Bayern 2 - Heimatspiegel


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Bumeders Buchtipps Die Bayerische Bücherschau Herbst 2014

Die Buchliste mit Leseempfehlungen für den Herbst - zusammengestellt von Franz Bumeder.

Von: Franz Bumeder

Stand: 24.10.2014 | Archiv

Die besprochenen Titel im Einzelnen:

Junkelmann Marcus: Napoleon und Bayern. Pustet Verlag Regensburg
Schwarzenbeck Engelbert: Wittelsbacher auf Europa Thronen. Pustet Verlag Regensburg
März Stefan: Ludwig III. - Bayerns letzter König. Pustet Verlag Regensburg
Wolfsteiner Alfred: Georg Heim - „Bauerngeneral“ und Genossenschaftler, Pustet Verlag Regensburg
Bauernfeind Eva u.a. (Hrsg.): Vastehst me – Bairische Gedichte aus 40 Jahren. edition lichtung Viechtach
Putz Hannelore: Ludwig I. und die Kunst. C.H. Beck München
Fenzl Paul: Sagen aus Bayern – Von Hexen, Heiligen und Halunken. Volk Verlag München
Häußler Theodor: Bayerische Seide - ein schöner Traum. Pustet Verlag Regensburg

So schauen sie aus, die empfohlenen Bücher:

2015 jährt sich die Schlacht bei Waterloo und das damit verbundene Ende der Napoleonischen Ära zum 200. Mal.  Was hat das mit Bayern zu tun? für den Historiker Marcus Junkelmann jede Menge. Denn Napoleon war es, und nicht die CSU, der die Fundamente für das moderne bayerische Staatswesen gelegt hat. Heute weitgehend verdrängt im Geschichtsbewusstsein des Freistaats. Zu Unrecht, meinte der frühere Generalkonservator Egon Johannes Greipl 2009. Denn: man solle nicht vergessen,

"dass Bayern an der Seite Napoleons 1806 zum Königreich erhoben wurde, dass die Familien Bonaparte und Wittelsbach Ehen schlossen, dass Bayern dem Bund mit Frankreich einen gewaltigen Zugewinn an Land und Bevölkerung verdankte, dass sich Bayern in jenen Jahren, 1808, eine der ersten Verfassungen in ganz Deutschland gab, dass die Jahre mit Napoleon auch Jahre mit weit in die Zukunft reichender innerer Reformen waren."

Egon Johannes Greipl

Genau diese grundlegenden Veränderungen behandelt  Marcus Junkelmann in seinem Buch „Napoleon und Bayern“. Packend zu lesen, ohne dabei profan zu werden. Zeitgenössische Bilder und viele Landkarten tragen zum Verständnis bei. Eine ideale Vorbereitung auf die gleichnamige Landesausstellung im nächsten Jahr.

Um  „Wittelsbacher auf Europas Thronen“  geht es in einer Neuerscheinung des Pustet-Verlags. Engelbert Schwarzenbeck, langjähriger Chef der Redaktion Geschichte beim Bayerischen Fernsehen, beschäftigt sich mit zum Teil tragischen Herrschern wie dem Winterkönig Friedrich V. oder dem schwärmerischen Griechenkönig Otto. Der Autor vermittelt aber nicht nur Dynastiegeschichte. Vielmehr versteht er es, auch die historischen Zusammenhänge spannend zu erzählen, die solche Karrieren zum Erfolg oder zum Misserfolg werden ließen. Wer sich für bayerische Geschichte interessiert, lernt hier durchaus interessante Seitenaspekte kennen.

Und noch einmal Wittelsbach: Eine wahrhaft königliche Leidenschaft behandelt Hannelore Putz in ihrem Buch „Ludwig I. und die Kunst“. Mehr als die Hälfte seines Privatvermögens wendete der zweite bayerische König für Bauten und Museen auf. Heute profitieren Millionen Touristen davon, die Jahr für Jahr etwa die Münchner Glyptothek oder die Walhalla bei Donaustauf besuchen. Übrigens: Vorausschauend hatte der Monarch schon zu Lebzeiten prophezeit:

"Man wird sich eines Tages nicht mehr an die Taten der Staatsmänner erinnern, aber die Kunstwerke und ihre Künstler bleiben in Erinnerung."

Ludwig I.

Das Buch ist mehr als eine Auflistung einzelner Kunstwerke. Hannelore Putz  untersucht auch die Motivation Ludwigs I, seinen speziellen ästhetischen Sinn und behandelt das oft problematische Verhältnis zwischen ihm und den beauftragten Künstlern genauso wie die Fragen der Finanzierung. Gut getan hätten dem Band allerdings etwas mehr Abbildungen.

