Bayern 2 - Hörspiel


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Dem unbekannten Gott (Live Hörspiel) Münchner Kammerspiele, 14.07., 10:30 Uhr

Stand: 09.07.2013

Live Hörspiel

Valère Novarina: Dem unbekannten Gott

Antike Philosophen, Kirchenväter, Mystiker aller Religionen, Agnostiker, bekannte wie unbekannte Zeitgenossen weisen in Zeiten religiöser Neubesinnung hinaus über jede ideologische Engführung. Der Übersetzer, Schauspieler und Regisseur Leopold von Verschuer holte über 100 Stimmen in 17 Sprachen vors Mikrofon. Bei der URBAN PRAYERS CONVENTION antworten 6 Sprecher live mit Novarinas Text.

Mit Sandra Hüller, Marie Jung, Annette Paulmann, Oliver Mallison, Stefan Merki und Leopold von Verschuer
Regie: Leopold von Verschuer

14.7.2013, 10.30 Uhr
Schauspielhaus der Münchner Kammerspiele

Im Rahmen von URBAN PRAYERS CONVENTION
Münchner Kammerspiele in Zusammenarbeit mit BR Hörspiel und Medienkunst, der Erzdiözese München und Freising, der Evangelischen Stadtakademie und dem Muslimrat München e. V.

Eintritt: 9 € / erm. 5 €
(Karte für das gesamte Tagesprogramm der URBAN PRAYERS CONVENTION)

Dem unbekannten Gott

La Chair de l’homme / Das Fleisch des Menschen, 2005 erschienen, ist mit 525 Seiten das bislang umfangreichste dramatische Werk von Valère Novarina. Kapitel XXV – Au dieu inconnu / Dem unbekannten Gott besteht aus einer Aufzählung von dreihundertundelf Gottesdefinitionen. Ein nicht endender Versuch, das Unaussprechliche in Worte zu fassen, der an die Grenzen des Denk- und Formulierbaren führt und ein schillerndes Kaleidoskop freilegt. Die zitierten Autoren reichen von der Antike über die Kirchenväter und Mystiker aller Religionen zur Moderne, von erklärten Agnostikern zu bekannten wie unbekannten Zeitgenossen. In Zeiten der Neubesinnung auf Religiosität weist dieser Text weit hinaus über jede ideologische Engführung. Er stellt ein Abenteuer menschlichen Denkens und der Sprache dar.

Aufgewachsen am Genfer See und in den Bergen, schreibt Novarina täglich seit 1958, veröffentlicht seit 1978 und wurde zu einer absolut singulären Stimme der Literatur und des Theaters in Frankreich. Sein Schreiben steht in seiner Unbedingtheit dem der Autoren der Art brut, Artaud und Jarry näher als jeder narrativen Konvention. Zirkus, Jahrmarkttheater, Mysterienspiel, Pinocchio und Louis de Funès, aber auch das japanische Nō-Theater sind Referenzen, die er sich in seinen überschäumenden Sprachkunstwerken anverwandelt. Neologismen, verdrehte Grammatik, seitenlange Aufzählungen von Namen oder Ereignissen, Stehgreif- oder Kinderverse, Nachrichten im Stile von Tagesaktualitäten oder Schlachtenberichten, berufsspezifische Wendungen, Zitate quer durch die Geistesgeschichte, Politparolen, Werbesprüche – der gesamte Fundus der Sprache ist Gegenstand seines Schreibens, das die Vitalität des Sprechens jenseits bloßen Informationstransfers mobilisiert und ein Begreifen in anderen Tiefenschichten provoziert: ontologisches, welthaltiges Worttheater und vielstimmiger Roman théâtral.

Für die Übersetzung von Dem unbekannten Gott recherchierte Leopold von Verschuer jede einzelne Originalquelle der Zitate und holte für sein Hörspiel so viele Stimmen wie zitierte Autoren vors Mikrofon.

Valère Novarina, geboren 1947, Schriftsteller, Regisseur, Zeichner und Maler. Werke u.a. Die eingebildete Operette (2001), Brief an die Schauspieler und Für Louis de Funès (2007), 311 Gottesdefinitionen (2010, aus dem Französischen von Leopold von Verschuer), Lichter des Körpers (2011).


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