpfenden Truppen einen Besuch abstattete, geruhte er, im Dörfchen Avesnes nahe der holländischen Grenze, die Marquise de Montespan in sein karges Feldbett zu holen. Natürlich sprach sich die Neuigkeit sofort herum, und der Vater der jungen Dame, der verarmte Herzog von Mortemart, warf vor Freude seinen Hut in die Luft: "Gott sei Dank! Endlich ist uns das Schicksal gewogen!"

Ebenfalls in helle Aufregung, wenn auch keineswegs in begeisterte, geriet Henri de Montespan, der Gatte der Marquise. Er stammte aus der Gascogne und scheint ebenso heißblütig gewesen zu sein wie sein Landsmann, der Musketier d’Artagnan. Er verfasste einen Appell an den König, der alle Bibelzitate zum Thema Ehebruch vereinigte und in die Aufforderung mündete, Majestät solle ihm seine Frau zurück geben und den Zorn Gottes fürchten. Nachdem er der Schwester des Königs das Pamphlet ausgehändigt hatte, tobte er türenschlagend durch den Louvre - Versailles war damals noch eine Baustelle - und schrie aus Leibeskräften: "Ihr seid alle Kuppler! Ehebrecher! Weichlinge!"

Ludwig ließ ihn ein paar Wochen in einer Festung schmoren und dann auf sein heimatliches Schloss verbannen. Als ihn die Soldaten dorthin brachten, bestand er darauf, durch das Haupttor zu gehen, weil seine Hörner zu groß seien, um das kleine Tor zu passieren.

Seine schöne Ehefrau genoss inzwischen das Leben als maîtresse en titre. Als ein Gesandter aus Marokko eintraf, um ein Bündnis vorzuschlagen, schenkte er Ludwig einen Tiger und einen Löwen, der Königin Marie-Thérèse einen Panther und der "zweiten Frau des Königs" eine Perlenkette und einen großen Saphir. Die Stellung der Mätresse war also ganz offiziell, konnte freilich, zum Beispiel beim Auftauchen einer neuen Seejungfrau, ganz schnell in Gefahr geraten. Madame de Montespan wollte solchen Gefahren vorbeugen und setzte dabei auf die schwarze Magie. Es dauerte zwölf Jahre, bis Ludwigs Polizeichef La Reynie dahinter kam. Ein Priester von Notre-Dame hatte ihm berichtet, dass er in der Beichte immer häufiger von Giftmorden und schwarzen Messen erführe, mehr wollte er aber, des Beichtgeheimnisses wegen, nicht verraten. La Reynie ermittelte seit April 1669 und machte bald die zwei Giftmischerinnen Vigoureux und Bosse ausfindig, die der Pariser Gesellschaft in diversen Zwangslagen behilflich waren, vor allem aber bei der Beseitigung verhasster Ehegatten und bei der Herstellung von Liebestränken. Der Kommissar förderte immer neue und immer erlauchtere Kunden zutage: Den Grafen von Clermont, die Herzogin von Angoulême, die Prinzessin von Tingry ... und, immer wieder: Die Marquise von Montespan.

Sie hatte nicht nur von Beginn an dem König Getränke eingeflößt, die ihn in Liebe entbrennen lassen sollten, ihm in Wahrheit aber nur Kopfschmerzen machten, sie hatte sogar schwarze Messen mit gekauften Kinderleichen zelebrieren lassen, um auf diese Weise Gewalt über seinen Geist zu gewinnen. Als die Beweise ausreichten, ging la Reynie zum König. Wir können uns Ludwigs Bestürzung vorstellen. Was tun mit einer so hinterhältigen Dame, mit der man 13 Jahre zusammengelebt und acht Kinder gezeugt hat? Er entschied sich dafür, den guten Ruf zu retten, gab der Dame den Abschied und verbrannte die Dokumente. Ein Gutes hatte die Sache ja auch: Jetzt war endlich Schluss mit den ewigen Kopfschmerzen ...


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