Und noch ein Ludwig sei erwähnt. Ludwig III., der vielen Bayern kaum bekannte letzte bayerische König. Ein Mann, der es aber durchaus verdient vorgestellt zu werden, meint der Historiker Thomas Götz.Thomas Götz ist der Herausgeber der „Kleinen bayerischen Biographien“ des Regensburger Pustet-Verlags, einem Versuch, bayerische Geschichte auch Nichthistorikern näher zu bringen.

Dass bayerische Geschichte aber nicht nur Monarchen geschrieben haben, zeigt ein weiteres kürzlich erschienenes Bändchen aus der Reihe. Der Oberpfälzer Heimatforscher Alfred Wolfsteiner porträtiert Georg Heim, den „Bauerndoktor“, einen der populärsten, aber auch umstrittensten bayerischen Politiker des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts. Populär oder Populist, Demokrat oder Demagoge, das sind die Pole, zwischen denen sich Georg Heim bei Wolfsteiner bewegt darstellt. Bei insgesamt positiver Würdigung verschweigt der Autor aber auch die bedenklichen Seiten des Mannes nicht, der sich immer wieder als radikaler Antisemit präsentierte. Georg Heim, nicht nur eine schillernde Biographie, sondern auf jeden Fall auch ein lesenswertes Stück bayerischer Wirtschafts- und Sozialgeschichte. 

Mit einem, so wörtlich, Überblick über die zeitgenössische Mundartlyrik haben sich die Autoren des Gedichtbandes „Vastehst me“ aus der edition lichtung viel vorgenommen. Bairische Gedichte aus 40 Jahren aus Ober- und Niederbayern und der Oberpfalz. 50 Autorinnen und Autoren, traditionelle Mundartdichter genauso wie eher experimentelle Lyriker schreiben so, wie ihnen, so die Herausgeber, der Schnabel gewachsen ist.  Wunderbare Dialektklänge, boshaft oft, ja hinterfotzig manchmal, aber meistens authentisch. Und oft politisch. Gedichte aus dem Widerstand gegen die geplante WAA in Wackersdorf zum Beispiel oder gegen den Donauausbau. Manchmal auch wahrhaft Hintersinniges.

Zum Glück haben die Autoren auf eine chronologische Anordnung verzichtet und stattdessen einen thematischen Aufbau gewählt.  Das macht diesen Gedichtband lebendig. Ein ideales Geschenk für Liebhaber moderner Dialektlyrik.

Mit einem wahren volkskundlichen Schatz beschäftigt sich der Regensburger pensionierte Lehrer Paul Fenzl. Der Autor, bisher vor allem bekannt durch seine Regensburg Krimis, hat mal schnell das Genre gewechselt – und sich, nicht so weit weg von Kriminalgeschichten, mit Hexen, Heiligen und Halunken beschäftigt.

Über 200 Sagen aus ganz Bayern hat Fenzl zusammen getragen. Er konnte dabei auf den großen Sagensammler Alexander Schöppner zurückgreifen. Der hat Mitte des 19. Jahrhunderts mehr als 1000 oft nur mündlich überlieferte Sagen  zusammen getragen. Um wirklich ganz Bayern abzudecken, hat Fenzl seine Geschichten nach Regierungsbezirken geordnet. So können sich Leser selektiv das aussuchen, was sie interessiert. Ideal zum Schmökern vor dem Einschlafen.

Kann ein Buch über bayerische Seide interessant sein? Durchaus wenn man sich für ein vergessenes Stück bayerischer Kulturgeschichte interessiert. Immer wieder hat es Versuche gegeben, Seide nicht nur zu importieren, sondern hier bei uns herzustellen. Führend waren bayerischen Herzöge und Kurfürsten. Aus einem Erlass von Maximilian I. aus dem Jahr 1625:

"Demnach wir gnädigst entschlossen, in Unseren Fürstentum und Lande zu derselben wie auch der Unterhanen Profit, Nutzen und Aufnehmenmehrere Commercia und Gewerkschaften, darunter auch von Seidenwerk und dergleichen zu introducieren und einzuführen."

Maximilian I.

Häussler: Bayerische Seide

Die Versuche gehen bis in die Zeit des Nationalsozialismus, als sogar eine „Reichsfachgruppe Seidenbauer e.V.“ gegründet wurde. Eine erfolgreiche Zucht war aber nach 1933 genauso Wunschdenken wie in den Jahrhunderten davor. Und genau dadurch fasziniert das Buch „Bayerische Seide – ein schöner Traum“ von Theodor Häussler. Wie trotz aller Aussichtslosigkeit seit Albertus Magnus der „schöne Traum“ von der bayerischen Seide weiter gesponnen wurde. Relikte dieses Traum finden sich übrigens noch heute in Bayern, zum Beispiel in Regensburg.


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