Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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4. Januar 1926 Geldfälscher Prinz Ludwig Albrecht von Windischgrätz verhaftet

Man kann noch so hinterdruckt vorgehen, hat man sich verdruckt, hilft alle verdruckste Heimlichkeit nichts mehr. Bestes Beispiel: Falschgelddrucker Prinz Ludwig Albrecht von Windischgrätz. Autor: Xaver Frühbeis

Stand: 04.01.2016 | Archiv

04 Januar

Montag, 04. Januar 2016

Autor(in): Xaver Frühbeis

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Was man tut, das soll man richtig machen. Und nicht: rumstümpern und alles verderben. Wenn man zum Beispiel schlecht gefälschte Tausend-Franc-Scheine an den Mann bringen will, bei denen die Fachleute schon von weitem misstrauisch werden, dann geht man damit keinesfalls in eine Bank. Der ungarische Generalstabsoberst a.D. Aristide Jankovich aber tut genau das. Der Kassierer: wird misstrauisch, Oberst und Begleiter werden festgehalten und durchsucht, unter Protest, der aber bloß so lange anhält, bis man in ihren Schuhsohlen Hohlräume entdeckt mit weiteren schlecht gefälschten Tausend-Franc-Scheinen. Im Hotelzimmer der Betrüger taucht neben noch mehr Blüten ein Terminkalender mit interessanten Namen auf, und nicht lange, da ermittelt die Kripo bis in die höchsten Kreise der ungarischen Politik. Was - fragt man sich - wird hier gespielt?

Falsch gemünzt

Wir sind in den 20er Jahren, nach dem großen Weltkrieg. Ungarn fühlt sich schwer gedemütigt. Der König ist abgesetzt, das Land zerfallen, und schuld an diesem Unglück - sagen die ungarischen Patrioten - hat einzig und allein Frankreich. Man muss etwas tun. Vielleicht: Wirtschaftssabotage. Falschgeld drucken. Tausend-Franc-Scheine in Massen in Umlauf bringen. Auf diese Weise will man die französische Wirtschaft schwächen und zugleich die ungarische Vaterlandsbewegung finanzieren. Der Kopf der Geldfälscheraktion ist der Spross eines renommierten Fürstengeschlechts: Prinz Ludwig Albrecht von Windischgrätz. Der Prinz hat Kontakte zu einem deutschbaltischen Fälscher namens Arthur Schultze. Der hat an der St. Petersburger Münze gearbeitet und weiß, wie man so was macht. Unterstützt werden Prinz und Schultze von einflussreichen Persönlichkeiten der ungarischen Politik: Polizeipräsident, Kriegsminister, selbst der Ministerpräsident ist eingeweiht.

Verdruckt

Im Frühjahr 1923 wird die Fälscherwerkstatt eingerichtet: in den Räumen des Militär-Geographischen Instituts in Budapest. Zwei Jahre später gibt's die ersten Blüten. Das Risiko der Lagerung übernimmt der Landesbischof, den Vertrieb soll der Präsident der Postsparkasse organisieren. Das Ergebnis einer ersten Prüfung ist allerdings vernichtend: Die Scheine sind schlecht, das Papier stimmt nicht, in Frankreich selbst wird man sie nicht absetzen können. Deshalb beschließt man, einen Versuch im Nachbarland Holland zu machen. Generalstabsoberst a.D. Jankovich reist nach Amsterdam, geht in eine Bank - und vermasselt alles. Und jetzt sind Kriminalbeamte und Experten der französischen Nationalbank auf dem Weg nach Budapest.

Dort ist man hektisch dabei, alle Spuren zu beseitigen. Aber: umsonst. Am 04. Januar 1926 wird Prinz Ludwig Albrecht von Windischgrätz verhaftet, tags darauf der Landespolizeichef, eine Woche später weitere hohe Beamte und Militärs. Selbst der Landesbischof wird nicht verschont. Die europäische Presse reagiert mit Hohn und Spott: ein Schock für ganz Ungarn.

Später, im Gerichtsverfahren, ist Fingerspitzengefühl gefragt. Unbedingt muss die Regierung aus der Sache herausgehalten werden. Angeklagte, die dazu aussagen wollen, werden von den Richtern zum Schweigen gebracht. Denn eins ist klar: Am Ende müssen harte Urteile stehen. Vier Jahre Zuchthaus für den Prinzen Windischgrätz, und eine empfindliche Geldstrafe. Dasselbe für den Polizeipräsidenten, dazu Kerker und Amtsverlust für hohe Militärs. Bei der Urteilsverkündung wird betont, die Angeklagten seien keine Verbrecher, sondern patriotische Ehrenmänner, und ihre Motive lobenswert. Dafür, dass sie allesamt vorgegangen waren wie armselige Stümper, findet man keine Worte.


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