Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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2. Februar 1935 Erstes Experiment mit einem Lügendetektor

Werden Lügner wirklich nervös, wenn sie die Unwahrheit sagen? Auf dieser Annahme beruht jedenfalls die Idee des Lügendetektors, mit dem der Amerikaner Leonhard Keeler am 2. Februar 1935 das erste Experiment durchführte. Wenn es nur so einfach wäre!

Stand: 02.02.2011 | Archiv

02 Februar

Mittwoch, 02. Februar 2011

Autorin: Prisca Straub

Sprecherin: Krista Posch

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Schulkinder tun es. Gebrauchtwarenhändler auch. Und Politiker tun es sowieso. Wären sie an Lügendetektoren angeschlossen - der Lauf der Welt wäre möglicherweise ein anderer: "Ich habe keine sexuelle Beziehung zu dieser Frau!", so wehrte sich US-Präsident Bill Clinton gegen den Vorwurf, sich außerehelich mit seiner Praktikantin vergnügt zu haben. "Niemals. Ganz klipp und klar!", blaffte Radprofi Jan Ullrich in das Mikrofon eines Reporters und verneinte damit die Frage, ob er jemals gedopt habe. Und DDR-Staatsrats-Chef Walter Ulbricht behauptete auf einer Pressekonferenz noch wenige Tage vor der kompletten Abriegelung des Landes: "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!"

Keinem dieser Männer ist beim Lügen die Röte ins Gesicht geschossen. Keiner von ihnen hat gestottert, keinem ist der Schweiß ausgebrochen. Im Gegenteil: Ihre Stimmen waren klar und fest, der Blick fokussiert, die Körperhaltung überzeugend. Lügner auf frischer Tat zu ertappen, ist nämlich schwerer als gedacht. Niemandem wächst beim fabulieren eine lange, rote Pinocchio-Nase.

Lügengespinste rechtzeitig zu durchschauen, das kann aber von weitreichender Bedeutung sein: Wer lügt, und wer die Wahrheit sagt, das interessiert Geheimdienste ebenso wie Versicherungsmakler, Kriminologen, Richter, Anlageberater und misstrauische Ehepartner. Doch nur Laien verlassen sich dabei auf die "Klassiker" unter den angeblichen Lügensignalen: minimale Veränderungen in Körperhaltung, Gesichtsausdruck und Stimme. Denn seien wir ehrlich: Das Risiko, sich dabei selbst auf eine falsche Fährte zu setzen, ist enorm. In der Verbrechensbekämpfung zumindest spielt die Einschätzung von Mimik und Gestik schon lange so gut wie keine Rolle mehr: Kaum ein Vernehmungsbeamter glaubt heute noch an unwillkürliche Augenbewegungen, plötzliche Schweißausbrüche und verräterisches Wippen mit den Füßen.

Woran erkennt man nun aber zuverlässig, ob jemand lügt oder nicht? Seit Anfang des 20. Jahrhunderts gibt es eine Maschine, die der Wahrheit über die Lüge ein Stückchen näher rücken soll: der Lügendetektor. Das erste Experiment mit einem sogenannten Polygraphen machte der US-Amerikaner Leonard Keeler am 2. Februar 1935. Das Gerät, das in den Vereinigten Staaten bis heute nicht nur beim Verhör von Angeklagten, sondern auch bei Bewerbungsgesprächen zum Einsatz kommt, basiert auf der Annahme, dass Lügner zumindest geringfügig nervös werden, wenn sie die Unwahrheit sagen. Der Detektor misst Atmung, Herzfrequenz, Blutdruck sowie die Aktivität der Schweißdrüsen und registriert gnadenlos jeden überdurchschnittlichen Ausschlag. Jedoch nur, wenn der Lügner nicht perfekt trainiert ist. Denn: Überschießende Gefühlsregungen lassen sich unterdrücken. Sprich: Perfekt lügen lässt sich lernen. Clevere US-Trainer werben deshalb mit der Garantie, einen bevorstehenden Lügendetektor-Test mit hundertprozentiger Sicherheit unbeschadet zu überstehen. Und haben offensichtlich Erfolg damit.

In deutschen Strafprozessen ist der Einsatz von Lügendetektoren unzulässig. Aufgrund mangelnder Verlässlichkeit werden die Kurvendiagramme als Beweismittel vor Gericht abgelehnt: Der Apparat kann offenbar selbst ein Lügner sein.

So fristet das Gerät sein trauriges Dasein als Attraktion krawalliger Fernseh-Shows: "Ist sie fremdgegangen?" Oder: "Liebt er mich wirklich?" Sobald die Wahrheitsprüfung abgeschlossen ist, und das Paar das Studio durch getrennte Ausgänge verlässt, ist die Sendung vorbei. Schade nur, dass sich schon Minuten nach der Aufzeichnung niemand mehr für die Wahrheit interessiert.


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