Bayern 2 - Gesundheitsgespräch


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Belastungsfaktoren im Job Der Druck in der Arbeitswelt ist groß

Beim Thema Arbeitszeit ist das Problem häufig nicht das, was an Arbeitsstunden tariflich festgelegt ist (sofern es einen Tarifvertrag gibt), sondern das, was – mehr oder weniger freiwillig – zusätzlich geleistet wird. Gerade in Start-Up-Unternehmen oder Firmen mit hohem Karrieredruck oder auch als Selbstständige arbeiten viele weit über eine 40-Stunden-Woche hinaus.

Von: Holger Kiesel

Stand: 26.09.2016

Seil kurz vor dem Reißen | Bild: colourbox.com

Aber natürlich kommt der Druck nicht nur von außen. Auch der eigene Ehrgeiz oder Perfektionismus kann zum Problem werden. Vor allem dann, wenn man am Ende für seine Leistung nicht das bekommt, was man sich erwartet.

Sich abgrenzen ist nicht leicht

Viele Arbeitnehmer tun sich schwer damit, eine Arbeit auch einmal nicht zu übernehmen, obwohl sie doch eigentlich an ihrer Belastungsgrenze sind. Einfach mal 'nein' zu sagen (am besten mit einer nachvollziehbaren Begründung und einem Alternativvorschlag), pünktlich nach Hause zu gehen oder nicht immer erreichbar zu sein, kostet viel Überwindung. Häufig steckt dahinter die Angst vor negativen Konsequenzen. Dabei kann der Mut zum richtigen Nein sagen öfter als man denkt den Respekt und die Wertschätzung bei Chef und Kollegen erhöhen. Und auch von Seiten des Arbeitgebers ist es nicht klug, Mitarbeiter abzustrafen, die sich solche Freiräume verschaffen. Mitdenken und mitgestalten ist bei vielen Aufgaben wertvoller, als den Auftrag 'blind' auszuführen. Wichtig ist in jedem Fall: Alle sollten versuchen, kompromissbereit und flexibel zu bleiben.

"Leistung ist Arbeit pro Zeit. Lange im Büro zu bleiben heißt also nicht zwingend, besonders produktiv zu sein. Und Abgrenzung bedeutet auch nicht automatisch Egoismus, solange wir Kollegen nicht hängenlassen. Auf jemanden, der klare Prioritäten setzt und auch mal 'nein' sagt, kann man sich als Chef langfristig oft besser verlassen, als auf jemanden, der sich immer alles aufladen lässt und dann irgendwann zusammenbricht!"

Prof. Reinhart Schüppel, Chefarzt der Johannesbad Fachklinik für Psychosomatik und Sucht in Furth im Wald

Wo ist die Grenze der Belastbarkeit?

Die Grenze zur Überbelastung rechtzeitig zu erkennen, ist nicht so einfach. Deshalb sollte man auf sich achten und sich regelmäßig die Frage stellen, ob das Arbeitsleben, so wie es sich die letzten Monate entwickelt hat, noch dem entspricht, was man sich selbst vorstellt. Und: Passt das Leben insgesamt zu dem, was man langfristig 'stemmen' kann? Wenn man sich überfordert fühlt oder sich Erwartungen - etwa bezüglich einer Gegenleistung des Arbeitgebers - nicht erfüllen (weil etwa die in Aussicht gestellte Beförderung ausbleibt), sollte man das offen ansprechen, z.B. in einem Jahresgespräch.

Miteinander reden hilft

Damit die Grenzen und Bedürfnisse einzelner Mitarbeiter erkannt werden können, müssen sie erstmal artikuliert werden. Eine Erklärung, warum man sich im Moment überlastet fühlt oder einen Auftrag gerade nicht annehmen kann, gibt dem Gegenüber die Chance, es zu verstehen. Umgekehrt darf ein Chef auch mal nachfragen und sollte seinerseits erklären, warum Mehrarbeit gerade jetzt nötig ist und dann auch entsprechenden Ausgleich anbieten. Auch größere Veränderungen oder Umstrukturierungen in der Firma sollten möglichst transparent und offen kommuniziert werden, damit keine unnötigen Existenzängste geschürt werden.

Wichtig:

Außergewöhnliche Arbeitsbelastung darf nicht zum Dauerzustand werden!

Wertschätzung in der Arbeit

Wertschätzung für die eigene Arbeit ist wichtig für die Psyche. Aber: Wie vermittelt man die als Chef? Den Faktor Geld kann der Vorgesetzte nicht immer beeinflussen. Aber er kann für eine bestmögliche Ausstattung des Arbeitsplatzes sorgen und er muss vor allem sehen und wahrnehmen, was seine Mitarbeiter leisten. Dabei sind die Bedürfnisse der einzelnen oft sehr unterschiedlich. Der eine braucht Lob besonders dringend, der andere empfindet eher konstruktive Kritik als motivierend. Auf jeden Fall wichtig: Feedback sollte immer ehrlich sein, man sollte keine leeren Versprechungen machen und möglichst niemanden immer wieder 'für den Papierkorb' arbeiten lassen!


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