Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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3. April 1893 Hans Riegel geboren, Gummibärchen-Erfinder

Es war ein Geniestreich - und die Tierwelt der Süßwaren war um einen Superstar reicher: 1922 gelang Hans Riegel die Erfindung des Gummibärchens. Autorin: Prisca Straub

Stand: 03.04.2017 | Archiv

03 April

Montag, 03. April 2017

Autor(in): Prisca Straub

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

"Was greift denn der Gottschalk da bloß immer aus seiner Schale? Was schiebt sich denn der da die ganze Zeit während seiner Sendung in den Mund?" So oder so ähnlich wird es Haribo-Firmenchef Hans Riegel durch den Kopf gegangen sein, als er eines Samstagabends ein wenig zerstreut "Wetten dass" schaut. Doch plötzlich ist Hans Riegel hellwach. Er traut seinen Augen nicht: "Der Gottschalk isst ja meine Gummibären!" Und tatsächlich: Gottschalk verschlingt völlig ungeniert eine Handvoll Goldbären nach der anderen. Das Schicksal hat entschieden, und ein Werbeteam ist geboren: Thomas Gottschalk und Hans Riegel. Das war 1991.

Startkapital - ein Sack Zucker

Die Karriere der Süßwaren-Ikone begann jedoch viel früher: Gummibärchen-Erfinder Hans Riegel Senior hatte noch als einfacher Arbeiterjunge am Kessel gestanden, Bonbons, Lakritze und Salmiakpastillen gekocht und mit dem Handkarren ausgeliefert, zum Beispiel an Apotheken. Am 3. April 1893 ist er geboren und erweist sich als dermaßen bissfest, dass er als knapp 30-Jähriger sein eigenes Unternehmen in einer Hinterhof-Waschküche eröffnen kann. Startkapital: ein Sack Zucker. Kurz und bündig firmiert der Bonbonkocher unter dem Namen Ha-ri-bo - abgeleitet von den ersten Buchstaben seines Namens und des Gründungsortes: Hans Riegel Bonn.

Bonbons in allen Varianten, süße Teufel, Weichgummiartikel aus Gummi arabicum - von Hand in Form gegossen - alles feinste Knochenarbeit, denn das Verdickungsmittel ist zäh. Dann, 1922, gelingt dem Bonner Zuckerwaren-Chef ein ganz besonderer Coup: ein sogenannter Tanzbär aus Weichgummi - damals noch mit schmalem Gesicht, traurigem Blick und herunterhängenden Mundwinkeln. Die Rezeptur hatte Hans Riegel in lang durchwachten Nächten ausgetüftelt und sie bleibt ein sorgsam gehütetes Geheimnis. Streng nach dem firmeneigenen Motto: "Man darf zwar alles essen, aber nicht alles wissen!" Das gilt bis heute.

Und Erwachsene ebenso

Nach dem Zweiten Weltkrieg treten zwei Söhne in die Bären-Stapfen des Vaters: Sie machen das essbare Tier kleiner, dicker und bunter. Außerdem ergänzen sie den Werbespruch - "Haribo macht Kinder froh" - um einen marktstrategisch wichtigen Zusatz: "und Erwachsene ebenso!" Und sie ersetzen das Verdickungsmittel Gummi arabicum durch Gelatine, was dem Goldbären in der BSE-Krise einige Jahrzehnte später allerdings fast den Kopf kostet. Dennoch: Aus dem ehemaligen Familienbetrieb wird in rasanter Geschwindigkeit der größte Süßwarenkonzern Deutschlands und Weltmarktführer der Branche.

Soweit - so gut: Mund auf, Bären rein - am besten so wie Gottschalk gleich eine ganze Handvoll - und hinterher ist einem schlecht. Trotzdem ist es schwer, damit aufzuhören. Vielleicht, weil Gummibärchen auch die Fantasie anregen: Gummibärchen-Forschung hat sich inzwischen zu einer äußerst lebendigen Disziplin gemausert: Ethnologen, Linguisten, Soziologen und Physiker - allesamt seriöse Wissenschaftler mit einer Portion Selbstironie - untersuchen zum Beispiel das Sozialverhalten in geschlossenen Gummibärchen-Tüten. Sie analysieren Aufprallgeschwindigkeiten und Sexualverhalten. Warum auch nicht: Gummibärchen halten bei Experimenten still und sie schmecken gut. Viel zu gut sogar!


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